Dienstag, 23. April 2024

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3D-Drucker
Bakterien-Tinte druckt lebende Materialien

Forscher haben erstmals ein Druckmaterial mit lebenden Bakterien für 3D-Drucker entwickelt. Aus dem Hydrogel lassen sich biologische Materialien herstellen, die Giftstoffe abbauen oder hochreine Zellulose für biomedizinische Anwendungen produzieren können, wie Manuel Schaffner von der ETH Zürich im Dlf erklärt.

Manuel Schaffner im Gespräch mit Monika Seynsche | 04.12.2017
    Ein 3D-Drucker erstellt am 07.04.2016 in Taufkirchen (Bayern) in einem Labor für Materialforschung auf dem Werksgelände von Airbus ein Bauteil. Der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG und der Vorstandsvorsitzende von Airbus haben am 07.04.2016 eine Kooperationsabkommen zwischen Airbus und Siemens unterzeichnet.
    Biochemische "Minifabriken" aus dem 3D-Drucker: Mit der neuen Technik lassen sich Bakterien mit den unterschiedlichsten Wirkungsweisen auf komplexe Oberflächen drucken (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Monika Seynsche: Mithilfe des 3D-Drucks lassen sich aus den verschiedensten Materialien beliebige Formen drucken. Oft sind das Kunststoff- oder Metallverbindungen. Es geht aber auch mit lebenden Materialien. Schweizer Forscher haben eine mit lebenden Bakterien gefüllte Tinte entwickelt. Mit ihr können sie Minifabriken drucken, in denen die Bakterien zum Beispiel giftige Stoffe wie Phenol abbauen können. Vorgestellt wird die lebendige Tinte im Fachmagazin Science Advances. Ich habe mit einem der Autoren, Manuel Schaffner von der ETH Zürich, gesprochen und ihn gefragt was genau er und seine Kollegen gemacht haben.
    Manuel Schaffner: Wir haben das erste Mal Bakterien in ein sogenanntes Hydrogel reingedruckt, und das ermöglicht uns die vielseitige metabolische Aktivität von diesen Bakterien zu benutzen, und da haben wir zum Beispiel den Abbau von Giftstoffen gezeigt oder auch die Herstellung von Nanozellulose.
    Verschiedene Bakterienarten in einem Druck vereint
    Seynsche: Jetzt gibt es aber ja auch schon bisherige 3D-Druckmaterialien mit Bakterien darin. Worin unterscheidet sich Ihr Ansatz von diesen älteren Ansätzen?
    Schaffner: Wir zeigen zum ersten Mal auf, dass wir verschiedene Bakterienarten lokal in einem Druck vereinen können. Das heißt, mit dem können wir dann auch die Lokalität und die Funktionalität von diesen Bakterien genau im Druck definieren eigentlich, also ein Multimaterial-Druck von diesen Bakterien.
    Seynsche: Wenn aber die Bakterien schon vor dem Druck in dem Material drin sind, in diesem Hydrogel, wie stellen Sie denn dann sicher, dass sie durch den Druck nicht verrutschen beziehungsweise an die richtige Stelle kommen?
    Schaffner: Das ist eine sehr gute Frage, und da müssen wir vielleicht auf zwei verschiedene Größenordnungen eingehen: Das eine ist die makroskopische Größe, wo wir ziemlich genau sicher sein können und gezeigt haben, dass sie lokalisiert bleiben - sie sind eigentlich quasi dann vor Ort fixiert -, aber auf ihrer mikroskopischen Ebene können sie relativ frei sich herumbewegen, und das zeigt dann auch, dass sie auch zum Beispiel diese Nanozellulose herstellen können.
    Eine Vielfalt an Formen
    Seynsche: Und wie funktioniert dieser ganze 3D-Druck? Können Sie mir das ganze Verfahren einmal vorstellen?
    Schaffner: Als erstes wird dieses Hydrogel zusammengemischt. Das besteht aus drei Komponenten: zwei Biopolymeren und dann noch kleinen Glaspartikeln, und dann werden die Bakterien mit den Nährstoffen zugefügt. Die ganze Sache ist dann am Anfang so eine kleine Paste, die dann in unsere Druckdüsen gesetzt wird, und dann können wir mit unserem Drucker die einzelnen Inks, wie wir sie nennen, diese Tinten quasi, dann lokal drucken.
    Seynsche: Und was erhalten Sie dann?
    Schaffner: Am Schluss erhalten Sie, was Sie eigentlich im Druck vorgeben, wie auch überall beim sonstigen Drucken: das kann von simplen Kreisstrukturen, Gitterstrukturen bis zu komplexen Gesichtern sein, so wie wir das auch gezeigt haben.
    Seynsche: Wie groß sind den diese fertigen Materialien?
    Schaffner: Die Größe ist so zwischen einem Zentimeter bis zu zehn Zentimetern, sage ich jetzt mal, aber das ist nicht wirklich limitiert.
    Produktion von Bioethanol und CO2-Bindungen
    Seynsche: Und welche Anwendungsmöglichkeiten bietet dieses neue Verfahren?
    Schaffner: Es gibt einige Anwendungsmöglichkeiten. Wir haben jetzt nur die Oberfläche davon gekratzt. Wir haben damit gezeigt, dass wir Giftstoffe abbauen können und diese Nanozellulose auch herstellen können, aber im Generellen kann diese Art von Tinte für viele, viele Arten von Bakterien verwendet werden - und oftmals auch zur Optimierung von biotechnologischen Prozessen, wie zum Beispiel zur Produktion von Bioethanol oder auch zu CO2-Bindungen.
    Seynsche: Und wie weit ist es noch bis zur konkreten Anwendung, also wann könnte man wirklich mit diesen Produkten arbeiten?
    Schaffner: Wir haben jetzt eher die Oberfläche mal angekratzt, wir haben gezeigt, dass es machbar wäre. Wir arbeiten fest daran, das auch weiterzubringen und umzusetzen, aber da muss man schon noch mit einigen Jahren rechnen.
    Seynsche: Und können Sie mir andere Beispiele noch nennen? Sie nannten die Zellulose. Was genau können diese Bakterien beziehungsweise diese bakteriengeladene Tinte, was kann da sonst noch passieren, was kann damit gemacht werden?
    Schaffner: Was Sie sich vorstellen können, diese Bakterien können heutzutage auch genetisch so verändert werden, damit sie einige Stoffe wie Vitamine oder sonstige wichtige Stoffe in der Pharmazie herstellen können. Diese Bakterien können dann auch in diese Tinten oder in diese Substrate eingelagert werden, um dann quasi nach ihrem Befinden Stoffe herzustellen, und die bekanntesten Beispiele sind, wie gesagt, Ethanol, Bioethanol, Biobenzin oder auch die Bindung von CO2.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.