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50 Jahre The Doors
Neues Altes zum Dienstjubiläum

20 Millionen Mal hat sich das Debüt der Doors bis heute verkauft – seit dem Erscheinen vor 50 Jahren. Pünktlich zum Jubiläum bringt die Band ihr erstes Album noch einmal heraus. Gitarrist Robby Krieger hat eine simple Theorie, was die ungebrochene Popularität der Helden der 1960er betrifft.

Von Marcel Anders | 02.04.2017
    v.l.:Ray Manzarek (Hammond-Orgel), Jim Morrison (Sänger), John Densmore (Schlagzeug) und Robby Krieger (Gitarre), die legendäre US-Rockgruppe "The Doors", bei Fernsehaufnahmen vor dem Frankfurter Römer. Undatierte Aufnahme. | Verwendung weltweit
    Ray Manzarek (Orgel), Jim Morrison (Gesang), John Densmore (Schlagzeug) und Robby Krieger (Gitarre): The Doors bei Aufnahmen vor dem Frankfurter Römer. (Manfred Rehm)
    Musik "The End”

    "Es sind die Songs – und die sind wichtiger als verrückte Publicity-Stunts oder gutes Aussehen. Mit der richtigen Musik kann man immer relevant sein. Schaut euch nur Mozart, Bach und diese Typen an - die Leute mögen ihren Kram bis heute."
    Die Doors als moderne Klassiker und Band für die Ewigkeit. Nicht wegen ihres Images, sondern einzig wegen ihrer Musik. Die favorisierte Sichtweise von Gitarrist Robby Krieger, die er am 67er Debüt der Kalifornier festmacht. Ein Album, das als Meilenstein der Rockmusik gilt, sich über 20 Millionen Mal verkauft hat und live im Studio entstanden ist. Mit einem Minimum an Technik und dem Schwerpunkt auf elf aufeinander folgende Stücke, statt auf einzelne Singles. Ein Novum in der damaligen Musikindustrie. Genau wie die stilistische Vielfalt, mit der sich das Quartett von seinen Zeitgenossen abgrenzte.
    "Das ist der Grund, warum die Doors anders waren, als die übrigen Bands. Wegen unserer unterschiedlichen Einflüsse. Ray Manzarek kam aus der Klassik und war geprägt vom Blues - weil er in Chicago aufgewachsen ist und dort Muddy Waters erlebt hat. John Densmore hat schon in der Schule in einer Jazzband gespielt - weshalb er mit ausgefallenen Beats ankam. Wie einem Bossa Nova-Rhythmus für "Break On Through". Und "Light My Fire" hatte einen Latin-Beat, weil ich mit Flamenco und Folk groß geworden bin."
    Musik "Break On Through"
    Ihren innovativen Stilmix kombinierten die Doors mit Texten, die nichts mit dem Standard der Rockmusik, Mitte der 60er, gemeinsam hatten. Die weit über banale Teenager-Liebeleien hinausgingen, und mit mehr Sex, mehr Poesie, mehr Dunkelheit und Tiefe aufwarteten. Laut Krieger der Beginn einer neuen musikalischen Ära.
    "Als sich Ray und Jim am Strand von Venice kennenlernten - und Jim ihm zeigte, welche Songideen er hatte, konnte Ray es kaum glauben. Er meinte: "Das sind ja umwerfende Rock 'n'Roll-Texte!" Denn Morrison stand auf Poesie und studierte die großen französischen Dichter. Aber bei seinen ersten Songs spielte das noch keine große Rolle, weil die Worte einfach so aus ihm hervorsprudelten. Er musste sie nur noch aufschreiben. Was wahrscheinlich an dem großartigen Marihuana lag, das er damals rauchte."
    Musik "The Crystal Ship"
    Ein Seitenhieb auf eine Legende, mit der Krieger noch eine offene Rechnung hat. Denn wie die übrigen Doors fühlt auch er sich von Morrison regelrecht im Stich gelassen. Sein Tod im Juli 1971 bedeutete das Ende der Band - auch, wenn man noch zwei Jahre als Trio weitermachte. Doch die Magie war verflogen und der Sänger ließ sich nicht ersetzen. Densmore, Manzarek und Krieger waren verdammt zur Mythen-Pflege und für immer gefangen im Zeitfenster der späten 60er. Was sie Morrison genauso übel nahmen wie seine Exzesse und Launen zu Lebzeiten.
    "Wenn er betrunken war, hat er sich in dieses Arschloch verwandelt. In Mr. Mojo Rising und all diese Charakter. Die waren von Anfang an in ihm und warteten nur darauf, hervorzubrechen. Was ihn zu einem außergewöhnlichen, unangenehmen Menschen gemacht hat. Ich habe nie wieder jemanden wie ihn getroffen."
    The Doors ex-member Robby Krieger performing at the Trutnov Open Air Festival in Prague, Czech Republic, on July 13, 2011. Photo: CTK Photo/Vit Simanek |
    Robby Krieger - Trutnov Open Air Festival in Prag 2011 (Vit Simanek)
    Musik "Alabama Song"
    Wenn Robby Krieger schon dabei ist, an einer Ikone zu rütteln und mit der Verklärung von Medien wie Fans aufzuräumen, dann richtig. So waren die Doors in seinen Augen zwar eine Band, die sich mit anspruchsvollen Themen befasste, für die Gegenkultur stand und ganze Generationen von Musikfans in ihren Bann gezogen hat. Gleichzeitig, so sagt er, hätten sie aber nie zur Rebellion gegen das Establishment aufgerufen. Das seien externe Interpretationen, mit denen er nicht glücklich sei. Schließlich habe man bis heute über 100 Millionen Alben verkauft und beachtlichen kommerziellen Erfolg verbucht.
    "Wir haben uns nie als politisch gesehen. Auch, wenn Jim meinte, wie wären "erotische Politiker" - was immer das heißt. (lacht) Aber wir haben keine Songs geschrieben, die sich mit aktuellen Ereignissen befassten. Selbst wenn es in "The Unknown Soldier" um Vietnam zu gehen schien. Im Grunde handelt auch das Stück eher von Kriegen und Soldaten im Allgemeinen. Und als ich Jim gefragt habe, worüber ich in "Light My Fire" schreiben soll, meine er: "Über etwas möglichst Universelles - etwas, das nicht schon nächstes Jahr wieder aus der Mode ist."
    Musik "Light My Fire"
    Auch die Doors sind nie aus der Mode gekommen. Weshalb Krieger die alten Kamellen immer noch gerne spielt. Im Gegensatz zu Rock-Rentner Densmore, der sich mit 72 aufs Schreiben von Büchern und Magazin-Artikeln verlegt, ist er immer noch aktiv, spielt in einer Band mit seinem Sohn und überwacht den Backkatalog der Doors. Mit dem musikalischen Hier und Heute, so Krieger, kann er dagegen wenig anfangen.
    "Das klingt doch alles wie ein Aufguss von früher. Dabei muss es noch etwas Neues in der Musik geben. Und ich denke, wenn die Leute erst einmal genug von diesem digitalen Kram haben, werden wir das auch erleben. Denn digital ist schlecht fürs Gehirn. Und die Tatsache, dass kaum noch Alben gekauft werden, ist furchteinflößend. Wer weiß, vielleicht wurden ja schon alle Songs geschrieben. Ich hoffe nicht!"
    Musik "I Looked At You"
    Als ehrliche Haut macht Krieger kein Geheimnis daraus, dass die aktuelle Neuauflage des Doors-Debüts wohl eher etwas für Sammler ist. Da beweist er den erfrischenden Humor eines Mannes, der über den Dingen steht.
    "Im Grunde hat die neue Version denselben Sound wie frühere Veröffentlichungen. Wobei wir aber nicht nur mit dem Stereo-Mix des Albums aufwarten, sondern auch der Mono-Version, die noch nie auf CD erschienen ist. Ich selbst höre unsere Alben aber so gut wie nie. Es sei denn, sie laufen im Radio." (lacht)
    Musik "Take It As It Comes"