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24-Stunden-Kita in Schwerin
"Es gibt immer noch viele Vorbehalte"

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hat in Schwerin eine zweite Kita, die 24 Stunden Betreuung anbietet, eröffnet. Dass Eltern ihre Erziehungsverantwortung hier an der Tür abgeben, hält sie für Quatsch. Allerdings könnte es in den alten Bundesländern schwerer fallen, mit dem Konzept zu überzeugen.

Von Peter Marx | 02.12.2014
    Manuela Schwesig in der 24-Stunden-Kita "nidulus duo" in Schwerin
    Manuela Schwesig in der 24-Stunden-Kita "nidulus duo" in Schwerin (dpa/picture alliance/Bodo Marks)
    Die Kinder aus der Neuen Kita Nidulus duo, also Nestchen zwei, singen und tanzen die Gäste in Grund und Boden. Kein noch so prominenter Politiker bekommt an diesem Nachmittag mehr Applaus als die Mädchen und Jungens, die stolz ihre bunten Igel-Stirnbänder tragen. Die Freude über die neue Kindertagesstätte wird sicher noch größer, sobald es wieder wärmer wird. Denn im Garten stehen schon die neuen Spielgeräte. In ihrer kurzen Eröffnungsrede trieb Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig dagegen bei den CDU-Vertretern kurzfristig die Temperaturen in die Höhe als sie andeutete, dass nicht jede persönliche Verletzung an ihr abperlt:
    "Dass Kinder, die früh in die Kita gehen, dass das schlecht für sie wäre und dass damit Eltern, in Klammern Rabeneltern seien. Das finde ich ist eine Diskussion von gestern. Ich habe dann kurz gedacht, das ist die Woche der alten Männer und der Diskussionen über die alten Zeiten."
    Mit der Eröffnung der zweiten Kindertagesstätte in Schwerin, die rund um die Uhr und das an 365 Tagen im Jahr auf hat, ist der Bedarf in Schwerin fast abgedeckt, erläutert Anke Preuss, Geschäftsführerin der Kita gGmbh:
    "69 Plätze sind hier geplant, und wie gesagt, 64 an unserem anderen Standort. Sind dort schon voll. Und ich denke, bis zum Ende des kommenden Jahres werden wir hier auch voll sein."
    "Kitas für Randzeiten werden dringend benötigt"
    Über so eine Bilanz würde sich Manuela Schwesig vermutlich noch mehr freuen, wenn sie von einer Kommune aus den alten Bundesländern kommen würde. Dort sind die 24-Stunden-Kitas nach wie vor umstritten, obwohl die Familienministerin einen hohen Bedarf sieht:
    "Wir haben ja insgesamt in Deutschland in der Vergangenheit eine sehr schleppende Diskussion gehabt zum Thema Kita. Es gibt immer noch viele Vorbehalte. Es gibt immer noch Vorurteile, dass Eltern ihre Erziehungsverantwortung an der Tür abgeben. Das ist natürlich totaler Quatsch. Allerdings ist eins ganz klar, Kitas, die für Randzeiten, für Schichtzeiten Angebote machen, werden in Deutschland dringend benötigt."
    Aus der Sicht von Birgit Hesse, Familienministerin von Mecklenburg-Vorpommern, sind die 24-Stunden-Kitas eine Erfolgsgeschichte. Selbst die hohen Kosten von 1101,54 Euro pro Krippenplatz hält sie für vertretbar:
    "Was also kommt, ist ein Betrag vom Land pro Kind, ein Betrag auch vom örtlichen Träger der Jugendhilfe, der Stadt. Und dann wird der Rest auch noch geteilt auf die Eltern und es gibt auch Unternehmen, die sich beteiligen, sodass man insgesamt hier quasi eine Vierer-Finanzierung hier hat. Und sicherlich ist es auch ein Stück weit teurer als eine normale Kita. Dafür hat man aber auch ein ganz anderes Angebot."
    Zahlen müssen die Eltern 441,25 Euro, wenn sie ihr Kind in der neuen Kita-Krippe abgeben. Den Rest übernehmen Stadt, Land und Bund. Trotzdem: viel Geld für junge Familien. Geschäftsführerin Anke Preuss verteidigt die Tarife unter anderem mit den höheren Personalkosten einer 24-Stunden-Kita. Der reine Elternteil, so die Geschäftsführerin, liegt ungefähr 150 Euro höher als gegenüber einer normalen Kindertagesstätte. Und nach dem Rechnen fällt Anke Preuss noch ein Argument für den Ausbau von Rund-um-die-Uhr-Kitas ein, das so auch noch niemand bemerkt hat außer ihr:
    "Man sollte das wirklich nicht unterschätzen. Aber so eine 24 Stunden-Kita fördert auch die Geburtenrate."