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70 Jahre Kriegsende
Gedenken an sowjetische Gefangene

Bundespräsident Gauck hat das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen zum zentralen Punkt seines Weltkriegs-Gedenkens gemacht. 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges dankte er der Sowjetunion für ihren Anteil an der Befreiung von der Nazi-Herrschaft.

06.05.2015
    Bundespräsident Joachim Gauck spricht am 27.01.2015 am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, während einer Gedenkstunde des Bundestages im Reichstagsgebäude in Berlin.
    Bundespräsident Joachim Gauck (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Bundespräsident Joachim Gauck hat den Tod von mehreren Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen als eines der größten Verbrechen der Nazizeit verurteilt. Bei einer Gedenkfeier im westfälischen Schloß Holte-Stukenbrock sagte Gauck: "Millionen von Soldaten der Roten Armee sind in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben gebracht worden - sie gingen an Krankheiten elendig zugrunde, sie verhungerten, sie wurden ermordet."
    Zugleich dankte Gauck den Westalliierten und der Sowjetunion, dass sie vor 70 Jahren gemeinsam Deutschland zur Kapitulation gezwungen und von der Nazi-Diktatur befreit hätten. Laut vorab verbreitetem Redemanuskript sagte er: "Wir Nachgeborenen in Deutschland haben allen Grund, für diesen aufopferungsvollen Kampf der ehemaligen Gegner in Ost und West dankbar zu sein. Er hat es möglich gemacht, dass wir in Deutschland heute in Freiheit und Würde leben können."
    In dem Kriegsgefangenenlager "Stalag 326 Senne" waren mehr als 300.000 Gefangene inhaftiert, etwa 65.000 von ihnen kamen ums Leben.
    Das grauenhafte Schicksal liegt in einem "Erinnerungsschatten"
    Durch die unbarmherzige Behandlung, die die insgesamt 5,3 Millionen Sowjetsoldaten in deutscher Gefangenschaft erlitten, sei deutlich mehr als die Hälfte von ihnen ums Leben gekommen, sagte Gauck.
    Der Bundespräsident hatte zu der Gedenkfeier auch Diplomaten aus Ländern eingeladen, die Teil der ehemaligen Sowjetunion waren. Auch ein Überlebender des Lagers, Leo Frankfurt (93) und Angehörige eines gestorbenen Lagerhäftlings sollten teilnehmen.
    Das grauenhafte Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland liege bis heute in einem "Erinnerungsschatten", sagte Gauck. Durch die Besatzungs- und Expansionspolitik der Sowjetunion sowie die Errichtung einer kommunistischen Diktatur im Osten Deutschlands hätten sich diejenigen bestätigt gesehen, "die wegschauen und sich nicht erinnern wollten". Auch die Erinnerung an den Völkermord an den Juden habe die Auseinandersetzung mit den anderen Verbrechen überlagert.
    (pg/tzi)