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Abgas-Skandal bei VW
Winterkorn bittet weiter um Vertrauen

VW-Chef Martin Winterkorn hat sich wegen der Abgas-Manipulationen in den USA in einer Video-Botschaft an die Öffentlichkeit gewandt. "Wir klären das auf", versprach er und bat um Vertrauen. Kein Wort von einem möglichen Rücktritt. Der Kurs der VW-Aktie brach erneut ein.

22.09.2015
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    VW-Chef Martin Winterkorn entschuldigte sich, steht aber massiv unter Druck. (dpa / picture alliance / Fredrik von Erichsen)
    Das Video-Statement Winterkorns wurde auf der Webseite des Wolfsburger Konzerns veröffentlicht. Darin erklärt er, er halte es für falsch, wenn wegen der schlimmen Fehler einiger weniger die ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerate. "Deshalb bitte ich um ihr Vertrauen auf unserem weiteren Weg."
    Am Freitag tagt der VW-Aufsichtsrat. Bis zum Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe hatte es geheißen, Winterkorns Vertrag solle bei der Gelegenheit verlängert werden. Der "Tagesspiegel" meldete am Dienstag, Winterkorn solle durch Porsche-Chef Matthias Müller ersetzt werden.
    US-Bundesstaaten formen Ermittlungsbündnis
    In den USA wollen sich mehrere Bundesstaaten zusammentun, um gemeinsam Ermittlungen gegen den VW-Konzern wegen manipulierter Abgasmessungen einzuleiten. Das teilte ein Sprecher des New Yorker Staatsanwalts Eric Schneiderman mit. Damit könnten auf den Autohersteller weitere Strafzahlungen zukommen. Die Umweltbehörde der US-Regierung hat bereits mit einer Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar gedroht.
    Merkel schaltet sich ein
    Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine rasche Aufklärung der Vorwürfe gegen VW. "Ich hoffe, dass möglichst schnell die Fakten auf den Tisch kommen", sagte sie in Berlin. Volkswagen kündigte an, wegen drohender Strafzahlungen mehr als sechs Milliarden Euro zur Seite zu legen, und senkte seine Gewinnerwartungen für dieses Jahr.
    Die Regierung im Bundesland Niedersachsen, das an VW beteiligt ist, zeigte sich besorgt. Ministerpräsident Stephan Weil sagte, die Gewinnwarnung sei "außerordentlich unangenehm" und "besorgniserregend in dieser Höhe". Der Kurs der Volkswagen-Aktie brach auch heute wieder ein - zeitweise um bis zu 23 Prozent. Gestern war die Aktie schon um knapp 19 Prozent gefallen. Seit dem Bekanntwerden des Skandals hat VW um knapp 27 Milliarden Euro an Börsenwert verloren.
    Elf Millionen Autos betroffen
    Von den Manipulationen sind laut VW mehr Autos betroffen als bisher bekannt. Die Steuerungssoftware, die die Manipulation ermöglichte, gebe es nicht nur in Diesel-Fahrzeugen in den USA, sondern auch außerhalb. In einer Mitteilung heißt es, auffällig seien Autos mit dem Motortyp EA 189. Den gebe es weltweit in elf Millionen Autos. VW stehe in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem deutschen Kraftfahrtbundesamt, um den Fehler zu beseitigen.
    VW hatte am Sonntag zugegeben, dass einige Dieselmodelle bei Tests deutlich geringere Abgaswerte anzeigten als im normalen Fahrbetrieb auf der Straße. Aufgefallen war das der US-Umweltbehörde EPA. Sie will nun auch Diesel-Fahrzeuge anderer Hersteller überprüfen. Laut dem "Wall Street Journal" und anderen amerikanischen Medien ermittelt das US-Justizministerium, ob Volkswagen kriminelle Machenschaften vorzuwerfen sind. Offiziell bestätigt ist das aber nicht.
    "Wir haben riesigen Mist gebaut"
    In New York entschuldigte sich der Amerika-Chef von VW, Michael Horn, für die Manipulationen. "Wir waren unehrlich zur Umweltbehörde EPA, wir waren unehrlich zu den Behörden in Kalifornien und, am schlimmsten von allem, wir waren unehrlich zu unseren Kunden", sagte Horn bei der Präsentation eines neuen Passat-Modells in New York.
    Dobrindt: Keine Manipulationen an "Neufahrzeugen"
    In Deutschland sicherte Volkswagen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu, dass es hierzulande keine derartigen Manipulationen an "aktuellen Neufahrzeugen" gebe. Dobrindt hatte zuvor das Kraftfahrtbundesamt angewiesen, deutsche VW-Dieselmodelle zu untersuchen.
    Klage aus Brasilien
    Mitten im Skandal um die manipulierten Abgaswerte triffte den Konzern eine weitere Anschuldigung. In Brasilien ist gegen den Konzern eine Zivilklage wegen seines Verhaltens während der Militärdiktatur eingereicht worden. VW habe während der Diktatur in den Jahren 1964 bis 1985 die Folter und illegale Festnahme von Mitarbeitern hingenommen, begründete das Arbeiterforum für Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparation am Dienstag seine Klage in São Paulo.
    (at/bor/db/cc)