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150. Geburtstag
"Maestro assoluto" Arturo Toscanini

Für viele war und bleibt Arturo Toscanini der größte Dirigent aller Zeiten. Ein cholerischer Pult-Tyrann, den seine Orchester gleichermaßen fürchteten und liebten. Und dessen Interpretationen Maßstäbe setzten, die bis heute gelten.

Von Michael Stegemann | 25.03.2017
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    Der Dirigent Arturo Toscanini zum Auftakt einer Tour mit dem NBC Symphonie-Orchester. (UPI / picture-alliance / dpa)
    New York, November 1944. Arturo Toscanini und das NBC Symphony Orchestra. Ludwig van Beethovens Coriolan-Ouvertüre: Spitz, präzise und scharf wie die Klinge eines Floretts. Für diese Schärfe und Präzision war und ist Arturo Toscanini bis heute wenigstens ebenso berühmt wie für seine legendären Wutanfälle bei Proben.
    "Warum nur immer diese Wutanfälle, Maestro?"
    "Weil mir die Musiker meine Träume zerstören!"
    Arturo Toscanini wurde am 25. März 1867 in Parma geboren, studierte Violoncello und schloss sich einer reisenden Operntruppe an, mit der er 1886 in Rio de Janeiro als Einspringer in Giuseppe Verdis Aida sein Debüt als Dirigent gab: Es war der Beginn einer einzigartigen Karriere. 1892 dirigierte er in Mailand die Uraufführung von Ruggiero Leoncavallos Pagliacci (»Der Bajazzo«), vier Jahre später vertraute ihm Giacomo Puccini in Turin die Uraufführung seiner Bohème an, die Toscanini 50 Jahre später für die Schallplatte aufgenommen hat.
    1869 dirigierte Toscanini sein erstes Sinfoniekonzert
    Ebenfalls 1896 in Turin dirigierte Toscanini sein erstes abendfüllendes Sinfoniekonzert. Sein Repertoire umfasste bald rund 60 Opern und 150 Orchesterwerke. 1898 – ein Jahr nach seiner Heirat – wurde er Musikdirektor der Mailänder Scala, zehn Jahre später übernahm er bis 1915 die Leitung der New Yorker Metropolitan Opera. 1920 nahm er mit dem Orchester der Mailänder Scala seine ersten Schallplatten auf.
    "Nein, nein, nein, so nicht, das taugt nichts! Unsere ganze Arbeit ist zum Teufel und nutzlos: Veränderte Tempi, falsche Lautstärken, keine Dynamik, keine Klangschattierungen – nichts als ein Haufen Müll!"
    Toscanini schwor, nie wieder in ein Aufnahmestudio zu gehen. Ein Entschluss, den er später zum Glück revidiert hat: am Ende umfasst seine Diskographie Hunderte von Einspielungen, von denen viele bis heute als Referenz gelten. Die meisten entstanden mit dem 1937 eigens für den damals schon 70-jährigen Maestro in New York gegründeten NBC Symphony Orchestra, das er 17 Jahre lang leitete. Als entschiedener Gegner des Faschismus hatte Toscanini schon in den 1920er Jahren das Italien Mussolinis verlassen und war nach dem Aufstieg der Nationalsozialisten ganz in die USA übersiedelt.
    Ein besessener Perfektionist, der seinen Musikern das Äußerste abverlangte
    Toscaninis höchste Instanz waren immer der Komponist und sein Werk – ganz anders als bei den meisten seiner Kollegen. Er dirigierte stets auswendig und mit eher sparsamen Gesten seines langen Taktstocks – ein geradezu besessener Perfektionist, der seinen Musikern das Äußerste abverlangte, wie ein Geiger sich erinnerte:
    "Er verwandelte das Orchester in einen Organismus, der völlig von ihm abhängig war; jeder Musiker schien nur mehr eine Verlängerung seines eigenen Denkens, Agierens und Fühlens zu sein."
    Arturo Toscanini starb – 89 Jahre alt – am 16. Januar 1957 in seinem Haus in Riverdale bei New York.