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1000 Jahre jünger?
Zweifel an der Himmelsscheibe von Nebra

Auf der grün angelaufenen Bronzeplatte glitzern golden ein großer Kreis, eine Sichel und 32 Punkte. Die Himmelsscheibe von Nebra, benannt nach ihrem Fundort, ist eines der bekanntesten archäologischen Stücke Deutschlands.

Von Dirk Lorenzen | 25.11.2020
Himmelsscheibe von Nebra, hier eine Nachbildung
Himmelsscheibe von Nebra, hier eine Nachbildung (Sebastian Willnow/zb/dpa)
Sie ist 1999 von Raubgräbern in Sachsen-Anhalt entdeckt worden. Erst drei Jahre später kam sie in die Hand von Fachleuten - da waren alle direkten Spuren, die ihr Alter verraten könnten, unrettbar verloren.
So ließ sich nur indirekt ermitteln, dass die Scheibe wohl etwa 3700 Jahre alt ist. Damit wäre sie die weltweit älteste bekannte Darstellung des Himmels. Nach einer Theorie ist sie eine Merkhilfe, um mit Schaltmonaten den Mondkalender im Takt mit dem Sonnenlauf zu halten.
20.09.2018, Berlin: Eine Besucherin betrachtet in der Ausstellung "Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland" die Himmelsscheibe von Nebra, die geschützt in einer Glasvitrine steht. Im Hintergrund Goldhüte aus der Bronzezeit. Gezeigt werden die spektakulärsten Funde der vergangenen 20 Jahre aus ganz Deutschland. Mehr als 1000 Ausstellungsstücke aus allen Bundesländern von der Himmelsscheibe von Nebra bis zur antiken Hafenmauer des römischen Köln werden präsentiert. Foto: Wolfgang Kumm/dpa | Verwendung weltweit
Wie die Himmelsscheibe von Nebra gefunden wurde
Ein sensationeller Fund, eine Übergabe wie im Krimi: Hobbygräber fanden die Himmelsscheibe von Nebra und verkauften sie an Hehler. Als diese das wertvolle Stück verschiedenen Museen anboten, schlug die Polizei zu – bei einer arrangierten Übergabe im Hotel.

Doch jetzt zweifeln zwei Forscher den genauen Fundort und das Alter an. Nach Analyse aller Veröffentlichungen und Gerichtsakten kommen sie zu dem Schluss, dass die Himmelsscheibe "nur" rund 2500 Jahre alt ist.
Die Kritiker bemängeln, dass längst nicht alle Daten für die Allgemeinheit zugänglich seien. Tatsächlich ist bis heute keine komplette Röntgenaufnahme der Himmelsscheibe veröffentlicht, nur ein kleines Teilstück.
In der Astronomie ist ein Verschluss von Daten extrem unüblich. So sind die Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops oder der Europäischen Südsternwarte meist nach einem Jahr für alle zugänglich.
Vielleicht tauschen jetzt auch die Archäologen ihre Daten aus - um zu klären, ob die Himmelsscheibe von Nebra tausend Jahre jünger ist als bisher gedacht.