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Roland Heinemann - Wie spricht man Journalist/Journalismus aus?

Es ist ein Kreuz mit der Aussprache des Wortes Journalist. Dabei, so sagt Roland Heinemann, Leiter der ARD-Aussprachedatenbank, gibt es hier gar kein richtig oder falsch.

Von Roland Heinemann | 23.08.2017
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    Der Duden gibt Anhaltspunkte für die Aussprache (Koldehoff)
    Was den Journalismus betrifft, so bin ich der Ansicht, es gibt sowohl den J[u]rnalismus als auch den J[o]rnalismus. In manchen Gegenden Deutschlands hört man sogar [tschu]rnalismus oder [tscho]rnalismus. Beides ist meiner Ansicht nach richtig. Warum das?
    Im 17. Jahrhundert - ungefähr - kam aus dem Französischen das Wort "Journal" im Sinne von "jeden einzelnen Tag bezeichnend oder betreffend" und wurde im Deutschen schnell zum Begriff für die Tageszeitung oder die Berichterstattung in gedruckter Form betreffend. Dieses französische Wort bekam also dann im Deutschen an und geriet unter den Druck des Deutschen, unter das Diktat des Deutschen und hat sich verändert. Wenn man [tscho]rnal sagt oder [tscho]rnalismus oder [tschu]rnalismus, dann ist man möglicherweise auch mundartlich gefärbt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.
    Aber - Dreh- und Angelpunkt ist vielleicht, dass manche Menschen heute glauben, man muss J[u]rnal sagen oder J[o]rnal. Auch das ist nicht ganz richtig. Spätestens nach Ende des zweiten Weltkrieges geriet die bundesrepublikanische deutsche Sprache unter den Druck der englischen und amerikanischen Sprache.
    Und da ist es natürlich ein J[o]rnal und ein J[o]rnalism.
    Wenn wir werten, wie viele Menschen fühlen sich heute gut bei J[o]rnal und wieviel bei J[u]rnal, dann wage ich noch nicht einmal zu prognostizieren, wieviel Prozentzahlen sich das ausdrücken lässt. Eher ist es doch schön, wenn wir gucken, wie verändert sich Sprache? Denn an diesem einen Wort kondensiert das, was wir als Sprachwandel bezeichnen. Und der passiert gerade jetzt. Und der passiert, weil Menschen miteinander sprechen, weil sie kommunizieren.
    Das schöne Wort von "da ist noch Luft nach oben" gilt in dem Fall nicht. Im Gegenteil - da gibt es keine Grenzen. Denn so facettenreich, wie die Menschen sind, so sind ihre Sprachen.