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Abgelehnte Asylbewerber
Neue Prämie für schnellere Ausreise

Mit einer zusätzlichen Prämie will die Bundesregierung die freiwillige Rückreise für abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat attraktiver machen, das Angebot ist allerdings zeitlich begrenzt. Pro Asyl kritisiert, dass Menschen dazu verführt würden, ihre Rechte nicht wahrzunehmen.

03.12.2017
    Abgelehnte Asylbewerber aus Albanien und dem Kosovo gehen am 27.11.2015 auf dem Kassel-Airport in Calden (Hessen) zum Flieger. Die sogenannte freiwillige Ausreise führt sie zurück nach Pristina (Kosovo) und Tirana (Albanien). Foto: Uwe Zucchi /dpa (zu lhe-Reportage "Einmal Traum und zurück - Wenn Asylsuchende per Flieger zurückreisen" vom 02.12.2015) | Verwendung weltweit
    Abgelehnte Asylbewerber aus Albanien und dem Kosovo gehen am 27.11.2015 auf dem Kassel-Airport in Calden (Hessen) zum Flieger. Die sogenannte freiwillige Ausreise führt sie zurück nach Pristina (Kosovo) und Tirana (Albanien). (picture alliance / dpa / Uwe Zucchi)
    Die Aktion trägt den Namen "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt." - und das "Jetzt" ist dabei wörtlich zu verstehen. Denn nur wer sich bis Ende Februar zur Rückreise entscheidet, soll die Extra-Prämie bekommen. Offiziell handelt es sich um eine "Reintegrationsunterstützung", gedacht ist sie für Miete, Bau- und Renovierungsarbeiten in den Heimatländern. Laut "Bild am Sonntag" können Familien bis zu 3.000 Euro an Sachleistungen zusätzlich erhalten, bei Alleinstehenden sind es bis zu 1.000 Euro.
    Die Prämie ergänzt das im Februar gestartete Rückkehrprogramm "Starthilfe Plus". Bislang bekommen Asylbewerber 1.200 Euro, wenn sie eine freiwillige Rückkehr beantragen, bevor ihr Verfahren abgeschlossen ist. Falls der Antrag bereits abgelehnt wurde, gibt es 800 Euro. Für Kinder unter zwölf Jahren gelten die halben Summen. Eine Familie mit Kind konnte also 3.000 Euro erhalten, bei Inanspruchnahme des neuen Programms wäre es das Doppelte. Für größere Familien gibt es noch einen Sonderbonus.
    Rechnung geht für den Staat auf
    Es sind nicht die einzigen Programme nach dem Prinzip "Geld gegen Rückkehr". Schon seit längerem gibt es das "REAG/GARP"-Programm, das im Wesentlichen eine Übernahme von Rückreisekosten vorsieht, aber auch eine Starthilfe für Staatsangehörige bestimmter Länder. Auch von den einzelnen Bundesländern und der EU gibt es für eine freiwillige Ausreise verschiedene Förderprogramme.
    Für den Staat rechnet sich die Förderung freiwilliger Ausreisen. Denn eine Abschiebung kann deutlich teurer sein. So lagen die Kosten für die umstrittene Sammelabschiebung von 34 Afghanen Mitte September 2016 laut Bundesinnenministerium bei etwa 350.000 Euro, Personalkosten der Bundespolizei nicht eingerechnet.
    "Fiese Verführungsstrategie"
    Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte das Programm. "Man verführt auf übelste Art und Weise Menschen dazu, ihre Rechte nicht wahrzunehmen", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur. Die höchste Prämie bekomme, wer noch vor dem Abschluss des Asylverfahrens das Land verlasse. Wer nach einem negativen Asylbescheid ausreise, müsse darauf verzichten, Rechtsmittel einzulegen.
    Scharfe Kritik übt Pro Asyl darüber hinaus an der Befristung des Programms auf drei Monate. Betroffene würden dazu verführt, überstürzt etwas zu tun, was für sie eigentlich nicht gut sei. Burkhardt bezeichnete dies als einen "Rabatt auf den Rechtsstaat, wie bei einem Winterschlussverkauf".
    Diskussion um Abschiebungen nach Syrien
    In der Diskussion über Abschiebungen auch nach Syrien haben Unionsfraktionschef Kauder und Kanzleramtsminister Altmaier inzwischen Bedenken geäußert. Unions-Fraktionschef Kauder sagte der "Welt am Sonntag", angesichts der Sicherheitslage sei die Abschiebung derzeit kein Thema. Kanzleramtsminister Altmaier schloss in der "Bild am Sonntag" Abschiebungen aus, solange der Bürgerkrieg in Syrien nicht beendet sei. Viele Menschen seien vor dem Regime Assads geflohen, der ja weiter an der Macht sei. Altmeier ist auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung.
    Auch die Ausreise-Prämie können syrische Staatsangehörige nicht beantragen. So lange ihre Heimat als Kriegsgebiet gilt, will die Bundesregierung auch die freiwillige Rückkehr nicht fördern.
    Die Innenministerkonferenz berät in der kommenden Woche über einen Antrag Sachsens und Bayerns. Die unionsgeführten Bundesländer wollen von Juli an wieder Abschiebungen nach Syrien erlauben und fordern eine Neubewertung der Sicherheitslage.
    (rm/riv/nch)