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2.7.1904 - Vor 100 Jahren

Bekannter als der Tennisspieler Rene Lacoste ist heute sicherlich nur sein eigenes Logo: Das Krokodil. Die Legende erzählt, Lacoste habe 1923 in einem Davis Cup-Spiel Frankreich-USA in Boston gegen seinen Teamkapitän eine Wette verloren. Der Einsatz: ein großer wertvoller Koffer aus Alligatorenhaut. Amerikanische Journalisten verglichen fortan den Stil, mit dem Lacoste jedes Match durchstand, mit dem eines kämfenden Alligatoren. Zurück in Europa wurde in der französischen Presse aus dem Alligator "Le Crocodile".

Von Hartmut Goege | 02.07.2004
    Das gefiel offensichtlich Rene Lacoste so gut, daß er schon während seiner aktiven Laufbahn das Reptil zu seinem Maskottchen erkor. 1927 malte ihm sein Freund Robert Georges das Emblem des kleinen Krokodils mit dem offenen Maul, das sich Lacoste dann auf den eigenen Tennis-Blazer sticken ließ. Ein steter Begleiter auf dem Weg zu seinen größten sportlichen Erfolgen. Denn "unsterblich" wurde Lacoste in Frankreich durch seine Erfolge im Davis-Cup, neben seinen Landsleuten Borotra, Cochet und Brugnon. Als die "vier Musketiere" schrieben sie Tennisgeschichte. 1927 gewann das Quartett dieses damals bekannteste Pokaltunier der Welt. Und das erstmals gegen die siegesgewohnten Amerikaner, sie entschieden es dann auch fünf weitere Jahre für sich.

    In dieser Zeit gewann Lacoste zweimal das Wimbledontunier, dreimal die "Paris Open", sicherte sich zweimal die "Offene USA- Meisterschaft" und stand zwei Jahre lang auf der Nummer eins der Weltrangliste. Er betrieb den "weißen Sport" mit ungewöhnlicher Perfektion, beobachtete und notierte sich sorgfältig Stärken und Schwächen seiner Gegner, studierte Tennisbücher, schrieb 1928 selber eins und entwickelte für effizienteres Training sogar eine Ballmaschine. Noch mit Mitte 70 galt er als ausgewiesener Kenner und Beobachter, der Tennis als ein Spiel der tausend Möglichkeiten beschrieb, in dem es auch zukünftig immer wieder andere überraschende Schlagtechniken, entsprechende Gegenschläge und neue Spielertypen geben werde:

    Tennis ist ein Spiel, das man auf tausende verschiedene Arten spielen kann. Zur Zeit beobachte ich ein Phänomen, den Lob. Gegen diesen Schlag wird es auch wieder Lösungen geben, vielleicht viel stärker geschlagen oder geschnitten. Tennis entwickelt sich eben immer weiter, genauso wie verschiedene neue Spieler und neue Spielertypen aufkommen werden.

    Als Lacoste 1929 auf dem Höhepunkt seiner Karriere wegen chronischer Atembeschwerden seine aktive Laufbahn beenden musste, war seine Popularität so groß, dass er dem "Musketiere-Team als "Non-Playing Captain" im Davis-Cup noch drei Jahre erhalten blieb. Statt mitzuspielen, nutzte der Sohn eines Pariser Industriellen die Zeit, um komfortablere Tenniskleidung zu entwickeln. Er steckte seine Preisgelder in eine Geschäftsidee, tat sich mit einem Textilfabrikanten zusammen und kreierte ein neues leichteres Shirt mit größerer Bewegungsfreiheit. Geboren war das weiße Kurzarm-Polohemd, das "Jersey Petit Pique". Schnell setzte es sich trotz konservativer Kleiderordnung auf dem Center Court gegen die alten langärmeligen Hemden mit gestärktem Kragen durch. Als erstes Kleidungsstück überhaupt besaß es ein Logo - eben das Krokodil.

    Der Durchbruch kam, als sich in den 50er Jahren ausgerechnet US- Präsident Dwight Eisenhower auf dem Titelblatt des Life-Magazins mit dem kleinen Reptil auf der linken Brust ablichten ließ. Das Shirt avancierte rund um den Globus zum noblen Prestige-Objekt. Bis in die 80er Jahre. Das Erkennungszeichen, das dezente nur 3 cm lange grüne Krokodil, erhob den Träger quasi in den Adelsstand. Wer das teure Shirt trug, durfte sich als Mitglied einer auserwählten Gemeinschaft fühlen, die auf dem Höhepunkt des Booms sogar den Spott einiger Kabarettisten ertragen mussten. Thomas C. Breuer beispielsweise nahm sich 1984 der Freizeithemden als letzte Krokodil-Reservate an.

    Ich kann das ja nicht so genau sehen, aber so sehr viele Leute mit Krokodil auf dem Hemd sehe ich nicht. Wusste gar nicht, dass die Arbeitslosenrate in Mainz so hoch ist. Ihr wisst ja, wer Lacoste-Hemden fälscht oder nachmacht, oder gefälschte oder nachgemachte in Umlauf bringt, wird mit Höhensonne nicht unter 40 Minuten bestraft.

    Wer sich das Hemd nicht leisten konnte, kaufte sich Lacoste-Socken, schnitt das Krokodil heraus und verzierte damit sein No-Name-Shirt. Ganz findige entwickelten Klettverschlüsse für die Krokodil-Logos. Das mobile Statussymbol für alle Hemden. Als auch noch Imitate aus Fernost die Märkte überschwemmten, war es vorbei mit der elitären Herrlichkeit. Der Boom brachte das modische Aus. Was blieb, war der Inbegriff von Spießigkeit. Rene Lacoste konnte es egal sein. Er starb am 12. Oktober 1996 als einer der erfolgreichsten Unternehmer Frankreichs.