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30 Jahre "RTL Aktuell"
Seriöses Outfit fürs Knallbunte

Vor 30 Jahren wurde zum ersten Mal "RTL Aktuell" ausgestrahlt. Es war nicht die erste Nachrichtensendung auf RTL – und dennoch verpasste sich der Privatfernsehsender mit ihr einen neuen Anstrich.

Von Michael Borgers | 05.04.2018
    "RTL Aktuell"-Moderator Peter Kloeppel.
    "RTL Aktuell"-Moderator Peter Kloeppel. (picture alliance / Jörg Carstensen/dpa)
    "Prost, liebe Kollegen, auf Euch, 30 Jahre auf dem Buckel im Schirm und gefühlt keinen Tag älter."
    "Es ist 18:45 Uhr, hier sind die Nachrichten bei RTL Aktuell, Sport bei uns in der Sendung mit Ulrike von der Groeben."
    Mit einem dynamisch geschnittenen Film des hauseigenen Morgenmagazins feiert RTL seinen Dauerbrenner. Knapp dreieinhalb Minuten, in denen zurückgeblickt wird auf fast 11.000 Ausgaben. Und: Zuschauer fragen dürfen.
    "Hallo, Herr Kloeppel! Ist Ihnen mal in der Sendung was Peinliches passiert?"
    "Ich hab' mal auf dem Mikrofon gesessen, das normalerweise hier steckt. Hatte ich vergessen anzustecken, stattdessen saß ich drauf, und das zu Beginn der Sendung.
    Und das klang dann so.
    "Das war extrem peinlich, aber ich hab's überlebt."
    Feuertaufe 9/11
    Und mehr als das: Peter Kloeppel ist längst zu dem Gesicht von "RTL Aktuell" geworden. Zur Zeit der Premierensendung noch als Korrespondent in den USA, übernahm er vier Jahre später die Hauptmoderation - und füllt diese Rolle bis heute aus. Und so ist "RTL Aktuell" für den Medienwissenschaftler Bernd Gäbler eine "insgesamt doch eine sehr ordentliche Nachrichtensendung, die zusammengehalten wird von einem große Seriosität ausstrahlenden Journalisten, Peter Klöppel, der seine journalistische Feuertaufe damals bei 9/11 unbedingt bestanden hat".
    Als am 11. September 2001 Flugzeuge in die Türme des World Trade Center rasen, ist RTL der erste große TV-Sender in Deutschland, der sein Programm unterbricht.
    "Verehrte Zuschauer, guten Tag, wir unterbrechen an dieser Stelle die Sendung 'Der Schwächste fliegt' für eine wichtige Nachricht, die uns im Moment hier aus New York erreicht. Offensichtlich hat sich ein Anschlag auf das World Trade Center ereignet, in New York, in Manhattan."
    RTL bleibt mehr als sieben Stunden auf Sendung. Für seine "hervorragende Berichterstattung" wird Kloeppel später mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Man sei darauf vorbereitet gewesen, "dass irgendwann der Moment kommen würde, in dem wir unsere erworbenen Stärken beweisen können: kompetentes Nachrichtenfernsehen", heißt es später bei dem Kölner Privatsender.
    Aus direkter Konkurrenz zu anderen getreten
    Und: Nachrichtenfernsehen mit einem längst ganz eigenen Profil, wie Bernd Gäbler, damals Leiter des Grimme-Instituts, findet. "RTL Aktuell" sei längst aus der direkten Konkurrenz zu anderen Nachrichtensendungen wie "Tagesschau" oder "Heute" getreten:
    "Sie ist eine Art eigenes Magazin geworden, mit, wenn man genau hinschaut, oft sehr disparater Themenmischung: Sie berichten sehr wenig über Parteitaktik, viel weniger als Öffentlich-Rechtliche, versuchen die Auswirkungen politischer Beschlüsse auf den Alltag der Menschen darzustellen, sogenannte 'News tu use' zu machen, also sehen stärker im Bürger den Konsumenten von Politik, kümmern sich um gesellschaftliche alltägliche Auswirkungen, weniger um die Politik selbst."
    Anders auf Social Media unterwegs
    Und auch auf anderer Ebene würden sich die privaten Nachrichtenmacher unterscheiden, beobachtet der Medienwissenschaftler. ihrem Umgang mit sozialen Netzwerken. Ähnlich wie Gesundheitsminister Jens Spahn sieht Gäbler es kritisch, dass viele öffentlich-rechtliche Journalisten zu häufig ihre private Meinung auf Facebook oder Twitter verbreiten. "Das finde ich in der Tat oft ein kompliziertes und problematisches Spannungsverhältnis zwischen Nachrichtensendung und Meinungsgebung. Das vermeidet RTL weitgehend und bringt hauptsächlich das Nachrichtliche in die Sozialen Medien."
    Insgesamt sei es RTL gelungen, seinen sonst "knallbunten Inhalten" ein "seriöses Outfit" zu verpassen, findet Gäbler. Eine Mischung, die auch sonst ganz praktisch funktionieren kann, wie Anchorman Peter Kloeppel im Jubiläumsfilm verrät: "Ich trag' manchmal bunte Socken: Die sieht man Gott sei Dank nicht, und deswegen denk' ich, so ein kleines modisches Accessoire gönn' ich mir. Wenn's dann auch noch zur Krawatte passt, ist's gut. Aber: Das ist etwas, das tatsächlich nur die Leute hier in der Redaktion mitbekommen und sonst niemand."