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50 Jahre Voting Rights Act
Diskriminierung von Schwarzen in den USA

Proteste gegen das brutale Vorgehen von Polizisten bei Afroamerikanern gehören aktuell zur Lebenswelt der Amerikaner. 50 Jahre zuvor waren durch das Wahlrechtsgesetz, dem Voting Rights Acts, die politischen Rechte der Schwarzen endlich durchgesetzt wurden - doch noch immer haben schwarze Bürger in den USA mit vielen Problemen zu kämpfen.

Von Marcus Pindur | 06.08.2015
    Demonstranten in Baltimore halten ein Schild hoch, auf dem steht: "Justice for all"
    Auch 50 Jahre nach dem Voting Rights Act demonstrieren Schwarze in den USA wieder für ihre Rechte. (Jim Lo Scalzo, dpa picture-alliance)
    Die 16th Street Baptist Church in Birmingham, Alabama: eine überwiegend schwarze Gemeinde und eine der Wiegen der Bürgerrechtsbewegung in den Südstaaten. In der Kirche wurden viele Proteste gegen die Rassentrennung organisiert, hier predigte immer wieder Doktor Martin Luther King, bis heute die Ikone der Bürgerrechtsbewegung in den USA.
    Am 15. September 1963 explodierte am Eingang der Baptist Church eine Bombe. Jesse war damals ein kleiner Junge und wohnte mit seiner Familie in der Nachbarschaft: "An diesem Sonntagmorgen hörten ich und meine Geschwister einen lauten Knall. Erst dachten wir, es sei ein Erdbeben. Dann gingen wir raus und sahen ein großes Loch in der Kirche. Wir sahen Polizei und Feuerwehrwagen. Viele Leute schrien, und wir erfuhren, dass eine Bombe explodiert war und dass vier Schulmädchen dabei gestorben waren."

    Die Mädchen kamen gerade von der Sonntagsschule, als sie dem Anschlag zum Opfer fielen. Mitglieder des Ku-Klux-Klan hatten 15 Stäbe Dynamit unter einer Treppe versteckt und mit einem Zeitzünder zur Explosion gebracht. Birmingham hatte in diesem Jahr bereits 21 Bombenanschläge auf schwarze Kirchen erlebt und den Ruf einer rassistischen, gewalttätigen Metropole. Martin Luther King beschrieb Birmingham als die Stadt mit der wahrscheinlich stärksten Rassentrennung in den gesamten Vereinigten Staaten. Jesse erinnert sich: "In meiner Kindheit war alles rassengetrennt: die Wasserspender, die Schulen, die Büchereien, die Kirchen. Das waren die sogenannten Jim-Crow-Gesetze, die das Leben Schwarzer und Weißer strikt voneinander trennten. Jetzt, 50 Jahre später, ist das alles vorbei, Gott sei Dank. Die Kirche gibt es immer noch, sie ist inzwischen 142 Jahre alt, heute hat die 16th Street Church schwarze und weiße Mitglieder."
    Der Bombenanschlag von Birmingham: ein Wendepunkt in der Bürgerrechtsbewegung
    Der Bombenanschlag weißer Rassisten war ein Wendepunkt in der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung. Armand Bragg ist heute 70 Jahre alt und Gemeindevorsteher der 16th Street Baptist Church. Seine Gefühle damals: "Trauer, Wut, Frustration, Unglaube. Es gibt kaum Worte, um zu beschreiben, wie verletzt wir damals waren. Ich mit meinen 19 Jahren war unglaublich frustriert und wütend. Danach beschloss ich, in der Bürgerrechtsbewegung aktiv zu werden. Ich bin dreimal im Gefängnis gelandet. Trotzdem waren das die besten Jahre meines Lebens, ich hätte für keine bessere Sache diese Opfer bringen können. Ich habe so der Kirche und der schwarzen Gemeinde insgesamt etwas zurückgeben können."

    Armand Bragg beteiligte sich in Folge des Attentats an den sogenannten Sit-ins. Schwarze Studenten gingen in Kaufhäuser und Restaurants, setzten sich an die für Weiße reservierten Plätze, und ließen sich dann von der Polizei verhaften. Die Proteste der schwarzen Bürger und die gewalttätigen, hasserfüllten Reaktionen der Polizei und der Politiker in den Südstaaten zogen die Aufmerksamkeit der gesamten Nation auf sich.
    Nationale Aufmerksamkeit durch den Montgomery-Bus-Boykott
    Demonstrationszug von Selma nach Montgomery im März 1965
    Der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King (M) führt am 21.3.1965 den Demonstrationszug von Selma nach Montgomery an. (picture alliance / dpa / Foto: UPI)
    Im Jahr 1963 konnte die Bürgerrechtsbewegung bereits auf einige Erfolge zurückblicken. Der Oberste Gerichtshof der USA etwa, der Supreme Court, hatte 1954 die juristische Grundlage, auf der die Rassentrennung beruhte, als verfassungswidrig gebrandmarkt: das sogenannte Brown versus Board of Education-Urteil.
    Einen weiteren Erfolg erkämpfte die Bürgerrechtsbewegung 1956 in Montgomery, Alabama. Die schwarze Sekretärin Rosa Parks weigerte sich, ihren Sitzplatz in einem städtischen Bus für einen Weißen zu räumen. Ihre Festnahme führte zu einem 13 Monate währenden Bus-Boykott der afroamerikanischen Bevölkerung von Montgomery, an dessen Ende das Busunternehmen einlenkte.
    Durch den Montgomery-Bus-Boykott erhielt die Bürgerrechtsbewegung nationale Aufmerksamkeit, insbesondere einer ihrer Anführer, ein baptistischer Pastor namens Martin Luther King. Er organisierte für den 28. August 1963 den sogenannten "Marsch auf Washington", um den Anliegen der Bürgerrechtsbewegung Nachdruck zu verleihen. Seine Rede ging in die Geschichtsbücher ein:

    "Free at last, free at last, thank God almighty we are free at last!"

    Kings Rede, sein "I have a dream", den Traum von einer Zukunft ohne Rassismus, kennt heute jedes Schulkind. Damals vor dem Lincoln Memorial hörten über 200.000 schwarze, aber auch weiße Amerikaner seine Worte. Einer von ihnen war Clifton Casey aus Birmingham, Alabama, damals 17 Jahre alt: "Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass ich so viele Schwarze und Weiße gemeinsam gesehen habe. Das ist mein stärkster Eindruck gewesen. Ich war 17 Jahre alt. Und dass sie gemeinsam demonstrierten für eine Sache, die Birmingham, Alabama durchgreifend verändern würde, das fand ich einfach unglaublich. Es war ein Tag, den ich nie vergessen werde."
    "I have a dream": Martin Luther Kings organisierte den "Marsch auf Washington"
    Die Taktik Martin Luther Kings ging mehr und mehr auf. 1961 begannen die so genannten "Freedom Rides", die Freiheitsfahrten: In Überlandbussen machten sich Schwarze und Weiße gemeinsam auf den Weg in Staaten, in denen die Rassentrennung lediglich formaljuristisch aufgehoben war, faktisch aber weiter praktiziert wurde. Die Freedom Rider wurden an den Bahnhöfen und bei Zwischen-Stopps wiederholt von weißen Rassisten misshandelt - was breit durch die Medien ging und große Empörung auslöste.

    Durch die Fotos in der Presse wuchs der Druck auf die Politik. Auf diese Weise setzte die Bürgerrechtsbewegung 1963 schließlich auch die Aufhebung der Rassentrennung in Birmingham, Alabama durch. Dort hatte die Polizei unter dem berüchtigten Polizeichef Eugene "Bull" Connor wochenlang immer wieder hart gegen Demonstranten durchgegriffen. Ihre Gewalttätigkeit schockierte die amerikanische Öffentlichkeit und so setzten die um Birminghams Ruf besorgten Geschäftsleute der Stadt die Forderungen der Bürgerrechtsbewegung um.

    Präsident Johnson setzte schließlich 1964 das Bürgerrechtsgesetz durch, den Civil Rights Act. Es verbot Segregation in öffentlichen Einrichtungen, gab der Bundesregierung das Recht, Diskriminierung von Schwarzen und Rassentrennung an Schulen zu bekämpfen.
    Der Voting Rights Act sollte das Wahlrecht für alle Bürger durchsetzen
    Das grundlegendste Übel aber war de facto der Entzug des Wahlrechts. Schwarze Bürger seien in den Südstaaten mit allen möglichen formaljuristischen und absurden Methoden daran gehindert worden, sich für Wahlen registrieren zu lassen, so Zeitzeuge Clifton Casey: "Sie sagten, man solle sich zum Wählen registrieren lassen. Dann stellten sie ein Glas mit Bonbons auf und fragten dich, wie viele Bonbons da drin seien. Die Antwort war natürlich immer falsch. Meinen Cousin haben sie gefragt, wann Christoph Kolumbus Amerika entdeckt hat. Er sagte: 1492. Dann sollte er die Namen der Schiffe nennen. Er nannte sie. Dann fragten sie ihn nach den Namen der Kapitäne der einzelnen Schiffe. Es endete immer in einer Sackgasse. Das klingt wie ein schlechter Witz. Und es ist schwer zu glauben, dass das passierte, während gleichzeitig die Vereinigten Staaten in anderen Teilen der Welt die Freiheit verteidigten."

    Um das Wahlrecht dauerhaft für alle Bürger durchzusetzen, musste die Bundesregierung auch auf kommunaler Ebene handeln können. Das sollte das Wahlrechtsgesetz von 1965, der Voting Rights Act, bewerkstelligen. Jegliche Tests zur vermeintlichen Ermittlung der Wahlfähigkeit wurden verboten. Beamte der Bundesregierung konnten anstelle lokaler Behörden die Wählerregistrierung vornehmen. Präsident Johnson musste monatelang seine ehemaligen Südstaaten-Kollegen im Kongress bearbeiten. Im März 1965 redete er dem Kongress ins Gewissen: "Es gibt kein schwarzes Problem. Es gibt kein Südstaaten-Problem. Es gibt kein Nordstaaten-Problem. Es gibt nur ein amerikanisches Problem."
    "Meilenstein der Bürgerrechtsbewegung"
    Am 6. August 1965 setzte der Präsident schließlich seine Unterschrift unter den Voting Rights Act. 100 Jahre nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges übernahm die Bundesregierung in Washington endlich die Verantwortung für die Durchsetzung der politischen Rechte der schwarzen Bürger in den Südstaaten. Myrna Jackson ist heute Baudezernentin von Birmingham, Alabama. Als junge Frau war sie damals aktiv in der Bürgerrechtsbewegung: "Auf den Voting Rights Act von 1965 hatten wir lange gewartet. Das war ein Meilenstein der Bürgerrechtsbewegung. Wir haben das erreicht, indem wir der Öffentlichkeit und der Welt bewusst gemacht haben, was hier vorgeht. Das war sehr wichtig für uns. Wir sahen, dass unsere Opfer nicht umsonst waren."
    Die Zahl schwarzer Wähler im Süden verdreifachte sich. Schwarze Bürger wurden erstmals seit dem Ende der kurzen Befreiungsphase nach dem Bürgerkrieg wieder zu einer politischen Größe. Das veränderte den Süden grundlegend. Hatte es bis 1965 nur 100 gewählte schwarze Volksvertreter auf allen politischen Ebenen gegeben, so waren es 20 Jahre später knapp 5.000.
    50 Jahre sind vergangen seit der Verabschiedung des Voting Rights Act. Die politische Emanzipation der schwarzen Bevölkerung ist lange vollzogen – doch eine Serie von Polizeigewalt und Übergriffen auf schwarze Bürger erschüttert die Nation.
    Brutales Vorgehen der US-Polizei gegen Afroamerikaner
    50.000 Menschen aller Hautfarben waren im Dezember 2014 zum "Marsch für Gerechtigkeit" nach Washington, D.C. gekommen. Sie protestierten gegen ein Verhaltensmuster bei vielen lokalen Polizeieinheiten: ein unverhältnismäßig brutales Vorgehen besonders gegen Afroamerikaner.

    In New York war wenige Monate zuvor der Afroamerikaner Eric Garner durch den Würgegriff eines Polizisten erstickt. In Ferguson, Missouri wurde der 18-jährige Michael Brown von einem Polizisten erschossen. Walter Scott in North Charleston floh bei einer Verkehrskontrolle und wurde viermal in den Rücken geschossen. Ein Passant filmte den Vorgang mit seinem Handy – die Empörung schlug hohe Wellen. Der 25-jährige Freddie Gray in Baltimore kam bei einem brutalen Polizeitransport, einem sogenannten "rough ride", ums Leben. Und dies sind keine Einzelfälle.
    In der US-Kleinstadt Ferguson nimmt die Polizei einen schwarzen Demonstranten fest.
    In der US-Kleinstadt Ferguson nimmt die Polizei einen schwarzen Demonstranten fest, der gegen die Erschießung eines schwarzen Jugendlichen durch einen Polizisten im August 2014 protestiert. (AFP / Michael B. Thomas)
    In Ferguson war das Problem relativ augenscheinlich. In der Kommune Ferguson mit einem schwarzen Bevölkerungsanteil von 80 Prozent gab es unter 50 Polizisten nur drei Schwarze. In Baltimore liegt der Fall offensichtlich anders – hier gibt es eine schwarze Bürgermeisterin, viele schwarze Polizisten und Kurzem gab es auch einen schwarzen Polizeichef.
    Schwarze Jugendliche haben oft keine Chance
    Dennoch wird die schwarze Jugend in vielen innerstädtischen Bezirken benachteiligt und von der Polizei schikaniert, sagt Ryan Turner. Er ist Geschäftsführer der Akoben Foundation, einer kleinen Stiftung in Baltimore, die sich für verbesserte Bildung von Kindern aus Minderheiten-Familien einsetzt. "Was viele bei den Krawallen und Plünderungen nicht gesehen haben, war, dass es sich bei den Randalierern um Teenager handelte, die ihre jahrelange Frustration durch Gewalt zum Ausdruck brachten. Das waren nicht nur Gang-Mitglieder, sondern junge Leute, die sagten: 'Ihr habt uns jahrelang nicht zugehört!' Und dann haben sie eben die Sprache der Gewalt gesprochen."

    Das größte Problem sei die fehlende oder mangelhafte Bildung, ist Turner überzeugt. Schwarze Jugendliche hätten deshalb oft keine Chance aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Drogenkriminalität und Perspektivlosigkeit auszubrechen. Viele schwarze Jugendliche aus Problemvierteln etwa könnten nicht lesen, wenn sie die Schule verlassen, sagt Ryan Turner. Viele Eltern seien überfordert, selbst oft funktionale Analphabeten, könnten also kaum längere Texte lesen und verstehen; viele der Väter säßen im Gefängnis, berichtet Ryan Turner. Der Zusammenhang zwischen Analphabetentum und Armut sei evident: "70 Prozent der Sozialhilfeempfänger sind funktionale Analphabeten. 85 Prozent aller jugendlichen Straftäter sind funktionale Analphabeten. Wenn wir daran etwas ändern, dann werden wir auch die Zukunft unserer Stadt positiv beeinflussen."

    Doch Turner hat kein Vertrauen mehr in die Politikerschicht und die Stadtverwaltung von Baltimore, die sich vorwiegend aus schwarzen Demokraten zusammensetzt: "Wenn du an der Basis arbeitest, dann bist du im ständigen Kontakt mit den Menschen in der Nachbarschaft. Du bist mit ganzem Herzen bei der Sache. Sobald es eine Stufe höher geht und Gehälter und Dollars ins Spiel kommen, dann, so habe ich den Eindruck, wird die eigene Integrität aufgegeben zugunsten von Dollarzeichen auf den Schecks."
    38 Prozent der Gefängnisinsassen in den USA sind Schwarze
    Eine Demonstrantin gegen die Gewalt in Ferguson, aufgenommen in New York
    In New York und anderen Städten demonstrieren zahlreiche Menschen gegen die Gewalt gegen Schwarze. (picture alliance / dpa / Justin Lane)
    Doch nicht nur im Bildungsbereich sind schwarze US-Bürger oft im Nachteil – ähnliches gilt auch für das Justizsystem. Schwarze machen 12 Prozent der Bevölkerung der USA aus, aber 38 Prozent der Gefängnisinsassen. Barack Obama setzt sich daher für eine Justizreform ein: "Schwarze Amerikaner und Latinos stellen 30 Prozent unserer Bevölkerung, aber 60 Prozent der Gefängnisinsassen. Einer von 35 männlichen Schwarzen und einer von 88 Latinos sitzt derzeit im Gefängnis. Dagegen sitzt nur einer von 214 weißen Männern im Gefängnis."

    Diese Zahlen sind schon länger bekannt. Jetzt formiert sich jedoch langsam eine überparteiliche politische Bewegung für eine Strafrechtsreform. In den 1990er-Jahren, während der Crack-Epidemie, führten viele Bundesstaaten drakonische Strafen selbst für kleinere Drogendelikte ein. Wer in Kalifornien beispielsweise dreimal bei einem solchen Vergehen erwischt wird, und seien es nur wenige Gramm Marihuana, den muss der Richter qua Gesetz zu mindestens 25 Jahren Gefängnis verurteilen.

    Die Kritiker dieser Gesetzeslage weisen darauf hin, dass der Konsum von Kokain, der In-Droge der 1970er und 1980er, nicht zu einer solchen Gesetzeslage geführt habe - die Droge sei von der weißen Mittelklasse bevorzugt worden. Mittlerweile wird eine Strafrechtsreform auch von vielen Republikanern befürwortet. Das Problem ist schließlich kaum noch zu übersehen. Die USA stellen zwar nur 5 Prozent der Weltbevölkerung, 25 Prozent der Gefängnisinsassen weltweit aber sitzen in den Vereinigten Staaten ein. Die vollkommen ungleiche ethnische Zusammensetzung der Gefangenen wird zunehmend als eine tiefe gesellschaftliche Ungerechtigkeit empfunden.
    Obama fordert eine Justizreform
    Präsident Obama hatte es in seiner ersten Amtszeit vermieden, sich zu Fragen von Rasse und Ethnie zu äußern. Der erste schwarze Präsident legte Wert darauf, als Präsident aller Amerikaner wahrgenommen zu werden. Jetzt, am Ende seiner zweiten Amtszeit, benennt Obama die Probleme klarer.

    Zwar hat sich seit den 1960er-Jahren viel verändert: 85 Prozent der Afro-Amerikaner verlassen die Schule mit einem Abschluss. 1963 war es nur rund ein Viertel. Die Zahl der schwarzen Universitätsabsolventen hat sich verdreifacht, und die Armutsquote ist von 48 auf 28 Prozent gesunken. Doch die Arbeitslosigkeit ist immer noch doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Die schwarze Mittelklasse ist zwar stark gewachsen, die schwarze Unterschicht hingegen oft nach wie vor chancenlos.
    Mehr als eindimensionaler Rassismus
    Die Probleme schwarzer Bürger in den heutigen USA gehen über eindimensionalen Rassismus hinaus. Das Justiz- und Strafrechtssystem ließe sich relativ leicht ändern, sobald gesellschaftliche Mehrheiten dafür vorhanden sind. Im sozialen und im Bildungsbereich allerdings braucht es für Veränderungen und Erfolge einen langen Atem. Hier jedoch liegt für die schwarze Unterschicht der Schlüssel zum gesellschaftlichen Aufstieg.

    Sicher, auch die Wahl eines schwarzen Präsidenten löst längst nicht alle Probleme. Und dennoch: Für die meisten Afro-Amerikaner sei Obamas Amtszeit von großer Bedeutung, sagt der 69-jährige Clifton Casey, der 1963 beim Marsch auf Washington dabei war: "Wir haben große Fortschritte gemacht. Aber der größte Wandel in der Einstellung der Amerikaner gegenüber anderen Amerikanern zeigt sich in der Wahl von Präsident Obama. Er ist von der Mehrheit des Volkes gewählt worden. Die schwarze Bevölkerung alleine hätte ihn nicht ins Amt wählen können. Er brauchte die weißen Wähler. Er musste genug Leute überzeugen, dass er der richtige Mann für den Job ist, dass er qualifiziert und talentiert genug ist. Deshalb wurde er gewählt. Und genau so soll es ja auch sein."
    Obama bei seiner Rede zum 50. Jahrestages des brutal niedergeschlagenen Protestmarsches in Selma
    Obama bei seiner Rede zum 50. Jahrestages des brutal niedergeschlagenen Protestmarsches in Selma: Für die meisten Afro-Amerikaner ist Obamas Amtszeit von großer Bedeutung. (picture-alliance/dpa/ Dan Anderson)