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Abhörsichere Kommunikation
Mehr Sicherheit durch Quantenkryptografie?

Kommunikation über das Internet ist schon lange nicht mehr abhörsicher - deswegen wächst das Interesse an der sogenannten Quantenkryptografie, der Informationsübertragung über Lichtsignale. Forscher aus Erlangen testen derzeit eine neue Variante des Verfahrens - via Satellit.

Von Frank Grotelüschen | 13.11.2015
    Der Physiker Dominique Elser in seinem Labor im Erlangener Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
    Der Physiker Dominique Elser in seinem Labor im Erlangener Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (Deutschlandradio/Frank Grotelüschen)
    "Dann schalte ich den Laser mal an. Jetzt müssen wir kurz warten, bis er auf Betriebstemperatur ist. "
    Erlangen, das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts. Auf dem Dachboden steht an einem Fenster ein schlichter Aufbau aus Lasern, Optik und Elektronik. Der Physiker Dominique Elser startet das Experiment.
    "Das Signal am Sender sieht gut aus. Die Modulation läuft. Hier ist alles okay. Ich würde jetzt den Laserstrahl losschicken. Passt das?"
    In anderthalb Kilometern Entfernung, in einem Gebäude der Universität, meldet ein Kollege per Handy, dass sein Gerät empfangsbereit ist. Die Übertragung kann beginnen.
    "Ja, also ich höre vom Empfänger, dass das Signal ankommt. Das Tageslicht stört uns nicht, weil wir das perfekt herausfiltern können. Die Daten sind aufgenommen, die Übertragung hat geklappt."
    Signale müssen erst durch die Erdatmosphäre
    Elser hat besondere Lichtsignale durch die Luft geschickt - Quantensignale. Diese haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: Wollte ein Lauscher sie abhören, würde er die Signale unweigerlich so verändern, dass der Empfänger das mitbekommt. Der Lauschangriff wäre aufgeflogen. Quantenkryptografie, so heißt das Verfahren. Seitdem klar ist, wie umfassend die Geheimdienste das Internet belauschen, wächst das Interesse an solchen abhörsicheren Verfahren. Zwar gibt es bereits Geräte zu kaufen. Aber sie funktionieren mit Glasfasern, und in denen ist die Reichweite der Quantensignale begrenzt, auf wenige 100 Kilometer. Deshalb arbeiten Elser und seine Leute an einer Alternative - der Quantenkryptografie per Satellit. Im All nämlich können sich die Signale besser ausbreiten als in Glasfasern, eine Kommunikation von Kontinent zu Kontinent scheint machbar. Doch um einen Satelliten vom Boden aus anfunken zu können, müssen die Quantensignale erst mal durch die Erdatmosphäre. Und genau das üben die Forscher in Erlangen.
    "Wir haben es geschafft, dass wir ein System entwickelt haben, das bei Tag genauso gut funktioniert wie bei Nacht."
    Der Trick: Die Physiker prägen ihre Informationen nicht wie üblich einzelnen Photonen auf, einzelnen Lichtteilchen. Diese würden im Tageslicht untertauchen. Stattdessen verwenden sie einen Laserstrahl, der intensiv genug ist, sich auch bei Tag zu behaupten.
    "Natürlich ist es ein bisschen abhängig vom Wetter. Wenn wir Nebel haben, der kein Licht durchlässt, können wir auch nicht arbeiten."
    Demnächst wollen die Experten eine Probeverbindung zu einem Satelliten aufbauen - der erste Schritt hin zu einer Art Quanten-Satellitennetz.
    Billige Geräte haben Schwachstellen
    Doch ist die neue Technik wirklich so sicher wie gedacht? Theoretisch schon, meint Elser. Allerdings: Wenn man ungeeignete Geräte verwendet, können sich dann doch Lücken öffnen. In seinem Labor zeigt Elser auf das Testgerät des Genfer Unternehmens ID Quantique, das wie heute üblich mit einzelnen Photonen arbeitet.
    "Was macht das Gerät, wenn ich nicht mit einzelnen Photonen einstrahle, sondern als Angreifer helle Strahlen in das Gerät schicke? Und da haben wir herausgefunden, dass man dieses Gerät blenden kann. Man kann es in einen Betriebsbereich bringen, wo ein Angreifer das Gerät fernsteuern könnte."
    Ein schwarzes Gerät (rechteckiger Kasten) mit einem Kabel steht auf einem Regal.
    Ein Quantenkryptografie-Testgerät: Die bisher erhältlichen Modell haben noch Sicherheitslücken. (Deutschlandradio/Frank Grotelüschen)
    Mittlerweile baut der Hersteller einen Zusatzdetektor ein. Dieser erkennt einen Blendungsversuch und schlägt Alarm. Diese Schwachstelle also wäre geschlossen. Doch Elser und seine Kollegen fahnden weiter.
    "Diese Abweichungen, die es noch gibt, versuchen wir zu schließen, indem wir uns Angriffe ausdenken, durchführen und dem Hersteller Empfehlungen geben, wie man die schließen kann."
    Und vermutlich stoßen die Forscher dabei auf weitere Sicherheitslücken, durch die ein Quanten-Hacker in Zukunft schlüpfen könnte.