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50 Jahre Farbfernsehen
Alles so schön bunt hier

Bis 1967 war im deutschen Fernsehen alles schwarz-weiß. Aber dann begannen ARD und ZDF nach und nach, ihre Sendungen in Farbe zu übertragen. Das brachte auch kuriose Regeln für die Moderatoren mit sich.

Von Tobias Wenzel | 24.08.2017
    Mit einem Knopfdruck startet der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt am 25.8.1967 auf der 25. Deutschen Funkausstellung das Farbfernsehen. Seitdem entwickelte sich die bunte «Flimmerkiste», die es in den USA schon seit 1954 gab, nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik mbH (gfu/Frankfurt) zum beliebtesten Unterhaltungsmedium. Ende 1967 standen rund 80000 Farbfernseher in den Wohnstuben der 14 Millionen Fernsehteilnehmer in Deutschland. Fünf Jahre später holte sich bereits jeder zehnte Haushalt bunte Bilder auf die Mattscheibe.
    Willy Brandt drückte den Startknopf für das Farbfernsehen. (dpa / Willi Gutberlet )
    "Eine gute Nachricht, meine Damen und Herren: fünfzig Farbfernsehgeräte zu gewinnen. Leider ist diese besonders hübsche Osteraktion der deutschen Fernsehgeräteindustrie noch nicht so recht bekannt geworden."

    Wer ein Osterei in seinem neuen Farbfernseher finde, bekomme einen zweiten geschenkt, erzählte Loriot 1967 in seiner Sendung "Cartoon". Was dann kam und welche Wirkung das wohl auf manch einen nicht so scherzaffinen Zuschauer hatte, können heutige Jugendliche sehr gut nachvollziehen, die schreien und weinen, während sie bei Youtube Videos ansehen, in denen Menschen auf der Suche nach vielen Klicks neue Smartphones zertrümmern.
    Teure Investition
    Mit Hammer und Meißel zerlegte Loriot ein vermeintlich neues Farbfernsehgerät auf der Suche nach dem darin angeblich versteckten Osterei. Knapp 2500 Mark kostete damals ein solcher Farbfernseher.
    "Und die sind schließlich keine Kleinigkeit, noch dazu in der Urlaubszeit", hieß es damals in einem Beitrag der RIAS-Funkuniversität. Dafür konnte man einen guten Gebrauchtwagen kaufen. Nur ein paar tausend deutsche Haushalte hatten sich einen Farbfernseher zur Einführung der neuen Technik am 25. August 1967 geleistet.
    Holpriger Start
    Der Anfang des Farbfernsehens lief nicht ganz so perfekt: Außenminister Willy Brandt drückte auf der Funkausstellung Berlin derart zögerlich auf einen großen Knopf, der nur eine Attrappe war, dass ein nervöser Techniker den tatsächlichen Schalter Sekunden zu früh umlegte und der Schwindel herauskam.
    So wie heute manch ein junger Mensch das Ende des linearen Fernsehens herbeisehnt, weil er schon längst häppchenweise über den Computer oder das Handy schaut, schien der Techniker auf der Funkmesse so schnell wie möglich Schwarz-Weiß durch Farbe ersetzen zu wollen.

    "Wie war Ihr erster Eindruck vom Farbfernsehen?"
    "Ja, also ich würde sagen: Die Umschaltung von Schwarz-Weiß auf Bunt wirkte wie ein Schock."
    Nicht zu lange in die Sonne
    Gut, Begeisterung klingt irgendwie anders. Aber Rummäkler gibt es ja überall. Und die Fernsehmacher selbst haben sich doch sicher alle gefreut, oder? Zum Beispiel Robert Lembke in seiner Sendung "Was bin ich?", dem heiteren Berufe-Raten:
    "Sehr geehrter Herr, haben Sie mit der Erfindung des Farbfernsehens zu tun?"
    "Nein. Man soll Leuten nichts Schlechtes nachsagen. Das hat er nicht."

    Moderatoren erhielten Anweisungen, im Urlaub die Sonne zu meiden, weil sie sonst zu braun würden. Denn das wiederum wirkte im Farbfernsehen fast schon schwarz. Wer dann zu Hause auch noch die Regler an seinem Gerät verstellt hatte, konnte meinen, die Haare einer Ansagerin seien grün. Das Farbfernsehen sollte ja die Realität widerspiegeln. Man glaubte ihm. Mehr als der Realität.
    Auch die DDR wurde bunt
    Gut zwei Jahre nach Willy Brandts Knopfdruck verkündete Walter Ulbricht auch für das kommunistische Deutschland das Farbfernsehen. Euphorisch klang das nicht gerade. Aber Ulbricht war ja nun mal keine Rednerkanone: "So dienen unsere Fernsehprogramme ganz den Interessen des werktätigen Volkes."

    Nicht mit Hammer und Sichel, sondern mit Hammer und Meißel hatte Loriot da schon längst vor Millionen Zuschauern in der BRD das vermeintlich neue Farbfernsehgerät fröhlich zerstört, auf der Suche nach einem Osterei, das einen neuen Farbfernseher bedeutet hätte.
    "Ja, Pech gehabt, meine Damen und Herren. Aber vielleicht waren Sie klüger als ich und haben sich gleich zwei, drei oder mehr Geräte gekauft. Dann hatten Sie natürlich eine größere Chance."