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70 Jahre Israel
Kibbuz zwischen Mythos und Gegenwart

Eng mit Israel verbunden ist die Idee des Kibbuzim. In diesen Dörfern sollte einst eine sozialistische Gemeinschaft entstehen. Heute wohnen nur noch sehr wenige Israelis dort. Viele der Hoffnungen ihrer Gründer haben sich erfüllt, manche der Träume bleiben unerreicht.

Von Benjamin Hammer | 17.04.2018
    Harte Feldarbeit: Junge Frauen bei der Landarbeit unter der brütenden Sonnen auf dem Feld eines Kibbuz in Israel. (undatierte Aufnahme)
    Harte Feldarbeit: Junge Frauen bei der Landarbeit unter der brütenden Sonnen auf dem Feld eines Kibbuz in Israel. (undatierte Aufnahme) (picture alliance / dpa / Heidi Sternberg)
    Ein Versammlungsraum im Zentrum von Tsuba. Der Rat des Kibbuz tagt, 35 Frauen und Männer. Die Stimmung ist angespannt. Heute wird entschieden, welche neuen Familien in den Kibbuz einziehen dürfen und wer eine Absage bekommt. Als Yael Kerem vor 40 Jahren nach Tsuba kam, wurde sie aufgenommen. Seitdem ist die gebürtige Südafrikanerin Teil der Gemeinschaft.
    "Hier in Tsuba sind viele Kinder aufgewachsen. Wenn sie Familien gegründet haben, wollen sie zurückkehren. Aber es gibt nicht genügend freie Häuser. Also müssen wir eine Auswahl treffen. Und das ist nicht leicht."
    Israel wird 70 Jahre alt. In den Kibbuzim wohnen nur noch die wenigsten Israelis. Aber immer noch stehen die Dörfer für die einstigen Träume der Staatsgründer. Viele ihrer Hoffnungen haben sich erfüllt. Manche der Träume bleiben unerreicht.
    In Tsuba herrscht noch immer Basisdemokratie, wie im Gründungsjahr 1948. Mehr noch: Alle Bewohner - oder Freunde, wie sie sich hier nennen - bekommen das gleiche Budget. Egal, ob sie in der Kantine arbeiten oder die Verwaltung des Kibbuz leiten.
    "Man wollte damals eine neue, eine bessere Gesellschaft aufbauen. Als der Staat gegründet wurde, kamen mit einem Mal Millionen von Menschen. Und viele Dinge mussten aus dem Nichts aufgebaut werden. In einer Kooperative konnten sich die Menschen helfen, sie waren füreinander da. Dahinter verbirgt sich das Prinzip eines Kibbuz: Jeder gibt so viel, wie er kann und bekommt was er braucht."
    Im Kibbutz Tsuba lebt die 88-jährige Ruth Keren. Sie hat graue Haare, lächelt, ist braun gebrant
    Im Kibbutz Tsuba lebt die 88-jährige Ruth Keren. (Benjamin Hammer)
    Ruth Keren war von Anfang an dabei im Kibbuz Tsuba. Sie ist 88 Jahre alt.
    "Das ist mein Zuhause. Hier bin ich im jungen Alter von 18 Jahren hergekommen. Ich habe hier geheiratet. Und hier habe ich fünf Mädchen zur Welt gebracht."
    Ruth Keren wurde 1930 in Berlin geboren. Drei Jahre später wanderte ihre jüdische Familie in das damalige Palästina aus. In jenem Jahr, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ermordeten die Nazis sechs Millionen Juden. Drei Jahre später, im Mai 1948, verkündete David Ben Gurion in Tel Aviv die Gründung des Staates Israel.
    "Während der gesamten Geschichte war das jüdische Volk auf der Welt zerstreut. Und wir haben gesehen, was den Juden angetan wurde und was in der Schoah geschah. Ein eigener Staat – das ist die Basis für das jüdische Volk. Israel ist ein Kern, der das jüdische Volk vereint."
    1948 war Ruth Keren Teil des Palmach, jener Miliz, die später in der israelischen Armee aufging. Viel Zeit zum Feiern hatten Ruth und ihre Mitstreiter nicht, als Ben Gurion die Staatsgründung ausrief.
    "Wir tanzten auf den Straßen und freuten uns. Aber sofort begannen die Kämpfe. Es gab keine Ruhe, die Kämpfe mit den Arabern begannen unmittelbar und die Leute, die im Palmach waren, waren Kämpfer. Ich habe dabei auch Freunde verloren."
    Staatsgründung wird mit Krieg beantwortet
    Unmittelbar nach der Staatsgründung griffen die Armeen von fünf arabischen Ländern Israel an. Einen jüdischen Staat im Nahen Osten wollten sie um jeden Preis verhindern. Israel gewann den Krieg. Doch noch heute, 70 Jahre später, haben die meisten arabischen Länder den jüdischen Staat in ihrer Nachbarschaft nicht akzeptiert. Und bis heute gibt es keinen Frieden mit den direkten Nachbarn der Israelis, den Palästinensern.
    Für jüdische Israelis ist der 70. Geburtstag ihres Staates ein Feiertag. Für die meisten Palästinenser ist es die "Nakba", eine Katastrophe. Hunderttausende Palästinenser flohen damals aus dem Gebiet, das heute Israel ist. Oder sie wurden vertrieben.
    Auch der israelische Schriftsteller Amos Oz hat eine Kibbuz-Geschichte. Mit 14 Jahren zog er von Jerusalem in den Kibbuz Hulda im Zentrum von Israel. Die Gründung des Staates Israel vor 70 Jahren erlebte er als kleiner Junge in Jerusalem.
    "Der 14. Mai 1948 war ein Freitag. Jerusalem stand damals bereits zwei oder drei Monate unter arabischer Belagerung. Ab und zu erreichten uns Versorgungskonvois. Und trotzdem litten wir an Hunger. In Jerusalem gab es damals auch kein sauberes Wasser. Stattdessen gab es Angst."
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    Der Schriftsteller Amos Oz, hier bei der Verleihung des Internationalen Literaturpreises Berlin am 08.07.2015. (picture alliance / dpa / Stephanie Pilick)
    Amos Oz hat einmal gesagt: "Ich liebe Israel". Aber er fügte hinzu, dass er das Land eigentlich nicht möge. Ein Bekenntnis in einem Land voller Widersprüche. Amoz Oz will den Status Quo in seiner Heimat nicht akzeptieren, die israelische Besatzung des palästinensischen Westjordanlandes etwa, die nun bereits fünf Jahrzehnte währt. Den seit mehr als 70 Jahren ungelösten Konflikt mit den Palästinensern. Dass es seit Jahren keine Verhandlungen mehr gibt zwischen Israelis und Palästinensern. Trotzdem wird er den 70. Geburtstag von Israel feiern.
    "Ich werde mein Glas erheben. Es ist nicht so, dass ich die heutige Zeit als Paradies empfinde. Aber ich wurde in der Zeit von Nazi-Deutschland geboren, von Hitler, Stalin, Mussolini. Ich wurde in einer kleinen Enklave geboren, in der sich verängstigte Juden befanden. Wir waren damals nur eine halbe Million. Wir hatten Hoffnungen, ja, aber keine klare Perspektive. Also: Unsere raue, blutige und grausame Welt von heute ist immer noch weniger rau, blutig und grausam als in den 1940er-Jahren."
    Yael Kerem sitzt im Speisesaal des Kibbuz Tsuba. Für ihr Mittagessen hat sie nur wenig bezahlt. Vieles hier wird vom Kibbutz übernommen. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich der Kapitalismus in Israel außerhalb der Kibbuzim rasant entwickelt. Viele haben von dem enormen Wachstum der Privatwirtschaft profitiert. Andere können sich die immer höheren Preise kaum leisten. Yaels Sohn ist nach Kanada ausgewandert, weil das Leben dort günstiger ist. Für Yael, eine bekennende Zionistin, ist das eine Katastrophe. In den vergangenen Jahren haben viele junge Israelis ihre Heimat verlassen, auch in Richtung Berlin. Dafür gibt es nicht nur finanzielle Gründe.
    Yael Kerem, Kibbutz Zikim
    Yael Kerem, Kibbutz Zikim (Benjamin Hammer / Deutschlandfunk)
    "Es gibt auch politische Probleme. Jedenfalls sieht die politische Linke Israels das so, die wir vertreten. Die Rechte ist stärker geworden. Und manchmal haben wir das Gefühl, dass der Staat in Sachen Demokratie oder Menschenrechte nicht in die Richtung geht, die wir uns wünschen. Vielen jungen Leute, die eher links stehen, fällt es dann schwerer, sich mit dem Staat zu identifizieren."
    Doch Yael Kerem ist und bleibt Patriotin. Der 70. Geburtstag des Staates ist für sie ein Feiertag. So sieht das auch Ruth Keren, die 88-jährige Pionierin von Tsuba. 1948 standen hier nur Zelte. Heute hat es die Gemeinschaft von 630 Bewohnern und eigenen Betrieben zu Wohlstand gebracht.
    "Es macht mich stolz, was wir hier erreicht haben. Aber nicht alles, was in diesem Staat passiert, macht mich glücklich. Wir haben immer noch keinen Frieden mit unseren Nachbarn. Ständig ist unsere Sicherheit bedroht. Wir hoffen, dass es Frieden geben wird. Dann wird es sowohl ihnen als auch uns besser gehen."
    Ständige Angst vor einem Angriff
    Lilach Gez vom Kibbutz Zikim.
    Lilach Gez vom Kibbutz Zikim. (Benjamin Hammer / Deutschlandfunk)
    Vier Uhr nachmittags in Zikim. Der Kibbuz liegt direkt am Mittelmeer. Bis zum Gazastreifen sind es nur drei Kilometer. Der Kindergarten sieht auf den ersten Blick ziemlich gewöhnlich aus. Aber dann bleibt der Blick am Dach hängen: Es ist mit schweren Betonplatten verstärkt. Und die Fenster bestehen aus Panzerglas. Wenn militante Palästinenser im Gazastreifen eine Rakete in Richtung Norden schießen, wird in Zikim fast immer Alarm ausgelöst - ein langsames, furchteinflößendes Heulen. Wenn sich die Kinder im Freien befinden, muss Lilach Gez schnell handeln. Sie ist die Kindergärtnerin der Dreijährigen. Um den Hals trägt sie eine Trillerpfeife.
    "Ich übe oft mit ihnen. Ich pfeife. Und dann wissen die Kinder, dass sie ins Haus müssen. Wenn es einen Alarm gibt, haben wir nur 15 Sekunden, um in den Kindergarten zu rennen und uns in Sicherheit zu bringen."
    Nicht weit vom Kindergarten entfernt führt eine Metalltreppe auf das Dach eines alten arabischen Landhauses. Heute befindet sich das Gebäude mitten im Kibbuz Zikim. Von oben hat man einen guten Rundumblick. Gabo Altmark ist vor 22 Jahren nach Israel eingewandert. Ursprünglich stammt er aus Uruguay.
    Gabo Altmark, Kibbutz Zikim
    Gabo Altmark, Kibbutz Zikim (Benjamin Hammer / Deutschlandfunk)
    "Da ist das Mittelmeer, dort das Elektrizitätswerk, von dem auch etwas Strom in den Gazastreifen kommt. Aschkelon ist hier im Norden, da geht's dann auch weiter nach Ashdod und Tel Aviv. Und diese ganzen Häuser dort drüben bis zum Meer, das ist schon der Gazastreifen. Man kann auch den Grenzzaun von hier aus sehen."
    Gabo Altmark sagt: Das hier sei einer der schönsten Orte in ganz Israel. Und ja, sagt er, das bleibe so, auch wenn der Ort manchmal bedroht sei. Vor vier Jahren kam es zur letzten kriegerischen Auseinandersetzung zwischen der israelischen Armee und der Hamas, jener islamistischen Organisation, die den Gazastreifen noch immer kontrolliert. Damals gab es Tage, an denen mehr als 50 Mal Alarm ausgelöst wurde und fünf Raketen im Kibbuz einschlugen. Verletzt oder gar getötet wurde dabei bisher niemand.
    "Der Körper handelt ganz automatisch. Wir sind schon so sehr daran gewöhnt, dass wir nur den Beginn der Sirene hören müssen. Und der Körper beginnt von allein zu handeln, entweder rennen wir in einem Schutzraum oder schmeißen uns auf den Boden."
    Den letzten Alarm in Zikim gab es vor wenigen Wochen. Ein Fehlalarm. Aber der Stress war wieder da. Israel kommt seit der Staatsgründung nicht zur Ruhe. Und während die Sicherheitslage in den meisten Orten des Landes aktuell eher gut ist, werden die Menschen in Zikim immer wieder daran erinnert: Der Konflikt mit den Palästinensern ist ungelöst.
    Gabo Altmark blickt in Richtung Gazastreifen. Während des letzten Krieges mit Israel vor vier Jahren wurden nach Angaben der Vereinten Nationen fast 1.500 palästinensische Zivilisten getötet. Israel und Ägypten halten den Küstenstreifen seit Jahren weitgehend abgeriegelt. Sie begründen das mit Sicherheitsbedenken. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist extrem schlecht. Das liegt auch an einem Machtkampf, den sich die rivalisierenden palästinensischen Parteien Hamas und Fatah liefern. Gabo Altmark sagt: Das alles fühle sich nicht gut an. Niemand könne sich freuen, wenn ein anderer leide.
    Spannungen nehmen zu
    In den vergangenen Wochen haben die Spannungen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel deutlich zugenommen. Die Palästinenser fordern eine Rückkehr in das Land ihrer Vorfahren, in das Gebiet, das heute Israel ist. Israel lehnt das ab. Bei Protesten an der Grenze wurden Dutzende Palästinenser erschossen. Israel sagt, man habe sich gegen Angreifer verteidigt. Die Palästinenser entgegnen, dass sie nur friedlich demonstrieren. Kommt es in diesem Jahr erneut zum Krieg? Gabo Altmark macht sich große Sorgen.
    "Ich habe das Gefühl, dass wir eine Gelegenheit verpassen. Was uns trennt, ist eigentlich nur ein Zaun. Und ich glaube, dass auch auf der anderen Seite jemand wie ich lebt, der sich eigentlich nur Frieden wünscht, einen Ort, an dem er Kinder aufziehen kann, wie Zikim auf dieser Seite. Je mehr Zeit vergeht, desto weiter entfernt liegt diese Lösung. Jeden Tag entfernen wir uns von einer Lösung mit dem palästinensischen Volk mehr."
    Das Wort Frieden taucht fünf Mal auf in der Unabhängigkeitserklärung von David Ben Gurion. Doch diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Das Wort Friedensprozess benutzt in der Region schon lange niemand mehr.
    In Israel gibt es über 250 Kibbuzim. Viele sind so alt wie Israel, manche älter. Doch auch hier gibt es enttäuschte Hoffnungen. Manche Kibbuzim mussten aufgeben, andere befinden sich in finanziellen Schwierigkeiten. Amos Oz zog es vor mehr als 60 Jahren in den Kibbuz Hulda, weil er die Gleichheit suchte, die Einheit. Heute haben sich drei von vier Kibbuzim vom sozialistischen Ansatz verabschiedet.
    "Was mit dem Traum passiert ist? Was mit jedem Traum geschieht. Wenn er einmal erfüllt ist, wird er fehlerhaft, enttäuschend. Diese Enttäuschung kann man nicht dem Kibbuz vorwerfen oder Israel. Es liegt in der Natur der Träume, die nun einmal scheitern. Der Kibbuz ist gescheitert, weil die Menschen nun einmal nicht gemacht sind, um wie Brüder und Schwestern zu leben."
    Vor sieben Jahren - 2011 - gingen zehntausende Israelis in Tel Aviv auf die Straße. Sie beklagten einen fehlenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie protestierten monatelang gegen die hohen Lebenshaltungskosten. Ein Grundnahrungsmittel der Israelis wurde zum Symbol der Proteste: Hüttenkäse. Der junge Israeli Lion David konnte sich den Käse zwar leisten. Aber er fand, dass er unverschämt teuer war. Also ging auch er auf die Straße.
    "Ich war mit meiner Frau bei den Hüttenkäse-Protesten dabei. Eines Abends sagte ich: Ich kann es nicht fassen, dass wir all das tun, damit der Hüttenkäse einen Schekel billiger wird. Es muss ein richtiger Wandel her. Es muss sich etwas grundsätzlich ändern. Und da merkten wir: Unsere Alternative ist der sozialistische Kibbuz."
    Kibbuz Revivim ist sozialistisch organisiert
    Der Frühling in der Wüste Negev fühlt sich an diesem Tag eher nach Hochsommer an. Es ist heiß, in einem riesigen Stall werden gerade die Kälber versorgt. Die Mitglieder der Gemeinschaft folgen seit Jahrzehnten dem Aufruf des Staatsgründers Ben Gurion: Der hatte die Israelis aufgerufen, die Wüste zu besiedeln und sie urbar zu machen. In den kommenden Jahrzehnten bleibt vielen Israelis auch nichts anderes übrig: Die Bevölkerung wächst so rasant, dass im Zentrum des Landes der Platz knapp wird. Pläne für große Städte, mitten in der Wüste, hat die Regierung in Jerusalem längst entworfen.
    Revivim ist ein reicher Kibbuz mit mehreren Fabriken. Und trotzdem ist er einer der letzten verbleibenden Kibbuzim, die kollektiv organisiert sind. Was hier erwirtschaftet wird, wird geteilt. Das ist es, was Lion David in die Wüste zog.
    Lion David, Kibbutz Tsuba
    Lion David, Kibbutz Tsuba (Benjamin Hammer / Deutschlandfunk)
    Lion David hat in Revivim etwas geschaffen, was man normalerweise in Tel Aviv erwarten würde: ein Zentrum für angehende Gründer. Start-ups vom Land und aus der Wüste. Magdera – Brutstätte hat er sein Projekt genannt. Die Hühner von Revivim leben gleich nebenan. An einem Computer sitzt ein junger Mann und tippt Programmiercodes ein. Auf einem Tresen steht Gemüse – frisch vom Feld in Revivim. Lion David war schon früher ein erfolgreicher Manager. Er lebte in Tel Aviv und New York. Aber dann hatte er genug.
    "Wir kamen her, weil wir etwas ändern wollten. Der Kibbuz war für uns das genaue Gegenteil von Tel Aviv. Die Wirtschaft ist sozialistisch. Man hat nicht wirklich was mit Geld zu tun. Es ist doch so: Wenn Du ein Start-up wegen des Geldes gründest, wirst Du keinen Erfolg haben. Und was wirklich zählt im Leben, sind die die Familie und die Gemeinde."
    Lion David hat sich dem Kibbuz verschrieben. Falls Madgera ein großer finanzieller Erfolg wird, hat er persönlich kaum etwas davon. Der Gewinn geht an den Kibbuz. Aber, sagt Lion, er wisse, dass sich in der Gemeinschaft immer jemand um seine Kinder kümmert. Dass sie abgesichert sind.
    Sollen nun alle Israelis in einen Kibbuz wie Revivim ziehen? Nein, sagt Lion David. Das sei nicht realistisch. Er hofft aber, dass ganz Israel einige der Ideale übernimmt. Und er will zeigen, dass der klassische Kibbuz in Israel eine Zukunft hat. Was wünschen sich die Kibbuz-Bewohner von der Zukunft ihres Landes?
    "Schalom." Von Amos Oz ist es die kürzeste Antwort im ganzen Gespräch. "Peace."
    Frieden. Schalom. Viele haben die Hoffnung beinahe aufgegeben. Gabo Altmark zum Beispiel, der im Kibbuz Zikim an der Grenze zum Gazastreifen lebt. In den kommenden Wochen könnten die Spannungen an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen noch zunehmen. Und damit auch in Zikim. Den Kibbuz zu verlassen, das ist für Gabo Altmark dennoch undenkbar.
    "Wir haben hier unser Leben aufgebaut. Wir gehen hier nicht weg. In der Hoffnung, dass es irgendwann Frieden geben wird. Es ist schwierig. Aber wir bleiben. So ist es seit der Staatsgründung."