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25 Jahre Unabhängigkeit
Weißrussland zwischen Moskau und der EU

Vor 25 Jahren erkannte die Europäische Union Weißrussland als unabhängigen Staat an. Seit 1994 wird das Land von Präsident Alexander Lukaschenko regiert. Außenpolitisch orientiert der Dauerherrscher sich weiterhin vor allem Richtung Moskau, doch gleichzeitig sucht er die Annäherung an die EU - zuletzt wieder mit etwas Erfolg.

Von Markus Sambale | 25.08.2016
    Schwierige Vermittlung: Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko (Mitte) mit Waldimir Putin (l.) und Petro Poroschenko
    Der Westen begrüßte die Vermittlungsbemühungen von Weißrusslands Präsidenten Alexander Lukaschenkos im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. (afp / Kirill Kudryavtsev)
    "Wir Weißrussen sind ein friedliches Volk, mit dem Herzen treu unserem Vaterland." So geht die Hymne des Landes, das seit 1991 unabhängig ist. Seit 1994 regiert dort durchgehend ein Mann: Alexander Lukaschenko. Der Dauerherrscher präsentiert sich als Garant für Stabilität, Ruhe und Ordnung:
    "Ich kann allen absolut versichern, dass Anarchie, Gesetzlosigkeit und Gewalt auf weißrussischem Boden keine Wurzeln schlagen werden. Selbst wenn diese unter dem Vorwand der Demokratie auftauchen."
    "Letzter Diktator Europas"
    Von Weißrussen wird der 61-Jährige mit dem markanten Schnauzbart des Öfteren "Batka" genannt, "Väterchen". Was freundlicher klingt als die Bezeichnung "letzter Diktator Europas", die ihm im Westen gegeben wurde und die sogar der frühere deutsche Außenminister Westerwelle einmal benutzt hat. Lukaschenkos Reaktion damals: "Besser Diktator sein als schwul".
    Der Präsident hat in den mehr als zwei Jahrzehnten an einer Art Planwirtschaft festgehalten. Er steuert alle Schaltstellen in Wirtschaft und Politik. Immer wieder werden Bürgerrechtler, Oppositionspolitiker und kritische Journalisten unter Druck gesetzt oder sogar inhaftiert. Als letztes europäisches Land vollstreckt Weißrussland die Todesstrafe. Lukaschenko interpretiert Menschenrechte auf seine Art:
    "Anscheinend haben all die Krisen und Gefahren denselben Ursprung, nämlich einen Kult um individuelle Rechte und Freiheiten der Menschen. Das geht auf Kosten der gesellschaftlichen Interessen."
    Weißrussland ist wirtschaftlich abhängig von Moskau
    Wer sich - wie die meisten der rund zehn Millionen Weißrussen - anpasst und nicht aufbegehrt, kann ein ruhiges Leben führen. Viele begnügen sich mit ihrem bescheidenen, teils ärmlichen Auskommen und haben sich ins Private zurückgezogen. Andere resignieren oder wandern aus. Waleri Karbalewitsch, ein renommierter Politikwissenschaftler aus Minsk, erklärt:
    "In Weißrussland gibt es kein echtes politisches Leben, keine politische Konkurrenz. Die Opposition kann nur im Wahlkampf für kurze Zeit mit den Bürgern kommunizieren. Mit dem Ende des Wahlkampfes ist die Möglichkeit auch wieder vorbei."
    Außenpolitisch hat sich Lukaschenko vor allem Richtung Moskau orientiert, denn Weißrussland ist wirtschaftlich abhängig vom großen Nachbarn. Doch da der Präsident gleichzeitig eine zu starke Einmischung Russlands befürchtet, sucht er auch die Annäherung an die Europäische Union – zuletzt wieder mit etwas Erfolg.
    Lukaschenkos Sohn als künftiger Präsident Weißrusslands?
    So begrüßte der Westen Lukaschenkos Vermittlungsbemühungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Die EU hob ihre Sanktionen gegen Weißrussland weitgehend auf, nachdem man dort eine leichte Verbesserung der Menschenrechtslage sah.
    Dass Lukaschenko zu öffentlichen Auftritten oft seinen elfjährigen Sohn Kolja mitbringt, sogar zur UNO-Generalversammlung, sorgt für Spekulationen. Mancher vermutet, der Junge werde schon jetzt als künftiger Präsident Weißrusslands aufgebaut.