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Abschied von der Krone

Zum Jahreswechsel verabschieden sich die Esten nach fast 20 Jahren von ihrer Währung. Die Krone stand nach ihrer Einführung für die Unabhängigkeit und den Wirtschaftsboom der kleinen Ostseerepublik - bis zur Wirtschaftskrise.

Von Christoph Kersting | 16.10.2010
    Bei Marina Wolkowa ist der Euro schon angekommen. Die Marktfrau sitzt auf einem Höckerchen hinter ihrem Verkaufsstand am Bahnhof der estnischen Hauptstadt Tallinn und wartet auf Kundschaft. Das Angebot ist übersichtlich: Gurken, Tomaten, Zwiebeln, etwas Obst: Bananen und Birnen. Ein Kilo estnische Gurken zum Beispiel bietet Marina heute für 25 Kronen an, auf das Preisschild hat sie gleich auch die Summe in der künftigen Währung geschrieben: 1 Euro 60.

    "Ich stehe hier jeden Tag, das Gemüse bauen wir größtenteils selber an. Wir haben einen Garten in Paldiski in der Nähe von Tallinn, da wohnen wir auch. Die Preise müssen wir schon seit einem Jahr auch in Euro auszeichnen, aber wenn sie mich fragen, der Euro hilft uns auch nicht weiter. Wir haben ganz andere Probleme. Meine ganze Familie ist russischstämmig, wir leben schon seit den 60er-Jahren in Estland, sind aber keine estnischen Staatsbürger, weil wir zu schlecht Estnisch sprechen. Nein, der Euro bringt uns nichts, der treibt nur die Preise nach oben."

    Zum Jahreswechsel aber werden 1,3 Millionen Esten sich verabschieden müssen von ihrer Krone, die fast 20 Jahre lang auch ein Symbol war für die endlich wieder errungene Unabhängigkeit nach dem Ende der Sowjetunion.

    Seitdem hatte die kleine Ostseerepublik einen Wirtschaftsboom sondergleichen erlebt. Das Land wickelte seinen gesamten Geldverkehr über Computer ab, die Verwaltung wurde auf INTERNET umgestellt. Alle Esten haben ein gesetzlich verbrieftes Recht auf freien Zugang zum INTERNET – einmalig in Europa. Das INTERNET erspart den Esten bei Kommunalwahlen sogar den Gang zur Wahlurne. Kinokarten und Parkscheine ordern viele Bewohner von Tallinn, Tartu und Narva, den drei größten Städten im Land, ganz selbstverständlich per SMS. In Hochzeiten des Booms wurden sogar Bankkredite mit dem Handy geordert – und umgehend bestätigt.

    Diese Begeisterung für alles Technische und Digitale brachte dem kleinen Land, das seit Mai 2004 EU-Mitglied ist, schnell den Namen "E-Stonia" ein. Als Symbol des Erfolgs gilt bis heute vor allem Skype. Das in Tallinn gegründete IT-Unternehmen, inzwischen von eBay gekauft, hat der Videotelefonie per INTERNET weltweit zum Durchbruch verholfen.

    Wirtschaftspolitisch suchte Tallinn nach 50 Jahren sowjetischer Planwirtschaft sein Heil in neoliberalen Marktreformen. Die Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte wurden radikal auf zeitweise nur einen Monat reduziert, und mit der sogenannten Flat Tax gilt in Estland ein einheitlicher Einkommenssteuersatz von 22 Prozent für alle.

    Jahrelang bestätigten zweistellige Zuwachsraten den neoliberalen Kurs der Regierung.

    Dabei hatten kritische Stimmen schon vor der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise angemahnt, dass der Wachstums-Hype irgendwann ein Ende haben würde – nicht nur in Estland, auch in Lettland und Litauen.

    Einer der Skeptiker ist der Wirtschaftswissenschaftler Rainer Kattel von der Technischen Universität Tallinn. Er ist ein typischer Vertreter des im Wortsinn jungen Estland: Schon mit 28 Jahren wurde Kattel Professor – tatsächlich trifft man bis heute in den Chefetagen von Unternehmen oder in Ministerien nur wenige, die über 45 sind.

    "Wer die Lage genauer beobachtet hat, dem musste auch schon 2002, 2003 klar sein: Der Boom bei uns wird früher oder später vorbei sein. Wir haben uns viel zu stark auf den Konsum konzentriert und dabei vergessen, eine echte wirtschaftliche Substanz zu schaffen, was Industrie und Produktivität angeht. Die globale Krise hat das nur verstärkt, wir hätten auch so Probleme bekommen. Der Immobilienmarkt zum Beispiel: In Estland konnten sie ja bis vor drei Jahren per SMS einen Kredit anfragen, eine halbe Stunde später hatten sie eine Antwort: Das Geld ist auf Ihrem Konto. Das kann ja auf Dauer nicht gut gehen, die Esten haben ganz klar über ihre Verhältnisse gelebt, und die Regierung hat das noch unterstützt mit niedrigen Steuersätzen. Niemand hat im Endeffekt etwas getan gegen die wachsende Blase, die dann geplatzt ist."

    Denn mit der Immobilien-Krise in den USA stürzte auch die estnische Wirtschaft rasant ab. Statt sich neue Autos und Wohnungen zu kaufen, halten jetzt die Esten ihr Geld lieber zusammen – spätestens seit dem Sommer 2008. Die wichtigsten Branchen des Landes, Immobilien und Bauwirtschaft, gerieten ins Trudeln, viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz und können seitdem ihre Kredite nicht mehr bedienen – ein Teufelskreis, nach Ansicht des Wirtschaftsexperten Rainer Kattel. So brach das Bruttoinlandsprodukt 2008 um 3,5 Prozent ein, 2009 schrumpfte die estnische Wirtschaft um satte 13 Prozent. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote seit 2008 von sechs auf heute 18 Prozent.

    Nicht die besten Voraussetzungen, um in Brüssel für die Euro-Einführung in Estland zu werben. Zudem befürchtete die estnische Regierung, die EU-Kommission könne aufgrund der Griechenland-Misere einen generellen Beitrittsstopp zur Eurozone verhängen.

    Dass Brüssel im Juni nun trotzdem grünes Licht für die Euro-Einführung gegeben hat, liegt vor allem am niedrigen Haushaltsdefizit in Estland: Mit 1,7 Prozent im Jahr 2009 und erwarteten 2,2, bis 2,5 Prozent für 2010 liegt man deutlich unter der Maastricht-Grenze von drei Prozent. Bis spätestens 2013 soll der Haushalt laut estnischer Notenbank wieder ausgeglichen sein.

    Einen wirklichen Einschnitt bedeutet die Währungsumstellung sowieso nicht, weil die Krone schon seit 2004 fest an den Eurokurs gebunden ist. Die Euro-Einführung habe deshalb vorrangig einen psychologischen Effekt, unterstreicht der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves:

    "Als unsere estnische Krone zum Beispiel ins Schlingern geriet, hatte das nur wenig mit der Situation in Estland zu tun. Es hatte zu tun mit unseren Nachbarn, aber die Leute sehen da keinen Unterschied. Es heißt dann oft: das Baltikum, Hauptstadt Riga. Wenn dann der lettische Premierminister sagt: Wir haben große Probleme, dann schreibt die Financial Times am nächsten Tag: Krise im Baltikum. Und das macht dann Investoren nervös. Der Euro schafft da ein differenzierteres Bild, darum ist dieser Schritt für uns jetzt einfach notwendig."

    Tatsächlich hätte den Letten 2009 ohne Milliarden-Kredite des IWF und der EU der Staatsbankrott gedroht. Auch das größte lettische Geldinstitut, die Parex-Bank, wurde nur durch Verstaatlichung vor dem sicheren Aus bewahrt.

    Historisch und kulturell fühlen sich die Esten von jeher Finnland sehr viel näher. Finnisch und Estnisch sind verwandte Sprachen wie Lettisch und Litauisch auf der anderen Seite. Das Wort "Baltisch" etwa komme aus dem lettischen Sprachraum, betont der ehemalige Regierungschef und heutige Wirtschaftsminister Juhan Parts, und auch er verweist auf die Unterschiede mit Blick auf die aktuelle Lage:

    "Das Entscheidende ist, dass wir weiterhin einen gesunden Staatshaushalt haben. Der wesentliche Unterschied zu Lettland ist dabei, dass wir in guten Zeiten eine Rücklage geschaffen haben: zehn Prozent unseres Bruttoinlandprodukts. Dann haben wir konsequent die öffentlichen Ausgaben gekürzt. Das ist natürlich schwierig und für viele schmerzhaft, weil das auch bedeutet, dass man Renten einfriert, Gehälter einfriert oder sogar senkt. Aber interessanterweise haben die Esten erkannt, dass es anders nicht geht, die Leute akzeptieren das in einer solchen wirtschaftlichen Lage."

    Estland steht heute ohne Zweifel besser da als die lettischen Nachbarn. Darauf verweist die Regierung besonders gerne mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen im März: Tallinn braucht positive Nachrichten nach der ganzen Krisen-Diskussion.

    Beim Gang durch die schmucke Altstadt von Tallinn mit ihren trendigen Bars und Restaurants ist tatsächlich wenig zu spüren von der Krise, die Estland 2008 noch stärker traf als andere Teile Europas. Auch im Frühherbst drängen sich am zentralen Platz mit dem gotischen Rathaus die ausländischen Besucher. Vor allem Finnen und Schweden sind es, die um diese Jahreszeit mit der Fähre anreisen. In den Straßencafés der ehemaligen Hansestadt Reval genießen sie die für skandinavische Verhältnisse niedrigen Preise für Bier und estnischen Wodka. Die finnische Hauptstadt Helsinki ist nur zwei Fährstunden entfernt, und das kurbelt nicht nur den Tourismus an – manche Esten und Finnen pendeln täglich zur Arbeit von einer Hauptstadt in die andere oder kehren am Wochenende nach Hause zurück. "Tallsinki" heißt der neue Wirtschaftsraum im äußersten Nordosten Europas deshalb im Volksmund.

    Und dennoch: Nicht nur viele Menschen auf der Straße, auch unabhängige Experten wie Rainer Kattel sehen die Lage in Estland weiterhin kritisch.

    "Jetzt immer nur auf Griechenland und Spanien zu schauen, wenn man über die Probleme in der EU spricht, halte ich für zu kurzsichtig. Denn im Prinzip sieht es im Baltikum nicht großartig anders aus. Wir haben zwar nicht diese hohe Verschuldung, dafür in Estland aktuell 18 Prozent Arbeitslose. Die Problematik verlagert sich dadurch nur auf einen anderen Bereich. Die Politiker sagen immer: Die Krone abzuwerten war keine Alternative zur Euro-Einführung, weil ja alle Kredite bei uns in Euro gewährt wurden. Aber die kann man ja unproblematisch umwandeln in Kronen. Was wir am Ende haben, ist eine Art interner Abwertung mit gekürzten Löhnen, letztlich kommt das aufs Gleiche raus, nur dass das jetzt ein sehr schmerzhafter und langwieriger Prozess ist. Auch die Spanier wären aktuell sicher glücklicher, wenn sie nicht den Euro hätten und ihre eigene Währung abwerten könnten. Die EU müsste eine Art Bundesstaat werden, dann würde das funktionieren. So aber hängen wir irgendwo in der Luft herum, und Estland wird ein Teil dieses Chaos-Clubs EU."

    Wie fest die Wirtschaftskrise den ehemaligen Tiger-Staat noch immer im Griff hat, zeigt sich in Orten wie Kohila, einem Städtchen 30 Kilometer südlich von Tallinn. Dort wohnen Marina und Ants Kummer. 15 Jahre lang hat das Ehepaar in der Papierfabrik Atlanta am Ortsrand von Kohila gearbeitet. Am 1. April 2009 dann war endgültig Schluss mit der Produktion dort, Marina und Ants gehörten zu den Letzten, die noch an den Maschinen standen und Schreibwaren für den europäischen und amerikanischen Markt produzierten.
    Jetzt stehen die beiden in einer der verwaisten Hallen und wissen noch immer nicht, wie es weiter gehen soll:

    "Früher haben hier 500 Leute gearbeitet, in guten Zeiten, dann wurde immer weiter abgebaut bis auf 200 Leute. Das ging alles ziemlich schnell, die richtigen Probleme fingen so im Februar, März 2008 an. Die Nachfrage war nicht mehr da, und die Produktion wurde gedrosselt. Anfang letzten Jahres kamen dann die ersten Gespräche über eine Schließung, im Februar hat uns die holländische Konzernzentrale von Atlanta mitgeteilt, dass tatsächlich dicht gemacht wird."

    Ants Kummer arbeitet seit Kurzem halbtags in einem Kindergarten als Hausmeister – ehrenamtlich, damit ihm nicht die Decke auf den Kopf falle, sagt er verbittert. Der 63-jährige will vom Euro nichts wissen:

    "Vom Staat darf man bei uns nichts erwarten. Die Politiker kümmern sich darum, dass der Euro kommt, das Defizit runter geht. Aber unsere Lage ist trostlos, hier jedenfalls gibt es kaum noch Arbeit. Den offiziellen Zahlen traue ich sowieso nicht: 90 000 Arbeitslose sollen es angeblich landesweit sein, es sind aber sicher 150 000. Von unseren Freunden und Bekannten jedenfalls hat fast niemand Arbeit mehr, oder die Leute arbeiten schwarz. Viele fangen auch wieder an selbst Gemüse anzubauen, unten vorm Haus, weil sie das Geld nicht haben, um in den Laden zu gehen. Vieles wird dann nachts von anderen geklaut. Dieser Winter wird zeigen, wo wir wirklich stehen in Estland. Dabei geht es uns ja noch ganz gut, die Wohnung gehört uns, und mit meinen 5000 Kronen Rente liege ich immer noch über dem estnischen Mindestlohn von 4200 Kronen, das sind 280 Euro."

    Rund dreieinhalbtausend Menschen wohnen in Kohila, einer ansprechenden Stadt mit bunten Holzhäusern und Gärten. Vor allem wegen der nahen Wälder und Seen leben die Menschen gerne hier, erzählen Marina und Ants. Sogar ein Gymnasium gibt es, 2007 ist eine neue Sporthalle gebaut worden, und in der Ortsmitte existiert ein kleines Einkaufszentrum.

    Doch der Schein trügt, denn die holländische Papierfabrik ist nicht das einzige Unternehmen, das in Kohila seine Pforten geschlossen hat. 500 Meter entfernt stehen auch in der Sperrholzfabrik Baltic Panel die Maschinen still.

    Die ehemals 130 Arbeiter aus der Region säßen zu Hause und wüssten nicht, wie es weiter gehen soll, äußert der ehemalige Fabrikdirektor Tiit Tammsaar, der auch schon estnischer Landwirtschaftsminister war. Der baltische Tiger, sinniert Tammsaar zynisch, sei wohl doch eher ein Kätzchen gewesen.

    Ants und Marina Kummer wechseln im Alltag ständig zwischen zwei Sprachen. Marina ist in Russland geboren, Ants gebürtiger Este. Damit sind die beiden so etwas wie ein Abbild der estnischen Gesellschaft. Denn fast ein Drittel der Bevölkerung ist russischstämmig - ein bis heute schwieriges Erbe aus der Sowjetära.

    In Narva an der Grenze zu Russland sind 90 Prozent der 60.000 Einwohner russischsprachig, in der Hauptstadt Tallinn immerhin 40 Prozent von insgesamt 400.000 Bewohnern. Die Hälfte dieser russischstämmigen Menschen besitzt die estnische Staatsbürgerschaft, ein weiteres Viertel die russische. Der Rest ist staatenlos - wie Marina Wolkowa, die am Tallinner Bahnhof ihren Marktstand hat. Die Menschen ohne Pass können durch den EU-Beitritt Estlands heute immerhin VISA-frei reisen, was vor 2004 unmöglich war.

    Wer die estnische Staatsbürgerschaft erhalten will, muss einen schriftlichen und mündlichen Sprachtest bestehen, zudem eine Prüfung in Staatsbürgerkunde ablegen. Ausgenommen sind Invaliden und alte Menschen über 70, auch der Abschluss einer estnischen Schule bewahrt vor dem Test.

    Doch immer weniger Menschen beantragen die estnische Staatsbürgerschaft. Das habe auch mit den Ereignissen vom April 2007 zu tun, erläutert der Soziologe Alexej Semjonov vom Informationszentrum für Menschenrechte in Tallinn. Damals gingen russischstämmige Demonstranten auf die Straße, um gegen die Entfernung eines sowjetischen Kriegerdenkmals aus dem Stadtzentrum von Tallinn zu protestieren. Es kam zu blutigen Straßenschlachten mit der Polizei. Ein junger Mann starb, viele wurden verletzt – nach Einschätzung Semjonovs eine Art nationales Trauma für das kleine Estland. Hinzu komme, dass die russische Minderheit besonders stark betroffen sei von der hohen Arbeitslosigkeit in Zeiten der Krise.

    "Ich selbst und auch meine Kinder sind estnische Staatsbürger, weil meine erste Frau Estin war. Ich frage meine Kinder ab und zu, aber sie sagen, dass sie keine Probleme haben wegen ihrer Abstammung von einem russischen Vater. Was wir aber spüren: Es gibt weniger Kontakte zwischen Russen und Esten als früher. Da war nie so etwas wie eine Feindschaft, das Verhältnis ist gut. Aber nach 2007 gab es eine Entfremdung, das spüren wir deutlich."

    Was die künftige Entwicklung Estlands betrifft, ist auch Wirtschaftsexperte Rainer Kattel eher skeptisch. Die Krise ist seiner Meinung nach längst nicht vorbei, viele Menschen würden noch Jahre unter einer immensen Schuldenlast leiden.

    "Man kann das vielleicht mit Teilen von Ostdeutschland vergleichen. Auch bei uns wird eine echte Entwicklung schwierig werden. Tallinn wird es auch in Zukunft gut gehen mit seinen Touristen, oder Tartu als Universitätsstadt. Aber ich fürchte, dass große Teile Estlands mehr und mehr entvölkert werden, weil die Menschen von dort in die Städte oder ganz weggehen."

    So pessimistisch sieht Wirtschaftsminister Juhan Parts die Zukunft des Landes nicht, vor allem Vergleiche zwischen Estland und Westeuropa hält er für problematisch.

    Auch Präsident Toomas Hendrik Ilves ist vorsichtig optimistisch, was die Zukunft des Landes angeht. Wie Rainer Kattel aber räumt er ein, dass es nicht leicht sein werde für das kleine Estland sich auf dem Weltmarkt zu behaupten – Euro-Einführung hin oder her:

    "Wo wir vor allem ansetzen müssen, ist der Bildungsbereich. Alle Welt studiert heutzutage Soziologie, Medienwissenschaften, Marketing. Wir brauchen aber auch Leute, die Naturwissenschaften an der Uni belegen, Ingenieure, Techniker. Das hat ja auch Deutschland einmal groß gemacht. Das ist ja ein paneuropäisches Problem. Genauso wie ein anderes Dilemma: Wir haben hier in Tallinn eine wunderbare Altstadt. Das ist aber ein Museum. Und wir wollen nicht Disneyland sein genauso wenig wie Europa Disneyland sein will für den Rest der Welt. Wenn wir aber nicht Dinge wie Skype produzieren, bleibt nicht viel übrig außer Disneyland, und Asien wird uns endgültig überholen."