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100 Jahre Montessori: Eine zeitlose Lehrmethode

Vor über einhundert Jahren hat in Italien eine Ärztin eine Lehrmethode entwickelt, die heute immer noch aktuell ist. Die Rede ist von Maria Montessori, die am 1. Januar 1907 in Rom den ersten Montessori-Kindergarten eröffnet hat. Doch was ist das Besondere an der Montessori-Lehrmethode? Was machen die Erzieherinnen anders als in normalen Kindergärten und wie ist die Resonanz heute?

Von Alexandra Barone | 05.01.2007
    Es ist Frühstückszeit im Montessori-Kindergarten in der Via Nomentana in Rom. Die Kinder sitzen diszipliniert am Tisch und unterhalten sich leise. Kein Ausnahmefall, erklärt Leiterin Nicoletta Cola.

    "Sie haben eine innere Disziplin. Wenn ich also aus dem Raum gehen würde, würden sie ruhig weiterspielen. Weil sie etwas machen, was sie machen wollen und nicht, weil ich es sage. Das ist das große Geheimnis von Montessori. In anderen Kindergärten bestimmt die Erzieherin was die Gruppe machen soll. Wenn sie also hinaus geht, herrscht Chaos. Die Kinder bekommen sozusagen eine Disziplin von außen aufgedrückt. Bei Montessori haben die Kinder es nicht nötig zu streiten und zu schreien. Diese Ausgeglichenheit macht sich bemerkbar bei der Lautstärke, bei den kontrollierten Bewegungen, bei der Organisation und der Autonomie der Kinder."

    Zu der allgemeinen Ausbildung müssen die Montessori-Erzieherinnen einen besonderen Lehrgang bei der nationalen Montessori-Vereinigung in Rom absolvieren. Während 500 Stunden sollen die Erzieherinnen vor allem folgende Grundprinzipien Maria Montessoris verinnerlichen, erklärt Elena Dompé von der Montessori-Vereinigung.

    "Wichtig ist ein Umfeld, in dem das Kind das Material findet, was es braucht. Der zweite Punkt ist, dass es frei über seine Materialwahl entscheiden kann. Der dritte Punkt ist die Vermischung aller Altersklassen. Montessori sagt, dass ein Dreijähriger besser von einem Sechsjährigen lernen kann als von einem Erwachsenen. Wichtig ist auch die Ordnung in der Einrichtung. Das hilft dem Kind, Ordnung in sich selbst zu schaffen."

    Zu einem Montessori-Kindergarten gehören auch besondere Lehrmaterialien. So soll bei dem so genannten "Sinnesmaterial" die Vorstellung der Kinder für geometrischen Formen geschult werden. Die Sandpapier-Buchstaben wiederum werden anhand des Ertastens, Anschauens und in Kombination des Klanges beim Aussprechen erlernt. Dieses Material bereitet das Kind auf die Erstellung von Wörtern und durch die Eigenschaften der strukturierten Buchstaben auf das Schreiben vor, erklärt Nicoletta Cola

    "Von jedem Material gibt es nur ein Exemplar. So lernen die Kinder, zu warten und bei kreativ zu sein. Denn wenn alle Kinder gleichzeitig dasselbe spielen, imitieren sie oft nur den anderen. Hinzu kommt noch folgendes: Wenn die Erzieherin das Spiel bestimmt, dass oft viele Kinder dazu gerade keine Lust haben. Wenn aber das Kind selbst bestimmt, spielt ist mit mehr Konzentration."

    Die Methoden von Maria Montessori sind mehr als 100 Jahre alt, denn am 6. Januar 1907 eröffnete sie in Rom den ersten Kindergarten. Damals sollte sie sich auf Wunsch der italienischen Regierung um die verwahrlosten Kinder im Armenviertel San Lorenzo kümmern. Heute gibt es insgesamt 25 Einrichtungen und die Wartezeiten sind sehr lange. Kein Wunder, erklärt Nicoletta Cola, denn noch heute sind die Lehrmethoden aktuell:

    "Momentan spielen sie, dafür brauchen sie mich nicht. Sie hängen also nicht an meinem Rockzipfel. Es ist sehr wichtig, dass sie selbst Entscheidungen treffen, auch wenn sie nur dreieinhalb Jahre alt sind. Montessori legt viel wert auf Selbstständigkeit. Die Kinder sollen ihr eigener Lehrer sein."


    PISAplus widmet der Montessori-Pädagogik am morgigen Samstag, den 5. Januar 2007, eine ganze Sendung:
    "Hilf mir, es selbst zu tun"
    Montessori-Pädagogik 100 Jahre nach der Gründung des ersten Kindergartens