Dienstag, 23. April 2024

Archiv


80 Organisationen fordern konsequenten Klimaschutz

Zum Auftakt der Klimaschutzkonferenz auf Bali ist in Berlin die Klima-Allianz an die Öffentlichkeit getreten - ein Zusammenschluss von rund 80 Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Entwicklungshilfe, Landeskirchen und Verbraucherorganisationen. Die Klima-Allianz wollte noch einmal Flagge zeigen, nachdem die internationale Staatengemeinschaft ihre Verhandlungen auf Bali begonnen hat.

Von Philip Banse | 03.12.2007
    Das Anliegen der Klima-Allianz formuliert Roland Hipp, Kampagnengeschäftsführer von Greenpeace, so:

    "Der Druck über die Bevölkerung auf die Politik muss erhöht werden. Denn es ist die Frage, ob es den politischen Willen gibt, Klimawandel aufzuhalten und Klimaschutz zu betreiben."

    Aus diesem Grund ruft die Klima-Allianz zu einer Demonstration auf: Am kommenden Samstag sollen Menschen für mehr politischen Druck in Richtung Klimaschutz demonstrieren, und zwar in Berlin und am Braunkohlekraftwerk Neurath. Die Bundesregierung sagt: Wir machen in Bali Druck, wir haben in Meseberg ein ambitioniertes Klimaprogramm beschlossen, verabschieden die Gesetze dazu diese Woche im Kabinett. Dem halten Greenpeace und die Klima Allianz entgegen:

    "Das ist von der Herangehensweise der richtige Weg. Nur wenn man sich mal die Details anguckt, wenn man die Gesetzesentwürfe anguckt, wenn man guckt, was nach den Ressort-Abstimmungen dabei raus gekommen ist, dann kann man definitiv sagen, dass die Bundesregierung diese 270 Millionen Tonnen C02, die sie einsparen wollten bis 2020, definitiv nicht erreichen wollen. Sie selber sind schon am Rückwärtsrudern, sprechen von 215 Millionen Tonnen und wir sagen, es sind noch einige Millionen Tonnen weniger, die erreicht werden."

    Dass mit den Meseberger Beschlüssen das offizielle deutsche Ziel: 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020, nicht erreicht werden kann, bestreitet nicht einmal mehr die Bundesregierung. Die Maßnahmen seien aber ein wichtiger Schritt in diese Richtung, sagt beispielsweise Michael Müller, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Der nächste wichtige Schritt wäre aus Sicht von Greenpeace:

    "Wir haben derzeit Pläne auf dem Tisch, 24 neue Kohlekraftwerke in Deutschland zu bauen. Das sind absolut kontraproduktive Maßnahmen, um Klimaschutz zu betreiben. Gerade Kohlekraftwerke haben die größten Emissionen. Das heißt, die Bundesregierung darf diese Pläne der Energiewirtschaft nicht weiter unterstützen, sondern muss endlich mal anfangen, gegen diese Pläne vorzugehen. Diese Anzahl ist viel zu hoch, die muss drastisch reduziert werden, um überhaupt im Jahr 2020 auf 40 Prozent Reduktion zu kommen."

    Nur so könne die Bundesrepublik der von ihr beanspruchten internationalen Vorreiterrolle gerecht werden, argumentiert die Klima-Allianz. Denn heute beginnen ja in Bali die die Verhandlungen für ein Nachfolge-Regime für das Kyoto-Protokoll. Eine Schlüsselfrage ist: Wie können die Schwellen- und Entwicklungsländer in den Klimaschutz eingebunden werden? Angela Merkel hat da einen Vorschlag gemacht: Jeder Mensch bekommt das Recht, die gleiche Menge CO2 auszustoßen - egal wo er lebt. Im Gespräch sind 2 Tonnen CO2 pro Jahr. Da würde für die Industrieländer spürbare Einschnitte bedeuten: Denn ein Amerikaner verbraucht heute jährlich 20 Tonnen CO2, ein Deutscher rund zehn Tonnen, ein Afrikaner produziert dagegen nur 0,7 Tonnen CO2. Für diesen Ansatz gab es heute Lob von Greenpeace:

    "Das ist sehr realistisch und dafür haben wir Frau Merkel auch sehr gelobt, dass mal auf der internationalen Ebene einzuführen. "

    Denn damit ließe sich das große Ziel erreichen, an dem sich ein Nachfolgeprotokoll von Kyoto messen lassen müsse, so Roland Hipp von Greenpeace:

    "Der größte Rahmen, den wir brauchen ist: Reduzierung der weltweiten Emissionen bis 2050 um 50 Prozent. Das heißt aber für die Industrienationen bis 2050 80 Prozent und mit der Zwei-Tonnen-Regelung würde man etwa in diesen Bereich kommen."

    Auch Entwicklungshilfe-Organisationen begrüßen diesen Pro-Kopf-Ansatz. Wer mehr als zwei Tonnen pro Einwohner in die Luft bläst, muss sich die Rechte dafür bei Ländern kaufen, die unter zwei Tonnen liegen. So ein System könnte es für Schwellen- und Entwicklungsländer attraktiv machen, sich am weltweiten Klimaschutz zu beteiligen, sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von Brot für die Welt:

    "Das basiert auf dem Prinzip der Gerechtigkeit, gibt den Entwicklungsländern noch eine Menge Entwicklungschancen, weil die sind noch lange nicht bei den zwei Tonnen, während wir sie längst überschritten haben. Dagegen: Alles, was bisher angedacht war, eigentlich bedeutet: Der Norden macht weiter wie er will und die Schwellenländer werden einfach gedeckelt."

    Darüber hinaus müssten die Entwicklungsländer Geld bekommen, für Investitionen in Klimaschutz-Technologien, und zwar zusätzlich zur Entwicklungshilfe. Außerdem müssten diese Länder Geld bekommen, wenn sie Wald nicht abholzen, so Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von Brot für die Welt.