Beim Attentat auf Hitler am 20. Juli habe es sich sicherlich um eine mutige Tat gehandelt, sagte der Politikwissenschaftler Joachim Perels im Deutschlandfunk. Die Frage sei aber vielmehr gewesen, "ob es rechtlich in Ordnung war, ob man das durfte, den Diktator mit Gewalt aus dem Leben in den Tod zu befördern". Das sei im Anfang der Geschichte der Bundesrepublik "außerordentlich umstritten" gewesen. So habe noch 1956 der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Attentäter und ihre Mitverschwörer zu Recht umgebracht worden seien. Man dürfe auch dem nationalsozialistischen Staat nicht das Recht auf Selbstbehauptung absprechen, sei zur Begründung erklärt worden.
Ein Grund für die Haltung sei auch die personelle Kontinuität in der Beamtenschaft vom Regime des Nationalsozialismus bis in die Bundesrepublik hinein gewesen, sagte Perels. Nach der anfänglichen Entnazifizierung seien drei Viertel der Richter und Staatsanwälte Anfang der 50er-Jahre wieder im Amt gewesen. Ein Grund dafür, die Beamten wieder zurückzuholen, sei der Kalte Krieg gewesen.
Die Haltung der Gerichte habe sich nur ganz allmählich geändert, erklärte Perels. Erst 1995 habe der Bundesgerichtshof eine Wendung in Gang gebracht, seine frühere Haltung korrigiert und von Bluturteilen gegen die Attentäter gesprochen. Dass die Frage von Legitimität und Legalität des Widerstands bis heute rechtlich nicht ganz aufgearbeitet sei, zeige ein Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus, das einem Widerstandskämpfer, dessen Güter beschlagnahmt worden waren, eine Entschädigung verweigert habe, und zwar mit Kategorien, als ob der NS-Staat ein Rechtsstaat gewesen sei.
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