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15 Jahre nach Anschlag auf Djerba
Deutsche Touristen kommen wieder

11. April 2002: Bei einem Anschlag auf die Synagoge der tunesischen Insel Djerba werden 21 Menschen getötet, unter ihnen 14 deutsche Touristen. Der Anschlag hat dem tunesischen Tourismus nachhaltig geschadet. Auch Djerba hat sich verändert. Deutsche Reiseveranstalter sind inzwischen jedoch wieder zuversichtlich - und sehen in der Krise eine Chance.

Von Alexander Göbel | 11.04.2017
    Touristen liegen am Strand auf der tunesischen Insel Djerba (14.6.2016).
    Touristen auf der tunesischen Insel Djerba. (dpa / picture alliance / Natalia Seliverstova)
    Vor fünfzehn Jahren erlebte Djerba seinen schlimmsten Albtraum: Ein mit Flüssiggas beladener Kleinlaster raste in die La Ghriba-Synagoge – ein Al-Kaida-Terrorist riss 21 Menschen mit in den Tod, darunter 14 Deutsche. Martina Knis will am liebsten gar nicht mehr darüber reden, und auch nicht über die vielen anderen Krisen, die Tunesien seitdem überstehen musste. Die Deutsche, die seit Jahren auf Djerba lebt und Urlaub an den paradiesischen Stränden der Insel verkauft, will lieber wieder Optimismus versprühen: "Die Sonne scheint, wir haben Superwetter, wir erwarten gerade eine sehr, sehr große Anreise – gerade zu Ostern. Es sind ja jetzt Osterferien auch in Deutschland. Also die Situation ist gut, die Gäste sind superhappy und allgemein haben wir in Djerba wirklich ein sehr, sehr gutes Feedback."
    Martina Knis arbeitet als Managerin im neuen Robinson-Club auf Djerba. Nach zehn Jahren ist Robinson zurück - das hochwertigste Produkt des Reiseveranstalters TUI, der noch zwei andere Resorts auf der Insel unterhält. Diese Investitionen und Ausbau des Flugprogramms sind für Martina Knis Zeichen des großen Vertrauens in den Standort - und in die tunesischen Partner. Die hätten schließlich auch viel getan, um die Sicherheit zu verbessern - in den Hotels, aber auch an den Stränden. Knis: "Also die Sicherheitsmaßnahmen sind schon verstärkt worden, aber auf eine angenehme Art und Weise, es gibt mehr Polizisten, die patrouillieren, ob beritten oder auf einem Quad."
    Tourismus wichtig für Tunesiens Wirtschaft
    Tunesiens Behörden mussten auf die Terrorangriffe auf Touristen reagieren: Im März 2015 waren beim Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis 21 Menschen getötet worden, nur wenige Monate später erschoss ein Attentäter an einem Hotelstrand nahe der Stadt Sousse 38 Urlauber. In der Folge brachen die Buchungen um 70 Prozent ein. Der Tourismus - mit gut acht Prozent ein wichtiger Teil des Bruttoinlandsprodukts - schien im freien Fall. Eine Katastrophe für Tunesien, und besonders für Djerba, sagt TUI-Managerin Martina Knis im Rückblick: "Man muss sich einfach vorstellen, dass auf Djerba fast jeder Zweite irgendwie im Tourismus involviert ist, ob das der kleine Mann ist, der vor den Hotels Wasser verkauft, oder der Taxifahrer oder der Museumswärter, oder die Kosmetikerin in Midoun, die nicht arbeiten kann, weil der Mann das Geld nicht nach Hause bringt und die Frau hat das Geld nicht."
    Der Verlust in der Staatskasse wurde auf mehr als eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Farhat Ben Tanfous, Vorsitzender des Hotelfachverbandes von Djerba forderte damals: "Wir brauchen mehr Mut. Wir müssen alle auf unsere Geschäfte aufpassen, auf unsere Touristenzonen aufpassen, auf uns aufpassen. Jetzt müssen wir endlich die Ärmel hochkrempeln und arbeiten.
    60 Prozent mehr Reservierungen
    Tatsächlich scheint sich 2017 das Blatt zu wenden: Die tunesischen Reiseveranstalter verzeichnen 60 Prozent mehr Reservierungen als im Vorjahr, mehr als sechseinhalb Millionen Touristen werden dieses Jahr erwartet. Für Martina Knis liegt das nicht nur an den Bemühungen um mehr Sicherheit, sondern auch am Produkt. Viele Hoteliers hätten ihre Anlagen renoviert, Anbieter hätten verstanden, dass das Land viel mehr zu bieten habe als nur Badetourismus: die Oasen, die archäologischen Ausgrabungen, die Star-Wars-Drehorte in den Dünen von Nefta - oder "Djerbahood", die mittlerweile berühmte Graffiti-Galerie in Erriadh, dem kleinen Insel-Dorf mit jüdischer Geschichte.
    Knis: "In dem Moment, wo man sieht, dass die Leute wieder hinfahren und ich habe wieder mehr Bewegung, egal ob das jetzt Franzosen sind oder Russen oder Belgier oder Deutsche, da ist auch die Sicherheit da, dass man es wieder machen kann. Und das ist definitiv so, denn wir hatten ja keine Vorkommnisse in letzter Zeit." Djerba will Zugpferd eines neuen, zarten Tourismus-Booms in Tunesien sein, und Martina Knis wäre gern Teil dieser Geschichte. Jetzt müssten nur noch mehr Flüge kommen, sagt sie - und vor allem: Tunesiens Behörden müssten weiter ihre Hausaufgaben machen.