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50 Jahre Jugend forscht
Beim Schielen genau hingeschaut

Der Wettbewerb "Jugend forscht" kann nicht nur die berufliche Karriere beeinflussen, sondern auch noch den Rest des Lebens - so wie bei Constanze Schmidt und Stefan Kallenberger. Die beiden haben sich bei "Jugend forscht" kennengelernt und sind auch heute noch ein Paar. Inzwischen arbeiten beide auf dem Campus der Uni Heidelberg.

Von Michael Boeddeker | 22.05.2015
    Constanze Schmidt und Stefan Kallenberger schauen von einem Balkon in Heidelberg.
    Constanze Schmidt und Stefan Kallenberger haben im Jahr 2001 gemeinsam bei "Jugend forscht" gewonnen. Heute forschen die beiden in Heidelberg. (Michael Böddeker / Afanasia Zwick)
    Stefan Kallenberger: "Wir sind uns begegnet auf dem Regionalwettbewerb in Lüneburg. Und ja - haben uns dann sofort eigentlich ganz gut verstanden, haben uns danach ein paar Mal getroffen, und ja, sind dann zusammengekommen. Haben uns ein tolles Projekt überlegt und ja, haben dann zusammen ein "Jugend forscht" Projekt gemacht im Jahr darauf."
    Constanze Schmidt: "Genau - der Regionalwettbewerb war auf jeden Fall nicht langweilig."
    Im Jahr 2000 begegnen sich die beiden heutigen Forscher auf dem Regionalwettbewerb in Lüneburg. Constanze Schmidt erinnert sich noch gut daran. Es war bei einer Führung durch ein historisches Gebäude:
    "Ich stand vor einer Vitrine, in der eine Ritterrüstung ausgestellt war und ich ziemlich gelangweilt war. Und dann hat er gesagt: Ah, Du bist doch die Kollegin, die das Projekt mit dem Tesafilm macht. Und so kamen wir dann halt zu einer recht ausführlichen wissenschaftlichen Diskussion, und ich hab ihn natürlich auch zu seinem Projekt befragt, was praktisch ein Projekt zu Extremstlautstärken war. Und Schall und Licht haben ja manchmal auch ein paar Gemeinsamkeiten."
    Gemeinsamkeiten haben auch die beiden Jungforscher. Sie werden bald ein Paar, und im Jahr darauf treten sie zusammen mit einem Projekt bei "Jugend forscht" an.
    "Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden, und ... es hat einfach alles ganz gut zusammengepasst."
    Constanze Schmidt: "Wir haben uns dann praktisch regelmäßig getroffen, also in der Regel mindestens einmal pro Woche, und haben dieses Projekt dann umgesetzt."
    Was sieht eigentlich ein Schielender?
    Das Thema ihrer Arbeit: Schielen, erklärt Stefan Kallenberger:
    "Wenn man einen Gegenstand betrachtet, fixiert man ihn mit beiden Augen. Also: Die Sehachsen treffen sich in einem bestimmten Punkt. Und bei Schielenden ist das nicht so. Eine Sehachse weicht ab. Deswegen sieht ein Schielender Doppelbilder."
    Augenärzte behandeln diese Fehlsichtigkeit oft mit einer Therapie, bei der abwechselnd mal das eine und mal das andere Auge abgedeckt wird. Das funktioniert aber nicht immer.
    Constanze Schmidt: "Deshalb war die Idee unserer Therapie, praktisch an die beiden unterschiedlichen Fixationspunkte des Erkrankten zwei identische Sehabbildungen praktisch zu legen, um ihm gleichsam im Gehirn den Seheindruck eines Normalsichtigen zu vermitteln."
    Dafür haben Constanze Schmidt und Stefan Kallenberger eine spezielle Brille entwickelt. Sie zeigt dem Schielenden die Bilder dort, wo seine Augen sie fixieren können. Wie sich die Augen dabei bewegen, registriert die Brille über Eye-Tracking, also über eine kleine eingebaute Kamera.
    "Wir hatten das halt initial als medizintechnische Neuheit patentieren lassen, im Rahmen des "Jugend forscht"-Wettbewerbs. Anschließend haben wir das Ganze in der Praxis getestet, das heißt, eine kleine multizentrische Studie gestartet. Also es ist ein Verfahren, was praktisch eingesetzt wird."
    Studium an zwei Orten
    Nach dem Schulabschluss studieren beide Anfang der 2000er-Jahre Medizin und Physik. Stefan Kallenberger interessiert sich besonders für Medizintechnik, erklärt seine Partnerin, "sodass Erlangen, die Stadt der Medizintechnik natürlich sehr interessant für ihn war. Und deshalb hatten wir dann beschlossen, in unterschiedlichen Städten zu studieren."
    Constanze Schmidt faszinieren dagegen Ionenkanäle - also winzige Poren in der Membran von Zellen, die elektrisch geladene Teilchen hindurch lassen. "Also ich fand das eine extremst spannende Sache, Ionenkanäle. Deren Faltung und Funktion. Also, es sind ja eigentlich Proteine, sozusagen, über die man einen Strom zum Beispiel messen kann. Und einfach dieses ... also, dass ein Protein so aktiv ist, das hatte mich damals schon sehr fasziniert. Und daran hab ich ja im Prinzip dann auch festgehalten."
    Inzwischen erforscht Constanze Schmidt besonders solche Ionenkanäle, die beim Herzen vorkommen.
    "Eine mir nahestehende Person hatte ein schlimmes Arhythmie-Ereignis, also Herz-Rhythmus-Ereignis, was mich damals sehr beschäftigt hat, und was im entferntesten Sinne natürlich auch was mit Ionenkanälen zu tun hat."
    Glücklich in Heidelberg
    2010 ziehen die beiden Forscher dann zusammen nach Heidelberg. Sie sind auch heute noch ein Paar und arbeiten inzwischen auf demselben Campus.
    Kallenberger: "Wir wohnen auch zusammen und sehen uns auch mehrmals täglich, arbeiten auch nur so mehrere Hundert Meter entfernt. Das ist perfekt so."
    Schmidt: "Manchmal sehen wir uns an sehr arbeitssamen Tagen auch gar nicht. Aber der Nachhauseweg kann dann durchaus geteilt werden."
    Ihr gemeinsames "Jugend forscht"-Projekt liegt zwar weit in der Vergangenheit. Aber auch heute veröffentlichen beide ab und zu noch zusammen neue Forschungsergebnisse.
    Kallenberger: "Manchmal hat der andere auch ganz gute Ideen, wie man bei einem Problem weiterkommen kann, in dem man gerade steckt.
    Schmidt: "Genau. Manchmal kann ein Spaziergang auch einfach helfen, Inspiration oder wissenschaftliche Ideen zu diskutieren, und ... ist praktisch ein integrativer Bestandteil."