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Abrüstung mit Hindernissen

Es hätte ein Vorgang mit hoher Symbolkraft sein können: Am Abend vor der Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama wollte dieser eigentlich gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Medwedew den neuen Vertrag über die Begrenzung strategischer Nuklearwaffen unterzeichnen.

Von Rolf Clement | 09.12.2009
    Es schien, als hätte der US-Präsident diejenigen Lügen strafen wollen, die die Verleihung des Preises an ihn als voreilig kritisiert hatten. Nun aber wurde aus dem Termin zunächst einmal nichts: Die Verhandlungen über das Vertragswerk sind noch nicht abgeschlossen.

    Die Agenda ist durch ein Datum vorgegeben: Am 5. Dezember lief der Vertrag über die Reduzierung strategischer Nuklearwaffen START – Strategic Arms Reduction Treaty - aus. Der Abschluss dieses Vertrages im Jahr 1991 war das letzte spektakuläre Zusammentreffen der Staatsoberhäupter aus den USA und der damaligen Sowjetunion in Abrüstungssachen. Der 1991 geschlossene Vertrag ist seit 1994 in Kraft. Worum geht es darin?

    Strategische Nuklearwaffen sollen Ziele im gegnerischen Hinterland treffen. Die Planer für diese Waffensysteme haben ganze Städte oder militärische Anlagen des Gegners im Blick gehabt, die weit hinter einem denkbaren Gefechtsfeld liegen. Sie zielten in den Denkkategorien des Kalten Kriegs unter anderem auf die Machtzentren der jeweils anderen Großmacht.

    Die US-amerikanischen Planer hatten also zum Beispiel Moskau im Blick, die sowjetischen Strategen Washington. Weil die Nuklearsprengköpfe weit ins gegnerische Feld getragen werden sollten, kamen als Trägersysteme Interkontinentalraketen, U-Boote und strategische Bomber in Betracht. Zusätzlich werden neben Raketensprengköpfen unter anderem auch Cruise Missiles, also Marschflugkörper, in diese Kategorie eingereiht.

    Wer solche Systeme einsetzen will, ist gut beraten, wenn er einen Mix aus verschiedenen Trägersystemen vorhält, damit ein möglicher Angriff des Gegners nicht gleich das gesamte eigene Arsenal zerstört. Dafür wurde der Fachbegriff "Nukleare Triade" gewählt, der die drei Plattformtypen Raketen, Bomber und U-Boote umfasst.

    In den Jahren vor 1991 war die Erkenntnis gewachsen, dass die nuklearen Abschreckungs-Fähigkeiten, an denen beide Seiten auch nach Vertragsunterzeichnung im Prinzip festhielten, auch auf einer geringeren Rüstungsebene erreicht werden können. Mit der Obergrenze von 6000 nuklearen Sprengköpfen auf beiden Seiten haben die USA und die damalige Sowjetunion ihre damals neuen strategischen Planungen in den Vertrag geschrieben und sich damit gegenseitig zur Einhaltung dieser Obergrenze verpflichtet. Eine Obergrenze, die rund ein Viertel unter den Beständen vor 1991 lag.

    Nach Inkrafttreten des START-Vertrages wurde es dann still um die Abrüstungspolitik. Erst Barack Obama hat in seinem Wahlkampf im vergangenen Jahr die Rüstungskontrolle wieder auf die Tagesordnung gebracht. Bei seiner ersten Europa-Reise formulierte Präsident Obama Anfang April in Prag sein Ziel:

    Obama: "Heute bekunde ich klar und mit Überzeugung die Verpflichtung der USA, Frieden und Sicherheit in einer Welt ohne Atomwaffen zu erreichen."

    Da der START-Vertrag nur bis zum 5. Dezember dieses Jahres gültig war, sollte die Erneuerung dieses Vertrages der erste Schritt auf dem abrüstungspolitischen Hürdenlauf sein, den Obama Anfang April in Prag angekündigt hatte. Das magische Datum aber verstrich und auch die symbolträchtige Unterzeichnung eines neuen Abkommens am Vorabend der Nobelpreisverleihung kam nicht zustande.

    Immerhin heißt es in Moskau und Washington: Der neue Vertrag solle noch in diesem Jahr unter Dach und Fach gebracht werden. Woran hakt es? Wollte Russland die Verleihung des Friedensnobelpreises an Obama nicht noch durch die Unterzeichnung des neuen Vertrages am Vorabend aufwerten? Oder waren es wirklich Meinungsverschiedenheiten in der Sache, die noch nicht ausgeräumt sind?

    Dabei lief die Sache gut an: US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Medwedew haben sich sehr schnell auf neue Obergrenzen verständigt. Beim ihrem Gipfeltreffen im Juli in Moskau haben sie beschlossen, die Zahl der Sprengköpfe auf rund 1600, die der Trägersysteme auf 500 bis 1100 zu begrenzen. Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik verweist darauf, dass damit beide Staaten ihre nationalen Planungen in ein internationales Vertragswerk übertragen haben.

    Thränert: "Was die russische Seite anbelangt, so ist es wohl so, dass die anvisierten Ziele von strategischen Sprengköpfen ungefähr das abbilden, was die russischen Planungen sowieso vorhaben. Auf der amerikanischen Seite ist es so, dass neue Trägersysteme und Sprengköpfe gar nicht geplant sind und dass die hier im START-Nachfolgeabkommen anvisierten Obergrenzen es Amerika erlauben, Grundsatzentscheidungen zum Beispiel über die mögliche Abschaffung eines Teils ihrer traditionellen Triade, bestehend aus see-, land- und luftgestützten Raketen abzuschaffen- solche Grundsatzentscheidungen zu verschieben, sie jedenfalls jetzt nicht zu stellen."

    Vor allem erläutert der Wissenschaftler, dass mit dieser Grundvereinbarung die Probleme nicht gelöst sind. Es gibt vier Problemkreise, über die durchaus strittig verhandelt wird. Oliver Thränert:

    "Zunächst einmal ging es um die Frage, inwiefern ein solches Abkommen über die Begrenzung der strategischen Kernwaffen auch das Thema Raketenabwehr behandeln sollte. Bekanntlich war ja besonders der Bush-Plan über eine Stationierung von entsprechenden Komponenten in Tschechien und Polen ein Dorn im Auge. Nachdem Obama die Pläne aufgegeben hatte, war da ein bisschen die Luft raus. Aber es bestand weiterhin die Absicht Russlands, das Thema Raketenabwehr im Zusammenhang mit dem Rüstungsbegrenzungsabkommen zu erwähnen."

    Die USA haben die Pläne für ein Raketenabwehrsystem im Prinzip nicht aufgegeben. Sie wollen das System nun seegestützt und in Abstimmung mit den NATO-Verbündeten aufbauen. Angesichts der in einigen neuen NATO-Staaten wenig erbaulichen Erfahrungen mit Russland besteht dort wenig Interesse daran, ein solches System mit Moskau gemeinsam zu entwickeln und zu betreiben. Diese Argumentation wird in Washington aus der Opposition im Kongress unterstützt.

    Da Obama eine Zweidrittelmehrheit im Senat braucht, um den neuen Vertrag zu ratifizieren, muss er auf diese Position eingehen. Russland will in die Planungen mit einbezogen werden – es will nicht wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Obama und Medwedew einigten sich in Moskau auf die Bildung eines Zentrums für den Datenaustausch und auf ein gemeinsames Studienprojekt, in dessen Rahmen die Bedrohung durch ballistische Raketen untersucht wird. Ob damit der Dissens für die Vertragsverhandlungen neutralisiert werden konnte, ist noch nicht bekannt. Der zweite strittige Punkt:

    Thränert: "Zweitens ging es um die Frage der Zählkriterien. Amerika hat eine große Menge an Reservesprengköpfen, die auf vorhandene Trägersysteme dazugeladen werden können. Russland hat in diesem Masse keine großen Umfänge an Reservesprengköpfen. Deswegen möchte Russland Zählkriterien für die einzelnen Trägersysteme vereinbaren, die eine Zuladefähigkeit mit Reservesprengköpfen für diese Trägersysteme ausschließt."

    Dies ist materiell der schwierigste Verhandlungspunkt. Hier stellt sich in besonderer Weise die Vertrauensfrage zwischen den Verhandlungspartnern. Wer Reservesprengköpfe lagert, die nicht mitgezählt werden, will diese natürlich auch nicht der gegenseitigen Überprüfung unterwerfen. Und das macht es für den Vertragspartner schwer, sich über die Vertragstreue des anderen ein glaubhaftes Bild zu machen. In diesem Zusammenhang ist die Vereinbarung einer Obergrenze für Trägersysteme wichtig. Gäbe es diese nicht, könnten die Reservesprengköpfe schnell auf vorhandene Träger montiert werden und die Obergrenze würde unterlaufen.

    Deswegen ist Moskau an dieser Stelle hart. Es wäre mit einer deutlich geringeren Zahl an Trägern zufrieden – die jetzt vereinbarte Obergrenze kann Russland aus finanziellen Gründen gar nicht ausfüllen. Nun soll in den Vertrag geschrieben werden, wie viele Sprengköpfe pro Trägersystem zulässig sind. Eng damit verbunden ist der dritte strittige Punkt.

    Thränert: "Dann gab es Problematiken im Bereich der konventionell ausgerüsteten Trägersysteme. Auch hier haben nur die Amerikaner entsprechende Pläne, die Russen haben diese nicht. Deswegen wollten die Russen konventionelle Trägersysteme im strategischen Bereich mitzählen, die Amerikaner wollten das nicht."

    Moskau möchte nicht, dass die USA konventionelle Sprengköpfe, die ebenfalls großen Schaden anrichten könnten, außerhalb von Rüstungskontrollvereinbarungen erhält. Auch hier stoßen unterschiedliche Interessen aufeinander, Interessen übrigens, die sich durch den Präsidentenwechsel im Januar in den USA nicht verändert haben. Bleibt der vierte Bereich. Nochmals Oliver Thränert:

    "Und schließlich gab es verschiedene Problemkomplexe im Bereich der Verifikation, der Überprüfung eines solchen Abkommens, wo es unter anderem darum ging, ob weiterhin amerikanische Inspektoren vor den Toren russischer Fabriken zur Produktion strategischer Raketen positioniert sein würden."

    Der Bereich der Verifikation ist einer der wichtigsten in den Rüstungsbegrenzungsvereinbarungen. Denn dadurch wird wechselseitiges Vertrauen aufgebaut. Wer die Zahl der Waffensysteme bei der anderen Seite kontrolliert, bekommt naturgemäß auch Einblick in die politische und strategische Ausrichtung der Waffensysteme. Dadurch lernt er die Absichten der anderen Seite kennen. Das schafft zusätzliche Sicherheit.

    Deswegen ist es auch so gravierend, dass der START-I-Vertrag am vergangenen Samstag, dem 5. Dezember, ohne eine Nachfolgeregelung, ja sogar ohne Unterschriftstermin, ausgelaufen ist. Die USA und Russland haben in der Nacht zum 6. Dezember ihre Verifikationsinspekteure aus dem jeweils anderen Land abgezogen. Es heißt zwar, dass die Präsidenten Obama und Medwedew sich telefonisch über die neue Verifikationsregel geeinigt haben – wie diese Einigung aussieht, ist aber noch nicht bekannt.

    Beide Seiten fahren in den Rüstungskontrollverhandlungen einen Kurs, der es ihnen ermöglicht, ihre eigenen Planungen voranzutreiben. Sie wissen dadurch aber genau, wie weit die andere Seite in ihren Planungen gehen kann. In den letzten Jahren wurden die Obergrenzen für Waffen und Personal in keinem Rüstungskontrollvertrag mehr ausgeschöpft. So ist die jetzt geplante Reduzierung eine Anpassung des Vertrags an die realen Verhältnisse. So machte Obama am 4. April in Prag auch klar:

    "Macht keinen Fehler: Solange diese Waffen existieren, werden die USA ein sicheres und effektives Arsenal erhalten, um jeden Gegner abzuschrecken, und sie garantieren allen Partnern diese Verteidigung. Aber wir werden die Arbeit beginnen, diese Arsenale zu reduzieren."

    Die NATO erarbeitet zur Zeit ein neues strategisches Konzept. Als einer der Experten, die bis zum kommenden Frühjahr ein erstes Papier erarbeiten sollen, wurde der deutsche Diplomat Karl-Friedrich von Ploetz benannt. Er berichtete, diplomatisch verpackt, auf dem Schönhauser Forum der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, dass die Nuklearfrage auch hier heikel ist.

    von Plötz: "Es ist leichter, mit dieser Frage umzugehen, seit das Endziel einer allseitigen Null-Lösung wieder auf dem Bildschirm ist. Wir haben die Frage noch nicht erörtert. Ich glaube nicht, dass es hier eine sehr starke Gruppe geben wird, die die flexible Erwiderung des Kalten Krieges für ein aktuelles und zukunftsfähiges Modell hält."

    Nuklearwaffen sind immer auch Waffen mit politischer Wirkung. Deswegen wird die NATO auf Nuklearwaffen in ihrer Strategie nicht verzichten. Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik:

    "Es geht um die Anbindung Amerikas auch im nuklearen Sinne an den europäischen Kontinent. Es geht hier darum, dass vor allem die neuen NATO-Mitglieder eine andere Sicht von Russland haben als das bei den anderen Ländern in Europa der Fall sein mag. Aus diesem Grund ist für sie die nukleare Anbindung auch noch sehr, sehr wichtig."

    Auch Russland ist zurzeit dabei, seine Nuklearstrategie neu zu formulieren. Botschafter von Ploetz schaut mit Sorge auf die Überlegungen in Moskau:

    "Ich habe manchmal das Gefühl, wenn ich die amtlichen und halbamtlichen Verlautbarungen lese, dass sie jetzt bei uns die flexible response abkupfern mit der These: Wir sind konventionell unterlegen und deswegen brauchen wir nukleare Waffen von der strategischen bis zur taktischen, von denen sie ja noch viel haben. Die These von der Überlegenheit ist falsch. Der Westen ist überlegen, wenn man alles zusammenzählt und dann glaubt, dass alle, vor allem die amerikanischen Streitkräfte, dass die in einem Stoss einen Angriff machen, was mit der Realität nichts zu tun hat. Wenn man hingegen die in Europa präsenten Kräfte vergleicht, kommt man schon zu einer anderen Sicht."
    Im nuklearen Bereich stehen noch weitere Vereinbarungen auf dem Prüfstand. Der Atomwaffensperrvertrag soll im kommenden Jahr wieder überprüft werden. Die Konferenz, die im kommenden April beginnen wird, macht wenig Sinn, wenn die beiden Großen bis dahin die START-Problematik nicht gelöst haben sollten. Auf dem Weg zu Obamas nuklearwaffenfreier Welt stehen noch weitere Hürden. Obama will eine im kommenden Jahr angehen, wie er im April in Prag schon sagte:

    "Heute kündige ich eine neue internationale Initiative an, alles waffenfähige Material in der Welt in vier Jahren sicher zu machen. Wir setzen neue Standards, verstärken die Zusammenarbeit mit Russland, begründen neue Partnerschaften, um dieses gefährliche Material zu sichern. Wir müssen uns anstrengen, Schwarzmärkte auszutrocknen. Wir müssen die Weitergabe solchen Materials unterbrechen.

    Weil diese Bedrohungen aber andauern, müssen wir zusammenkommen, und die Bemühungen der Anti-Proliferations-Initiative und die Initiative, den Nuklearterrorismus zu bekämpfen, in dauerhafte internationale Institutionen zu überführen. Und wir sollten einen globalen Gipfel zu Nuklearsicherheit durchführen, zu dem die USA im nächsten Jahr einladen werden."

    Noch gibt es für diese Konferenz keine Einladungsliste, noch nicht einmal eine internationale Diskussion darüber. Niemand hat darauf so recht reagiert, wie auch Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik weiß:

    "Was an dieser eintägigen Veranstaltung tatsächlich passieren wird, ist bisher noch offen. Meines Wissens nach geht es vor allen Dingen darum, die komplexe nukleare Sicherheit, die Sicherheit von nuklearen Materialien, von nuklearen, kerntechnischen Anlagen zu verbessern, darüber zu diskutieren, wie verschiedene Maßnahmen im Bereich der Rüstungsexportkontrolle abzugleichen sind und diejenigen Länder, die bereits über Atomwaffen zu verfügen, aber bisher im Rüstungskontrollexpress eher eine untergeordnete Rolle spielen wie Indien und Pakistan näher an diesen ganzen Prozess heranzubringen."

    Das aber ist die eigentliche Herausforderung der nächsten Schritte in der Rüstungskontrollpolitik: Sie darf sich nicht allein auf die USA und Russland beschränken. Oliver Thränert:

    "Schließlich sollte man nicht außer Acht lassen, dass jede weitere Beschäftigung mit der Abrüstung von Kernwaffen schon bald auch beinhaltet, dass man China, Frankreich und Großbritannien, möglicherweise auch Indien und Pakistan in diesen Prozess einbeziehen müsste, zumindest vielleicht im Sinne der Vertrauensbildung, der Transparenz."

    Seit Bildung der schwarz-gelben Koalition in Berlin hat die Abrüstungspolitik auch eine deutsche Fußnote. Außenminister Guido Westerwelle, FDP, sagte vor einigen Tagen:

    "In der letzten Woche hat ja der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Initiative von Präsident Obama, seine Vision von der atomwaffenfreien Welt auch wirklich zu verfolgen, aufgegriffen. Ich denke, wir Deutsche können einen guten Beitrag leisten, dass ein Kapitel der Abrüstung jetzt aufgeschlagen wird. Es wäre vernünftig, wir wollen das auch, dass es Verhandlungen gibt, damit die letzten Atomwaffen, die als Relikte des Kalten Krieges noch in Deutschland stationiert sind, abgezogen werden können."

    Die wenigen in Deutschland noch stationierten Nuklearwaffen sind hier im Rahmen der NATO-Strategie. Und diese haben heute noch eine Rolle, die Oliver Thränert beschreibt:

    "Schließlich sollte man nicht vergessen, dass der ganze Komplex der Stationierung amerikanischer Kernwaffen in europäischen Ländern auch immer etwas damit zu tun hatte, dass diese europäischen Länder keine eigenen Atomwaffen entwickeln. Das war der Grund, warum Amerika in Deutschland Atomwaffen stationierte, um Deutschland davon abzubringen, eigene Atomwaffen anzustreben.

    Heute geht es in diesem Kontext natürlich nicht mehr um Deutschland, aber um andere Länder, insbesondere wird hier von Experten immer wieder die Türkei in den Blick genommen, die möglicherweise – sollte der Iran möglicherweise Atomwaffen entwickeln – es mit einer nuklearen Nachbarschaft zu tun hätte, die bei gleichzeitigem Abzug amerikanischer Nuklearwaffen aus der Türkei sicherlich dazu führen würde, dass diejenigen Stimmen, die nach einer eigenen atomaren Bewaffnung rufen, noch lauter würden."

    So kommt es nicht von ungefähr, dass Botschafter von Plötz bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik – wiederum diplomatisch verpackt – deutlich machte, dass die deutsche Absicht, diese Waffen loszuwerden, im Bündnis auf wenig Verständnis stößt:

    von Plötz: "Wir kriegen natürlich als Deutsche zu den taktischen Nuklearwaffen, die noch in Europa stationiert sind, Fragen wegen der Vereinbarungen jetzt bei Bildung der Koalition."
    Deutschland muss also vorsichtig agieren bei diesem Thema. Aber dass man darüber sprechen sollte, meint auch Oliver Thränert:

    "Ich denke, dass die nichtstrategischen Kernwaffen, also auch die verbliebenen Atomwaffen Amerikas in Deutschland auf jeden Fall in einen Rüstungskontrollprozess mit einbezogen werden sollen, schon, um auch in diesem Bereich Transparenz zu erzielen.

    Es haben ja in diesem Bereichen seitens der Amerikaner wie auch der Russen Anfang der Neunzigerjahre starke einseitige Reduzierungen stattgefunden, aber auf Grund der mangelnden Transparenz, auf Grund der Tatsache, dass wir in diesem Bereich keinen Vertrag haben, wissen wir nicht genau, in welchem Umfang die Russen ihre Verkündigungen tatsächlich umgesetzt haben."

    Noch sind die USA und Russland zuversichtlich: Noch 2009 wollen die Präsidenten beider Länder den Nachfolgevertrag für das ausgelaufene START-Abkommen unterschreiben. Einen Termin nennen sie jedoch noch nicht. Präsident Obama kommt in der kommenden Woche, zum Ende des Weltklimagipfels, wiederum nach Europa. Vielleicht ist das Werk dann unterschriftsreif.