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Abgasreinigung
Dobrindt will strengere Regeln

Die Autoindustrie verteidigt ihre Tricks bei der Abgasmessung als legal: Die entsprechende EU-Abgasverordnung erlaube eine Ausnahme, argumentieren die Hersteller. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg nun einen Vorschlag gemacht, wie die Gesetzeslücke geschlossen werden könnte.

Von Thomas Otto | 07.06.2016
    Abgase kommen aus einem Auspuff
    Verkehrsminister Dobrindt will strengere Regeln für Abgastests. (Marcus Führer/dpa)
    Gute Abgaswerte auf dem Rollenprüfstand, hoher Stickoxidausstoß auf der Straße: Mittlerweile ist bekannt, dass nicht nur Diesel-Fahrzeuge von VW ihre Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen oder Drehzahlen abschalten. Unter anderem auch Opel, Mercedes, Renault und Ford wurde so eine Technik nachgewiesen. Die Industrie argumentiert allerdings: alles legal und technisch notwendig. Denn bisher erlaubt die entsprechende EU-Abgasverordnung in Artikel fünf solche Abschalteinrichtungen, zumindest unter bestimmten Umständen:
    "Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, ist unzulässig. Dies ist nicht der Fall, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten."
    Dobrindt: "Wir brauchen strengere Kontrollen"
    Also alles legal, findet auch Verkehrsminister Dobrindt. Heute nun hat er aber seinen 27 EU-Kollegen eine Gesetzesänderung vorgeschlagen, um diese Lücke zu schließen, damit die Tricks der Autoindustrie der Vergangenheit angehören:
    "Ich werde heute den Kolleginnen und Kollegen vorschlagen, dass wir erstens die Regeln ändern müssen, das heißt, der Artikel fünf muss deutlich präzisiert werden. Zweitens, wir brauchen strengere Kontrollen und drittens: Wir wollen Erklärungen von den Herstellern, wenn sie Motor-Schutzeinrichtungen verwenden, wie diese genau funktionieren und die Software dazu auch offengelegt wird," so Dobrindt vor dem Treffen. Zwar soll mit diesen Schutzeinrichtungen eine Verschmutzung des Motors verhindert werden. Es gibt aber auch alternative Technologien, die es überflüssig machen, die Abgasreinigung zu unterbrechen - dafür allerdings teurer sind.
    "Bisher heißt es, dass zum Motorschutz eine Abschalteinrichtung legal ist. Wir wollen eine Ergänzung diesbezüglich, dass dies nur gültig ist, wenn auch der Stand der Technik - das heißt, die modernste Technik - eingesetzt wird. Es kann nicht sein, dass man letztlich einen alten Motor oder einen unausgereiften oder qualitativ schlechten Motor baut und dann für sich das Höchstmaß an Motorschutz in Anspruch nehmen will. Das muss der Stand der Technik sein, der da entscheidend ist."
    Kritik von den Grünen
    Dobrindts Idee wurde heute von den EU-Verkehrsministern diskutiert. Prinzipiell wurde von den meisten Mitgliedsstaaten Unterstützung signalisiert:
    "Ich bin heute hier als Vorsitzende, also in einer anderen Rolle. Aber für die Niederlande kann ich sagen, dass wir uns diese Änderung wünschen," kündigte die zuständige niederländische Ministerin und damit Vertreterin der Ratspräsidentschaft, Melanie Schultz van Haegen vor dem Treffen an.
    Das nächste Mal werden sich die EU-Umweltminister mit dem Thema befassen. Sie treffen sich am 20. Juni.
    Kritik an Dobrindts Vorstoß kommt unter anderem von den Grünen. Deren Verkehrsexperte Oliver Krischer fordert, keine Ausnahmen bei der Abgasreinigung mehr zuzulassen. Der grüne Europaabgeordnete Claude Turmes fürchtet, dass so die bisherige Praxis der Hersteller reingewaschen werde und fragt, wer denn definiere, was die beste verfügbare Technologie sei. Turmes fürchtet, dass die Autoindustrie das selbst tun werde.