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50 Jahre Hofer Filmtage
Das Klassentreffen des deutschen Films

Die Internationalen Hofer Filmtage gelten als kleinstes Filmfestival der Welt. Am 28. Mai 1967 startete das inzwischen legendäre Filmfest in Oberfranken, das seit jeher den Filmnachwuchs förderte - darunter Werner Herzog oder Doris Dörrie. Der langjährige Chef und Gründer, Heinz Badewitz, blieb dem Festival sein Leben lang treu.

Von Marli Feldvoß | 28.05.2017
    Das Foto aus dem Jahr 1976 zeigt den Begründer der Hofer Filmtage, Hans Badewitz (l), mit dem Regisseur Brian de Palma.
    Das Foto aus dem Jahr 1976 zeigt den Begründer der Hofer Filmtage, Hans Badewitz (l), mit dem Regisseur Brian de Palma. (dpa / Internationale Hofer Filmtage)
    "Hier vorne sind noch Plätze frei. Bitte reinrücken." Heinz Badewitz, Festivalleiter und Pater familias des Hofer Stammpublikums war sich auch als Platzanweiser nicht zu schade. Er wurde geliebt für jedes Wort, für jeden Lacher, seine Entdeckerfreude und seinen unermüdlichen Einsatz für das von ihm aus der Taufe gehobene Festival im etwas entlegenen Hof an der ehemaligen Zonengrenze. Es war eine Notlösung, die dem geborenen Hofer Badewitz einfiel, als eine Handvoll Kurzfilme, darunter sein eigener, von den Münchner Kinobesitzern als unspielbar abgelehnt worden war. Zur Matinee am 28. Mai 1967 um 10.30 Uhr im Hofer Filmtheater Regina stellten sich dann an die 100 Zuschauer ein, um die neun Filme, jazzmusikalisch untermalt, zu begutachten.
    Archivbild des verstorbenen Mitbegründers der Internationalen Hofer Filmtage, Heinz Badewitz vom 29.10.2009 in Hof.
    Der verstorbene Mitbegründer der Internationalen Hofer Filmtage, Heinz Badewitz. (picture alliance / dpa / David Ebener)
    Es blieb bekanntlich nicht bei dem frech als "1. Hofer Kurzfilm-Festival" titulierten multimedialen Ereignis. Der Mann mit der ewigen Beatles-Frisur, der auch als Schlagzeuger bei der New Jazz Group mitmischte, blieb seinem Filmfest bis zu seinem überraschenden Tod am 10. März 2016 treu. Der zuletzt dienstälteste Festivalleiter der Republik, "Der Heinz", war einfach Kult:
    Anfang als Festival ohne Wettbewerb oder Jury
    "Natürlich ist es professioneller geworden. Das ist ja klar. Man kann nicht mehr heute ohne Programm ein Festival machen und auf die Bühne gehen und sagen: Es ist wieder ein Filmemacher da mit der Kopie unterm Arm. Wollt Ihr den sehen? Dann sagen alle: Ja! Wie früher. Das gibt‘s halt nicht mehr. Die Atmosphäre versuchen wir immer noch so als Familienfestival des deutschen Films rüberzubringen und zu halten."
    Das gefeierte "Home Of Films" hatte allerdings erst im nächsten, dem Revoluzzerjahr 1968 unter dem neuen Namen "Internationale Hofer Filmtage" Premiere. Auslöser war Hellmuth Costards Skandalfilm "Besonders wertvoll", der im "roten" Oberhausen auf Betreiben der Stadt wegen "unzüchtigen Inhalts" verboten wurde. Eine breite Solidaritätswelle war die Folge. Mit offenen Armen nahm Heinz Badewitz die Protestler auf, um ihre Filme in Hof zu zeigen. Von Stund‘ an galt das Festival ohne Wettbewerb oder Jury als "die" Anlaufstelle für den jungen deutschen Film. Als erste kamen – und das immer wieder - Werner Herzog, Werner Nekes, Adolf Winkelmann, George Moorse und Wim Wenders: "Zu fünft im 2 CV hier hoch gefahren. Haben eigentlich zwei Nächte nicht geschlafen, daran erinnere ich mich. Nur Filme geguckt. Und haben immer den dummen Witz gemacht, dass der Heinz dieses Festival wohl organisiert hatte, um seine eigenen Filme zu zeigen."
    Die Hofer Filmtage waren und blieben das "Klassentreffen" des deutschen Films. Auf die unangepasste Gründerzeit der Siebziger folgte die lange Flaute der Komödien, erst zur Jahrtausendwende ging es wieder aufwärts. Hof hatte sich längst eine Programmstruktur und die Vorschrift "Uraufführung" zugelegt, doch die Filmauswahl blieb in den Händen von Heinz Badewitz. Eine Mischung aus Hochkultur und B-pictures. Der Entdecker von Jim Jarmusch holte die noch unbekannten American Independents über den großen Teich: Brian de Palma, George A. Romero, Roger Corman, auch schräge Typen wie Russ Meyer.
    Alle kickten im traditionellen Fußballspiel am Samstagmorgen. Allen voran der beste Torschütze: Werner Herzog: "Wir haben Glück gehabt. Die andern war‘n, glaube ich, etwas besser. Und am Schluss ging’s eigentlich ganz gut mit uns. Wir hatten dann noch ein paar ganz gute Angriffe vors Tor gebracht. Aber es kommt halt so, wie’s kommt. War ein schönes Spiel sonst."
    Das Foto aus dem Jahr 1974 zeigt den Filmregisseur Werner Herzog (M) im Foyer der Hofer Filmtage inmitten von Besuchern nach einer Uraufführung.
    Das Foto aus dem Jahr 1974 zeigt den Filmregisseur Werner Herzog (M) im Foyer der Hofer Filmtage inmitten von Besuchern nach einer Uraufführung. (dpa / Internationale Hofer Filmtage)
    Zur Hofer Legendenbildung gehört auch der Bratwurststand vor dem Central-Kino oder der nächtliche Absacker im "Wohnzimmer" der Gaststätte Strauß. Trotz der Konkurrenz aus München und den vielen Festival-Neugründungen blieb Hof der Umschlagplatz für den deutschen Film. Heinz Badewitz ging unverdrossen auf Nachwuchssuche in die neuen Hochschulen. Auch die Frauen fanden, wenn auch spät, in Hof ihren Platz. Oscaranwärterin Maren Ade zeigte hier ihren ersten Film. Caroline Link und Doris Dörrie, ehemalige "Helferinnen", waren schon früher da. Sie haben ihren Heinz Badewitz nicht vergessen, so Doris Dörrie: "Er hat so vielen jungen Leuten eine Startmöglichkeit gegeben und hat sie eben begleitet. So wie er mich auch begleitet hat. Das macht ihm so schnell keiner nach. Und da müssen wir uns zusammen anstrengen, das weiter zu betreiben."