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Abgasaffäre
Es könnte noch richtig teuer werden für Volkswagen

Ein von der Staatsanwaltschaft Braunschweig gestartetes Bußgeldverfahren könnte dazu führen, dass unrechtmäßige Gewinne, die VW aus dem Verkauf der weltweit rund elf Millionen manipulierten Autos erzielte, einkassiert werden. Und mit den bereits gezahlten Boni könnte dann dasselbe passieren.

Von Dietrich Mohaupt | 13.07.2016
    Der Name Volkswagen ist auf einem Schild bei der Hauptversammlung in Hannover zu sehen
    Die Abgas-Manipulationen könnten für VW noch richtig teuer werden. (picture alliance / dpa / Peter Steffen)
    Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies wollte heute nach der gemeinsamen vertraulichen Sitzung der beiden Ausschüsse keine Zweifel an seiner Sicht der Dinge lassen: "Kein Gewinn ist kein Gewinn – und von keinem Gewinn kann man auch keine Boni zahlen!"
    Man müsse allerdings berücksichtigen, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig erst am Anfang stehen, so Lies weiter. Gewinne in Milliardenhöhe hat der VW-Konzern vor dem Abgasskandal erwirtschaftet – auch durch den Verkauf der weltweit rund elf Millionen manipulierten Dieselfahrzeuge. Hätte VW mit einer den Vorschriften entsprechenden Abgasreinigung weniger Gewinn gemacht – das ist erste, entscheidende Frage. Wird sie mit "Ja" beantwortet, dann könnte die Ermittlungsbehörde die als unrechtmäßig geltenden Gewinne in Form eines Bußgeldes nachträglich einkassieren, abschöpfen. Und das müsste dann natürlich Auswirkungen auf die Bonuszahlungen an Manager haben, betonte Minister Lies.
    "Wenn es keine Gewinne gab, kann es auch keine Boni geben! Aber noch sind wir gar nicht an der Stelle, weil diese Frage, ob es eine solche Gewinnabschöpfung gibt, eine Rückführung gibt, noch gar nicht beantwortet ist. Und ich glaube, wir müssen erst mal diese Frage klären, müssen der Staatsanwaltschaft natürlich auch die Zeit lassen, die Ermittlungen konsequent zu führen, um dann diese zweite Frage auch entsprechend zu beantworten."
    In der Vergangenheit hatte es eine Rückforderung von Gewinnen schon gegeben – in Medienberichten waren als Beispiele die Bestechungsaffären bei Siemens und MAN genannt worden. Diesen Fällen liegt Paragraf 17 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zugrunde, in dem von einer Geldbuße die Rede ist, die den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigt. Von einigen hundert Millionen Euro als mögliches Bußgeld für VW war schon die Rede – eine Summe, über die heute im Anschluss an die Ausschusssitzung auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Jörg Bode, nicht spekulieren wollte.
    Auch Geldbußenm sind möglich
    "Man kann hierüber, glaube ich, keine weiteren Erkenntnisse öffentlich tatsächlich sagen – es verbietet sich jetzt auch, darüber zu spekulieren. Allerdings muss man sagen, dass auch das deutsche Rechtssystem durchaus über Strafmaßnahmen verfügt, die zumindest was den öffentlichen Teil – nicht den zivilrechtlichen Teil – angeht, durchaus an amerikanische Dimensionen herankommen können."
    Für die konkrete Berechnung der Höhe einer möglichen Geldbuße gebe es unterschiedliche Methoden, so Bode weiter. Das Justizministerium hatte heute den Ausschussmitgliedern einige Details dazu erläutert – und diese Ausführungen waren wohl nicht sonderlich erbauend. Ob er denn – nach diesen Informationen – für die Zukunft des VW-Konzerns noch ein wenig schwärzer sehe als bisher, wurde der FDP-Politiker Jörg Bode gefragt.
    "Ja – aufgrund der Darstellungen, der abstrakten Darstellungen des Justizministeriums, was eigentlich so ein Gewinnabschöpfungsverfahren bedeutet. Das kann im schlimmsten Falle mehr bedeuten, als das, was in den Zeitungen vorher stand."
    Weiter also keine allzu rosigen Aussichten für Volkswagen – nach den voraussichtlich bis zu 15 Milliarden Dollar, die der Dieselskandal den Konzern allein in den USA kosten wird, kann es also auch in Deutschland noch richtig teuer werden.