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Abschlusspräsentation an der Clownschule Hannover
Ärger über die Horrorclowns

An der Clownschule TuT in Hannover zeigte die Abschlussklasse vor Publikum alle Facetten ihrer Kunst. Dabei betonten die Clowns das Poetische und Menschliche ihrer Figuren. Für Verärgerung sorgten die Horrorclowns, die rund um Halloween ihr Unwesen trieben.

Von Dietrich Mohaupt | 07.11.2016
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    Porträt eines traurigen Clowns: Clowns drücken ganz unterschiedliche Emotionen aus. (Imago Stock)
    Es war ein Abend, der alle Facetten der Clown-Kunst zeigte – von laut, bunt und schrill über die leisen, eher melancholischen Töne bis hin zum klassischen Sketch – ein Abend zum Genießen, fanden die Besucher:
    "Der Clown bringt Freude, obwohl er manchmal auch sehr traurig sein kann. Es ist auch einfach mal ganz entspannend, ohne drüber nachzudenken, was die darstellen, einfach mal genießen – einfach mal die Komik zu genießen, dass jemand den Mut aufbringt, sich einfach so – ich sag mal – zum Affen zu machen, das finde ich klasse. Mich fasziniert am Clown, dass der anders ist als ich."
    Horrorclowns rücken die Clown-Kunst in ein schlechtes Licht
    Dieses Anderssein – für Clowns ist das ein zentraler Wesenszug, der sich vielleicht am Ehesten mit einem kleinen Ausflug zu den Wurzeln der Clowns erklären lässt. Lange waren sie einfach ein Haufen wilder Gaukler, oft Behinderte, Verkrüppelte oder Ausgestoßene, Hofnarren oder Schauspieler. Alle mit einem gemeinsamen Merkmal: Sie waren anders, gaben sich anders. Und wollten mit teilweise aggressiv-erschreckendem Auftreten Aufmerksamkeit erregen.
    Lustigsein stand dann erst an zweiter Stelle. Dieses Unangepasste, Unberechenbare am Clown gehört zu seinem Reiz und kann auch heute noch Ängste hervorrufen. Wobei Dieter Bartels vom Leitungsteam der Clown-Schule TuT in Hannover vor allem von den zuletzt so massiv aufgetretenen Horrorclowns überhaupt nichts hält:
    "Was mich an diesen ganzen Horrorclown-Geschichten am meisten ärgert, ist, dass die gute Arbeit, die viele auch unserer ehemaligen Absolventen gerade in Kinderkliniken in den letzten zehn, 15 Jahren aufgebaut haben, dass die damit einfach auch ein bisschen in ein schlechtes Licht gerückt wird. Wenn man einmal mit einem Kinderklinik-Clown gesprochen hat, dann weiß man, was für eine wertvolle Arbeit die machen."
    Klinik-Clowns leisten wertvolle Arbeit
    Für die Arbeit als Klinik-Clown gibt es sogar eine spezielle Fortbildung an der Schule. Ansonsten sind die Kurse auf kein festes Berufsbild Clown festgelegt. Was die Schülerinnen und Schüler später daraus machen, sei jedem selbst überlassen, betont Dieter Bartels. Anmelden bei der Schule für Tanz, Clown und Theater kann sich eigentlich jeder. Bei einer Art Casting erfolgt eine Auswahl. Und wer die übersteht, der kommt in den nächsten dreieinhalb Jahren regelmäßig für Intensivkurse nach Hannover, erläutert Dieter Bartels das Ausbildungsprogramm der Schule:
    "Man lernt erst einmal, sich freizuspielen, lebendig zu werden, mit dem Körper zu arbeiten, zu improvisieren. Und dann gibt es im Verlauf der Ausbildung handwerkliche Schulung, Maskenspiel zum Beispiel. Dann lernt man, eine Clownfigur zu kreieren, dann lernt man den szenischen Bau."
    Moderne Clowns sind heute Regisseure, Autoren und Schauspieler in einer Person. Aber sie müssen auch immer ein bisschen sie selbst sein, betont Dieter Bartels:
    "Es ist ein bisschen so, dass manchmal, wenn Jugendfreunde kommen und sagen, ah, so warst Du als Kind schon, dass man das Kind, dass in uns allen noch vorhanden ist und auch weiterlebt, wenn es darf, dass man das sehr gut im Clown sehen kann."
    Der Clown als gruselige Verkörperung persönlicher Ängste
    In seinem Horrorroman "Es" hat Stephen King den Clown als gruselige Verkörperung persönlicher Ängste zu einer Hauptfigur gemacht. Das mag eine Menge zu dem Grusel-Image beigetragen haben, das sich gerade zu Halloween als nerviger Trend auch in Deutschland manifestiert hat, meint Oliver Zinn, der als Clown Floppy gerade seine Ausbildung abgeschlossen hat:
    "Ich finde es schade und traurig, dass so etwas passiert, weil der Clown so etwas wunderbar Poetisches und Menschliches ist. Der Clown ist das innere Kind. Und im Grunde genommen hat jeder dieses innere Kind in sich. Das ist aber nicht brutal oder gewalttätig, sondern es ist ... der Mensch an sich, der ist liebevoll. Und ein Clown hat alle Emotionen, er kann auch diese Wut haben, aber das ist ein minimaler Ausschnitt, wie bei uns allen, die wir ja nur Menschen sind, ist es beim Clown genau das gleiche."
    Genau davon konnten sich die Zuschauer in Hannover bei der Abschlusspräsentation der aktuellen Ausbildungsklasse der Clown-Schule TuT überzeugen. Und dafür gab es Standing Ovations. Von Horrorclowns keine Spur. Und das sei auch gut so, hieß es im Publikum, denn:
    "Das ist eine Beleidigung der echten Clowns. Mehr möchte ich gar nicht dazu sagen. Das andere finde ich erschreckend, das finde ich brutal. Und ich hoffe, dass es zurückgeht – es ist eine Beleidigung des klassischen Clowns."