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Aberkannte Meistertitel, fliehende Top-Stars und finanzieller Ruin

Es ist der größte Skandal, der je über den italienischen Nationalsport Fußball hereingebrochen ist: eine gigantische Affäre um getürkte Spiele, gekaufte Spieler und Schiedsrichter, bestochene Linienrichter, illegale Spielgewinne. Am Donnerstag wird der Prozess eröffnet, an ungewöhnlichem Ort: Das Sportgericht trifft sich im Olympiastadion in Rom, um zu entscheiden, was mit den Schuldigen geschehen soll.

Von Karl Hoffmann | 27.06.2006
    Spannend war die Partie bis zur letzten Minute, aber so richtig wohl fühlten sich die italienischen Fans nicht. Die hochgelobten Kicker ihrer Nationalmannschaft gaben auch gestern beim Spiel gegen Kaiserslautern keine besonders gute Figur ab.

    " Also doll finde ich die Mannschaft nicht, bisher hat sie nicht gut gespielt. Hoffen wir, dass sie sich auch dieses Mal wie schon in der Vergangenheit steigern."

    Italiens Fans sind merkwürdig zurückhaltend. Sie scheinen gelähmt von der brütenden Hitze, sitzen träge vor den Bildschirmen in vielen Bars und Straßencafes, und die richtige Stimmung will einfach nicht aufkommen. Aber daran hat nicht nur das Wetter schuld und die wenig mitreißende Nationalmannschaft schuld, sondern auch der größte Skandal, der je über den italienischen Nationalsport hereingebrochen ist: eine gigantische Affäre um getürkte Spiele, gekaufte Spieler und Schiedsrichter, bestochene Linienrichter, illegale Spielgewinne. Ein derart schamloser Betrug der Fußballmacher, dass es den Fans regelrecht die Sprache verschlagen hat.

    " Besser man hält den Mund. Na ja, man hat ja schon seit geraumer Zeit was geahnt. Dass bestimmte Mannschaften mit den Schiedsrichtern unter einer Decke steckten. Aber gleich in solch einem Ausmaß? Ein einziger Sumpf. Was jetzt geschehen soll? Nun sie müssen die Vorschriften anwenden, wie das hier und da auch schon der Vergangenheit geschah. Und man darf auch vor Juventus nicht Halt machen."

    Juventus, der traditionsreiche Verein der Automobilstadt Turin, dessen neuer Manager, Gianluca Pessotto, heute Nachmittag einen Selbstmordversuch unternommen hat, steht ganz vorne im Rampenlicht des Skandals. An dem 29. Meistertitel, den die Kicker in den Vereinsfarben schwarz-weiß gerade noch rechtzeitig vor der WM eingefahren haben, wird sich das Team aber wohl nicht lange freuen können. Der Saisonsieg 2006 war ebenso gefälscht wie der im Jahr davor. Das haben in mühsamer Kleinarbeit Staatsanwälte aus Neapel herausgefunden, die mehrere Mobiltelefone abhörten und damit alle Hände voll zu tun hatten. Sie gehörten Luciano Moggi, Generaldirektor von Juventus. Er dürfte gute Aussichten auf einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde haben: Von seinem Handy aus hat er in den acht Monaten der richterlichen Abhörmaßnahmen an die 100.000 Telefonate geführt, durchschnittlich fast 500 pro Tag, und dabei zum Beispiel folgende Episode seinem Gesprächspartner erzählte

    Zitat Seite 177 Protokolle
    " Ich will, dass sie den Schiedsrichter Paparesta sofort vier bis fünf Wochen lang sperren, ich habe ihm bereits ordentlich die Leviten gelesen. Und dann sind die Linienrichter dran. Solche Leute müssen ordentlich bestraft werden."

    Inzwischen haben sich die Korruptionsverwicklungen bei Juventus so zugespitzt, dass der neue Manager des umstrittenen Fußballvereins, Gianluca Pessotto, heute Nachmittag einen Selbstmordversuch unternommen hat - nach jüngsten Berichten soll er ihn überlebt haben.

    Eine winzige Episode, die aber keinen Zweifel erlaubt: Luciano Moggi hatte die italienische Fußballliga fest in der Hand. In seinen unzähligen Telefongesprächen, von denen nur ein geringer Teil zu Papier gebracht wurde, weil den Ermittlern die Schreibkräfte fehlten, gab er landesweit Anweisungen: den Trainern, welche Spieler eingesetzt werden sollten, den Schiedsrichtern, wen sie vom Platz zu stellen hatten, den Linienrichtern, wann sie ein Abseits anzeigen sollten. Luciano Moggi, den der inzwischen verstorbene Fiat-Chef und Vereinspräsident Gianni Agnelli für die groben Arbeiten bei Juventus eingestellt hatte, war bis zur grauen Eminenz im Fußballgeschäft aufgestiegen, zum Nutzen des eigenen und einiger anderer Vereine. Zum Schaden der Fans, der Totospieler und der sowieso schon eher geringen Restmoral im Fußballzirkus. Dass da massiv getürkt wurde, das war schon in der Vergangenheit immer wieder mal in Andeutungen zu hören. Aber die Schamlosigkeit, mit der treue Fans veräppelt wurden, ist kaum zu fassen.

    " Vor allem für die wahren Tifosi ist das schlimm. Die fühlen sich doch jetzt alle betrogen. Nach diesen skandalösen Enthüllungen, und wer weiß, wie lange das schon so geht. Jahrelang ist das unter der Decke gehalten worden. Die Fußballverantwortlichen haben all jene hinters Licht geführt, denen der Sonntag im Stadion etwas bedeutet. Ein einziger Verrat ist das."

    Dass im italienischen Fußball nicht alles nach den Regeln der Fairness ablief, dass der Ball, die Spieler und die fußballbegeisterten Italiener das eine Paar Stiefel waren, das andere aber die Bedürfnisse der einzelnen Vereine, Spiele zu gewinnen und damit finanzielle Notlagen zu lösen, begann man schon vor geraumer Zeit zu ahnen. Im Jahr 2003 schwebte der Pleitegeier über der teuersten Fußballliga der Welt. Lazio Rom konnte sich nur durch eine Kapitalerhöhung retten, bei der Fiorentina, traditionsreicher Club in der Hauptstadt der Toskana, war dagegen nichts mehr zu machen. Der A-Klasse Club war am Ende, die Spieler wurden entlassen. In der C-Liga musste er von vorne anfangen. Anderen Vereinen wäre es genauso ergangen, hätte die Regierung nicht ein spezielles Steuerpaket für Not leidende Fußballvereine erlassen, das es erlaubt, die roten Zahlen auf die nächsten zehn Jahre zu verteilen und so den sofortigen Bankrott einstweilen aufzuschieben.

    Auch Berlusconi, zur damaligen Zeit Italiens Ministerpräsident, profitierte von der Verordnung, denn auch er hatte als Besitzer von AC Mailand Verluste gemacht. 59 Millionen Euro musste er aus dem eigenen Geldbeutel lockermachen. Die Negativ-Bilanz der gesamten ersten Liga wies 948 Millionen Euro Verluste auf. Die Bilanzen der Vereine blähten sich auf, seit sie in Wirtschaftsunternehmen umgewandelt und fortan ausschließlich gewinnorientiert geführt wurden. Alle wollten den großen Reibach machen. Aber statt sich um solide Einnahmequellen zu bemühen, etwa Stadien auszubauen und die Fangemeinde zu pflegen, wurde schnell verdientes Geld in immer höhere Gagen umgesetzt.

    Das ganz große Geschäft hofften die Vereine mit dem Pay-TV zu machen, die beiden Anbieter Telepiu und Stream versprachen zweistellige Millionsummen pro Saison. Im Vorgriff auf solch künftige Einnahmen wurden auf Teufel komm raus Spieler gekauft, doch das italienische Publikum interessiert sich anfangs nur begrenzt für das teure Pay-TV, Telepiu und Stream machten alleine im Jahr 2000 600 Millionen Euro Verlust. Um die Bilanzen zu schönen, hatten die Vereine den Trick der aufgeblähten Ablösesummen erfunden. Da wurden Spieler für astronomische Summen gewechselt, die aber nur auf dem Papier stehen. Der Marktwert der A-Klasse-Spieler betrug zeitweise nur die Hälfte des Kapitals, das die Vereine in ihre Bilanzen geschrieben hatten: 950 Millionen statt der angeblichen 1,9 Milliarden Euro. Luciano Moggi meldete sich zu Wort:

    " Ich höre immer, man müsse neue Vorschriften einführen. Dabei wäre es viel besser die Funktionäre der einzelnen Fußballvereine auszuwechseln. Die reißen das Maul allzu weit auf, ohne das etwas dahinter steckt."

    Für Insider war die Botschaft klar: Wer wegen Geldschwierigkeiten aus der Reihe tanzte, bekam noch ganz andere Schwierigkeiten vom mächtigen Moggi, Manager des Erfolgsvereins Juventus Turin, der wie eine Spinne im Netz saß und alle Fäden des italienischen Fußballs in der Hand hatte. So zum Beispiel den lukrativen Handel von Spielern und Trainern. Sein Sohn Alessandro leitete das blühende Geschäft dank der Protektion des Vaters mit einer Mischung aus Chuzpe und reiner Unschuld:

    " Dass ich der Sohn eines wichtigen Mannes bin, na ja, das ist eben so. Aber das kann man mir wohl nicht zum Vorwurf machen. Was nun unsere Monopolstellung anbelangt und den angeblichen Machtmissbrauch - also da sage ich nur: wir spielen mit offenen Karten. Ich halte es für durchaus normal, dass ein Verein wie Juventus mich um Rat bittet, wenn es um Verhandlungen mit Spielern geht. Ich tue nur meine Arbeit."

    Man muss das noch einmal überdenken: Alessandro Moggi findet es völlig normal, dass sein Vater, der nicht nur Juventus leitet, sondern die gesamte Landesliga unter seiner Fuchtel hat, seinen eigenen Sohn mit dem Großteil des Handels von Spielern betraut. Die beste Möglichkeit, die vorderen Plätze einer Landesmeisterschaft schon zu Beginn der Saison zu verteilen, indem man den Mannschaften bestimmte Spieler verkaufte oder auch mal verweigerte. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Wie der Sportrichter Dario Canovi:

    " Die Geschäfte mit den Spielern besorgte die Verwandtschaft der Führungsspitze von Juventus, des Direktors jener Bank, der die Transfersummen finanzierte, unter anderem auch der Sohn eines ehemaligen Ministerpräsidenten. Bei so viel Macht, die sonst niemand auf dem italienischen Fußballmarkt hatte - und jeder Menge Interessenskonflikte - also da muss man doch erheblichen Zweifel haben, dass es da noch mit rechten Dingen zuging."

    Der Sportrichter Dario Canovi hatte nur einen - wenn auch sehr konkreten Verdacht - der bestätigte sich aber erst, als die ordentliche Strafjustiz ermittelte - mit einer massiven Abhöraktion. Nach Monaten des Lauschens hatte der Untersuchungsrichter Giuseppe Narducci in Neapel, der Heimat von Moggi - Vater und Sohn - Beweismaterial zusammengetragen, das die schlimmsten Erwartungen bei weitem übertraf.

    Die vielen abgehörten Telefongespräche führten zu Spielern, Trainern, Vereinsfunktionären, Politikern, Schiedsrichtern, Buchmachern, Polizisten, Journalisten und Finanzbeamten. Alle hingen sie in Moggis Netz. Sie fügten sich in ihr Schicksal, aus Geldgier, Machtwahn, aus persönlicher Eitelkeit oder purem Opportunismus. Diese straffe und machtvolle Organisation des Fußballs, des fünftwichtigsten Industriezweiges Italien, erinnerte fatal an die Gepflogenheiten der Mafia. Meinte Richter Narducci:

    " Nach unseren Erkenntnissen hat diese kriminelle Organisation das System des Profifußballs in Italien kontrolliert und ist dabei sogar von Vertretern des Staates unterstützt worden. Die wesentlichen beteiligten Vereine sind Juventus, AC Mailand, Lazio und Fiorentina."

    Jetzt war die Katze aus dem Sack. Unter dem Druck der Vorwürfe nahm ein Großteil der ertappten Übeltäter schnell ihren Hut. Als vorläufig Letzter ging erst vor wenigen Tagen der Vizepräsident von Berlusconis Club AC Mailand und Vorsitzender der Profiliga "Lega Calcio", Adriano Galliani. Nicht so sehr disziplinarische Maßnahmen des Fußballverbandes fürchten sie, sondern die Ermittlungen der Strafjustiz.

    Weil bei den Manipulationen ja auch viel Geld im Spiel war, wird aus den unsportlichen Verfehlungen ein ganz normaler mittelschwerer Straftatbestand: Kriminelle Vereinigung zum Zwecke von Betrügereien in großem Stil. Die Untersuchungen übernahm kein geringerer als der gefürchtete Mailänder Staatsanwalt Francesco Saverio Borelli. Der einstige Chef der Staatsanwälte von "Tangentopoli", dem Mailänder Schmiergeldskandal der 90er Jahre, akzeptierte den Fall, obwohl er bereits seit einigen Jahren in Pension ist. Prompt hat der Fußballskandal den Beinamen Calciòpoli bekommen. Auch für den ehemaligen Starankläger Antonio di Pietro im Fall Mani Pulite sind die Parallelen zum damaligen Schmiergeldskandal offensichtlich, wie er jüngst in einem Hörfunkinterview erklärte.

    " Auch damals wurde jemand in flagranti bei der Annahme von Schmiergeldern erwischt. Das war endlich der sichtbare Beweis für Zustände, über die man lange gemunkelt hat. Dank zahlreicher abgehörter Telefonate wurde nun endlich klar, was viele bis dato nur vermutet hatten. Diese Maßnahmen waren am Ende der Hebel, mit dem sich die Tür zu einer wahren Schlangengrube öffnen ließ, ein Zustand, den man hätte verhindern können, hätte man entschiedener vorgebeugt. Und wenn man den Saustall nicht gleich ausmistet, dann endet das ganze wie Tangentopoli: Die Verantwortlichen kommen glimpflich davon, in der Kritik stehen nur noch die Ermittler."

    Eigentlich dürfte es dazu nicht kommen, denn die Beweise für den Schindluder liegen klar auf der Hand. Unabhängige Marketing- und Verbraucherinstitute haben anhand von Kameraaufzeichnungen rund 400 Schiedsrichterentscheidungen aus den Jahren 2002 bis 2004 nachgeprüft und sind zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen:

    Ein Viertel aller Spiele wurde durch falsche Schiedsrichterentscheidungen beeinflusst, insgesamt 199 Punkte hätten in zwei aufeinander folgenden Spielzeiten anders verteilt werden müssen. Ohne die manipulierten Entscheidungen hätte beispielsweise der Verein aus Udine anstelle des AC Mailand die Champions League erreicht. Die Mannschaft aus Bologna - sie hat sich offenbar nicht am betrügerischen System beteiligen wollen - wurde um acht Punkte betrogen und fiel dank korrupter Schiedsrichter von einem sicheren Uefa-Cup-Platz so weit zurück, dass sie sogar den Abstieg fürchten musste, was dem wirtschaftlichen Ruin gleichkommt. Beim Abstieg in die B-Klasse verliert ein Verein unweigerlich 40 bis 45 Prozent seines Wertes.

    Das Zugehörigkeitsgefühl zum Lieblingsclub ist eines der tieferen Geheimnisse der italienischen Seele. Die Vereinsfarben sind ihr wichtiger als jede Nationalflagge, Freud und Leid der Lieblingsmannschaft bestimmen Woche für Woche die Stimmung der eingefleischten Fans. Dass ausgerechnet Juventus Turin unter dem Falschspieler Moggi zur Leitfigur der Fußballmafia verkommen musste, ist besonders tragisch. Juventus ist der erfolgreichste und beliebtestes Club Italiens und hat wohl mehr als zehn Millionen Anhänger im ganzen Land.

    Für viele von ihnen ist deshalb auch so mancher italienische WM-Teilnehmer nach neustem Erkenntnisstand eine eher peinliche Angelegenheit, angefangen beim Trainer Marcello Lippi: Er war stets ein enger Freund von Oberdrahtzieher Luciano Moggi, genau wie dessen Sohn Alessandro ist auch Lippis Sprössling munter im Spielergeschäft zugange, ein Interessenkonflikt ersten Ranges. Weshalb kritische Beobachter wie der Journalist Gianni Riotta schon vor Beginn der WM einen Neuanfang gefordert haben.

    " Natürlich müssen wir bei der WM mitmachen, aber mit einem neuen Trainer und neuen Spielern. Und dann die neue Saison in Italien beginnen - je nachdem welche Mannschaft zur Strafe deklassiert wird. Die B- und C-Klasse sind keine Schande oder gar die Hölle, wer büßen muss, fängt dort von vorne an, damit der Fußball wieder sauber wird."

    Noch viel radikaler ist Don Gianpaolo Omezzano, ein Priester und angesehener Kenner der Fußballszene aus den Reihen der katholischen Kirche.

    " Die italienische Nationalmannschaft hätte gar nicht bei der WM antreten dürfen, aus Taktgefühl und wegen kompromittierter Personen wie Lippi oder Cannavaro. Jetzt, wo sie doch mitmacht, wünsche ich mir nur, dass unsere Mannschaft verliert. Denn ich habe die tiefe Befürchtung, dass jeder Sieg wie ein Betäubungsmittel wirkt, der die wahren Zustände verschleiert. Ein möglicher Erfolg bei der WM käme einer sofortigen Amnestie im Fußballskandal gleich. Ein abscheulicher Gedanke. Ganz Italien scheint sich an diesen Schweinestall zu gewöhnen, der unser Fußball geworden ist, dieser angeblich so hervorragende, weltbeste, hochangesehene Fußball. Ich verachte diesen Fußball, gerade weil ich den Sport so liebe. Der Fußball ist heute doch kein Sport mehr, sondern ein einziger Saustall."

    Um den auszumisten wird am kommenden Donnerstag ein Prozess eröffnet und zwar an ungewöhnlichem Ort. Das Sportgericht trifft sich im Olympiastadion in Rom, um den 197 Seiten langen Untersuchungsbericht des Ermittlers Borelli zu beraten. Und um zu entscheiden, was mit den Schuldigen geschehen soll. Vier Vereinen droht der Zwangsabstieg:

    Juventus, AC Mailand Lazio Rom und Florenz. 26 Personen werden möglicherweise für Jahre oder gar den Rest ihres Lebens aus dem Fußballzirkus verbannt. Geldstrafen drohen und natürlich die Rückgabe der zu Unrecht eingestrichenen Pokalsiege. Damit es nicht ganz so schlimm wird, hofft der eine oder andere Fan auf ein Wunder aus dem Ausland:

    " Hoffen wir mal, dass das schnell vorüber ist. Solche Mauscheleien gibt es im übrigen doch überall wie in Italien, so auch in den anderen europäischen Ländern. Hier in Italien hat man sie nur zuerst aufgedeckt, jetzt ist dann Deutschland dran und danach Frankreich, man wird schon sehen, nach und nach kommt das alles hoch."

    Solche Genugtuung über die schmutzige Wäsche der anderen blieb bisher jedoch rar. Lediglich aus Vietnam konnte man italienische Verhältnisse vermelden. Dort stehen 17 Schiedsrichter und Trainer vor dem Richter, weil sie die letzte Saison manipuliert hatten. Die vorgesehenen Strafen von bis zu 20 Jahren Haft sind allerdings überhaupt kein Maßstab für Italien. Mit Gaunern, und seien sie noch so unverschämt, verfährt man gnädig in Italien. Und wer weiß, vielleicht behält der Fußballpriester Don Gianpaolo am Ende recht: Sollte Italien die WM gar gewinnen, dann wird Calciopoli vom Siegestaumel weggewischt und in Vergessenheit geraten.

    Der Schiedsspruch ist schon mal sinnigerweise auf den 9.Juli festgesetzt, dem Tag des WM-Finales. Die ersten Anzeichen konnte man gestern Nachmittag spüren. Nach dem Elfmeter am Ende einer wahren Zitterpartie gegen Australien war die Welt der italienischen Fans wieder etwas heiler.
    Luciano Moggi, Ex-Manager von Juventus Turin, im italienischen Fernsehen
    Luciano Moggi, Ex-Manager von Juventus Turin, im italienischen Fernsehen (AP/RAI 3, Ballaro)