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Abgasskandal
Was VW-Fahrer 2016 wissen müssen

Ende Januar beginnt die große Rückrufaktion: Ab dann sollen in VW-Werkstätten die manipulierten Dieselautos wieder EU-gesetzeskonform gemacht werden. VW versichert, dass der Umbau sich nicht auf die Leistung des Wagens auswirken werde - sollte das dennoch der Fall sein, haben Autobesitzer mehrere Möglichkeiten.

Von Hilde Weeg | 29.12.2015
    Volkswagen-Logo
    VW-Logo (picture alliance / dpa / Jochen Lübke)
    VW-Chef Matthias Müller hatte zuletzt am 10. Dezember offiziell verkündet:
    "Für alle in Europa betroffenen Modelle können wir künftig sicherstellen, dass wir auf dem Prüfstand und auf der Straße mit ein- und derselben Abgasstrategie unterwegs sind und natürlich alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen."
    Es geht um jene VW-Modelle, bei denen Volkswagen Manipulationen bei den Abgastests einräumen musste. Das Kraftfahrtbundesamt hat die geplanten Maßnahmen zur Abhilfe mittlerweile abgenickt. Ab Ende Januar sollen nun in den VW-Werkstätten und wenigen Freien Werkstätten alle betroffenen Diesel mit EA189-er Motoren wieder EU-gesetzeskonform gemacht werden. Aufwand: Weniger als eine Stunde, verspricht VW. Der Fahrplan zieht sich bis Ende 2016. Zuerst werden die 2l-TDI-Modelle zurückgerufen, dann erst die anderen:
    "Voraussichtlich im zweiten Quartal startet der Rückruf des 1,2l TDI und für das dritte Quartal ist dann der Start der Umsetzungsphase für die 1,6l-Modelle geplant..."
    Kaufpreisminderung, Nachbesserung, Rücktritt vom Vertrag
    VW versichert, dass sich der Umbau weder auf den Verbrauch noch die Motorleistung spürbar negativ auswirke. Aber was ist, wenn die Autobesitzer im Alltag andere Erfahrungen machen? Die Rechtsexpertin Josina Starke von der Verbraucherzentrale Niedersachsen in Hannover erklärt:
    "Die Mängelbeseitigung muss natürlich einwandfrei laufen. Das bedeutet, dass eigentlich keine Beeinträchtigung der Motorleistung oder im Verbrauch stattfinden dürfte. Sollte das der Fall sein, ist natürlich nicht mangelfrei der Mangel beseitigt worden und ich hätte weiterhin Rechte, dass auch diese Mängel beseitigt werden."
    Was aber ist ein erheblicher Mangel? In einem Fall hatte der BGH entschieden, dass ein um zehn Prozent höherer Spritverbrauch schon als erheblicher Mangel zu werten sei. Damit gibt der BGH eine gewisse Richtung vor, aber jeder Einzelfall müsste geprüft werden. Falls aber tatsächlich ein erheblicher Mangel nachgewiesen wird, dann - und nur dann - kann der Kauf auch rückgängig gemacht werden, bestätigt Starke:
    "Ein Rücktritt vom Vertrag ist nur möglich, wenn ein erheblicher Mangel bestehen würde."
    Bei unerheblichen Mängeln kann allenfalls eine Kaufpreisminderung oder weitere Nachbesserung verlangt werden. Und was ist, wenn das Auto auf dem Gebrauchtwagenmarkt weniger wert ist? Zum einen gibt es bisher dafür keine Anzeichen für den deutschen Automarkt, zum anderen wird es nicht leicht werden, etwaige Schadensersatzansprüche durchzusetzen.
    "Weil der Käufer als VW-Autobesitzer beweisen müsste, dass ihm einmal ein Vermögensschaden entstanden ist und auch, dass VW als Hersteller arglistig getäuscht hat."
    Lange Wartezeiten sind garantiert
    Sammelklagen wie in den USA sind in Deutschland nicht möglich. Übrigens: Die hier genannten Regelungen beziehen sich auf das Bundesgebiet und auf die manipulierte Dieselsoftware, die auf dem Prüfstand für normgerechte Abgaswerte sorgte. Sie sind nicht auf die 36.000 Fahrzeuge mit überhöhtem CO2-Ausstoß übertragbar und auch nicht auf andere Länder. Und: Bisher hat VW auch nur den Besitzern von Fahrzeugen mit der manipulierten Software eine Verlängerungsfrist eingeräumt. Diese haben nun bis Ende 2017 Zeit, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Konkret heißt das:
    "Bei Autos, die schon vor diesen zwei Jahren gekauft wurden, da wäre eigentlich die Gewährleistungsfrist abgelaufen. Aber hier hat VW angekündigt, dass sie auch diese Mängel beseitigen werden. Bei den Autos, die in den letzten zwei Jahre gekauft wurden, sollten die Autobesitzer zusätzlich ihren Verkäufer anschreiben, und darum bitten, in diesen Fällen auf die Einrede der Verjährung zu verzichten."
    Denn in Deutschland sind eigentlich die Verkäufer und nicht die Hersteller zuständig. Entsprechende Musteranträge gibt es zum kostenlosen Herunterladen zum Beispiel bei Verbraucherzentralen oder Automobilklubs wie dem ADAC. Die Besitzer der betroffenen Modelle von Audi, Skoda und Seat können mit vergleichbaren Regelungen rechnen. Wann aber für diese Marken der Rückruf beginnt, ist noch nicht klar. Was sich schon jetzt abzeichnet - und dann alle VW-Kunden betreffen wird -, sind aber lange Wartezeiten in den autorisierten Werkstätten.