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250 Jahre Wilhelm von Humboldt
Studentische Proteste zu Humboldts Gedenkfeier

Mit vielen Festveranstaltungen begeht Berlin den 250. Geburtstag von Wilhelm von Humboldt. Doch einigen Studenten ist nicht zum Feiern zumute. Während eines Festes im Senatssaal der Humboldt-Universität protestierten sie für mehr Lohn für die studentischen Beschäftigten an den Berliner Hochschulen.

Von Clauia van Laak | 24.06.2017
    Der Eingang zur Humboldt-Universität in der Straße Unter den Linden, aufgenommen am 18.07.2006.
    Studenten protestierten an der Humboldt-Universität für einen "ordentlichen Lohn" für studentische Beschäftigte der Berliner Universitäten. (dpa / Jens Kalaene)
    Gefühlte 40 Grad im Senatssaal der Humboldt-Universität. Herren in feinen Anzügen und Damen im kleinen Schwarzen fächeln sich mit ihren Einladungskarten Luft zu, blicken auf die Uhr. Sie will und will nicht beginnen, die Festveranstaltung zum 250. Geburtstag Wilhelm von Humboldts. Eigentlich wollten internationale Wissenschaftler u.a. aus den USA, aus Singapur und Brasilien über die Bedeutung von Humboldt heute debattieren. Doch vor der Tür stehen etwa 50 studentische Protestierer und begehren lautstark Einlass.
    "Wir sind Humboldt, was seid Ihr? Wir sind Humboldt, was seid ihr?"
    Studierende fordern Lohnerhöhung
    Die Studierenden tragen selbstgemalte Transparente, auf denen steht: "Schluss mit lustig" oder "14 Euro jetzt". Sie fordern eine Erhöhung der Stundenlöhne für 8000 studentische Beschäftigte an den Berliner Hochschulen. Zurzeit laufen Tarifverhandlungen - das Arbeitgeberangebot von 12,13 Euro in der Stunde weisen die Studierenden empört zurück.
    "Das Angebot ist blanker Hohn, wir wollen mehr Lohn."
    Während die ersten Festgäste genervt den Senatssaal verlassen, wird vor der Tür verhandelt. Die Humboldt-Uni wird nicht die Polizei einschalten, sagt ein Unisprecher. Die Protestierer dürfen auf die Bühne. Geschichtsstudentin Laura Hassler ergreift das Mikrofon.
    "Wir dachten uns, dieser Geburtstag heute ist ein Superaufhänger. Schließlich feiert die HU heute den 250.Geburtstag Wilhelm von Humboldts und betont bei dieser Gelegenheit auch ihre humanistische Tradition. Sie erinnert sich des Humboldt'schen Bildungsideals, das ja auch die Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit als einen zentralen Punkt in sich hat."
    Ist der Lohn an der Uni zu niedrig, lockt die freie Wirtschaft
    Das Tarifangebot der Hochschulen sei eben nicht gerecht, sagt Laura Hassler. Und auch Informatik-Student Benjamin Bisping greift Humboldts Bildungsideen auf - die Einheit von Forschung und Lehre.
    "Die studentischen Beschäftigten in der Forschung, die sind gleichzeitig Lernende und Forschende, und das ist eine große Errungenschaft an den Berliner Hochschulen. Dass es diese studentischen Beschäftigten gibt, die mit ordentlichem Lohn bezahlt werden und die diesen Job ausüben können ohne zu denken, warum gehe ich nicht in die freie Wirtschaft."
    Proteste kommt nicht bei allen gut an
    Im Publikum reagieren einige genervt auf die Proteste der Studierenden. Wenn der Lohn an der Uni zu niedrig sei, sollten sie doch woanders arbeiten, meint einer. Ein anderer fordert: Raus mit Euch. Für die Unileitung ist es ein Balanceakt - spätestens dann, als ein Student auf dem für die Festveranstaltung vorbereiteten Flügel herumklimpert. Uni-Präsidentin Sabine Kunst versucht zu retten, was zu retten ist.
    "Wie Sie wissen, wird die nächste Verhandlungsrunde vorbereitet. Das ist so, das sage ich Ihnen. Und dabei natürlich die Angebote zu erhöhen."
    "Keiner von uns hat daran Spaß, hier zu sein. Okay, vielleicht ein bisschen."
    Matthias Neis von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ergreift das Wort. Er hat die Proteste maßgeblich organisiert.
    "Wie haben keine andere Chance, als heute hier zu sein. Damit wir mit unseren Argumenten endlich Gehör finden."
    Am Schluss ziehen sie "Happy Birthday, Humboldt" singend aus dem Senatssaal. Jetzt kann die offizielle Festveranstaltung beginnen. Doch in den Tritt kommt sie nicht mehr an diesem Abend, die akademische Feiergemeinde. Die Luft ist raus.