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Abspaltung von Moskau
Ukraine bekommt eigene orthodoxe Landeskirche

Eine Synode orthodoxer Bischöfe hat in Kiew eine von Russland unabhängige ukrainische Kirche gegründet: Das ermöglicht es ihnen erstmals seit mehr als 300 Jahren, sich der Aufsicht der russisch-orthodoxen Kirche zu entziehen. Die reagierte mit Warnungen vor einer Verfolgung Moskau-treuer Kirchen.

Von Florian Kellermann | 15.12.2018
    Der ukrainische Präsident Poroschenko, das Oberhaupt der neuen orthodoxen Kirche, Metropolit Epiphanius, und Oberbischof Emmanuel.
    Der ukrainische Präsident Poroschenko, das Oberhaupt der neuen orthodoxen Kirche, Metropolit Epiphanius, und Oberbischof Emmanuel. (dpa/ Ukrainisches Präsidialamt)
    Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ließ keinen Zweifel daran, dass die Eigenständigkeit der ukrainischen orthodoxen Kirche für ihn vor allem politische Bedeutung hat. Die Ukraine löse sich weiter von Russland, sagte er nach dem Ende der Synode vor Tausenden, die sich vor der Sophienkathedrale in Kiew versammelt hatten:
    "Ich gratuliere euch dazu, dass ihr die geistliche Unabhängigkeit erlangt habt. Wir haben in der Ostukraine den Aggressor, Russland, aufgehalten. Wir haben eine kampfbereite Armee geschaffen. Und wir sind überzeugt davon, dass auch eine Nationalkirche ein Garant für unsere Unabhängigkeit ist. Wir werden ganz sicher siegen."
    Die Synode trug den Namen "Vereinigungssynode". Drei Kirchen sollten zusammenfinden: Eine kleine orthodoxe ukrainische Kirche, die bereits 1919 gegründet wurde - und die beiden großen orthodoxen Kirchen. Die eine ordnet sich dem Patriarchen in Moskau unter. Bisher wurde sie in der orthodoxen Welt als einzige kanonische Kirche angesehen. Und eine Kirche, die in den 1990-er Jahren gegründete wurde und die ein eigenes Patriarchat in Kiew postulierte.
    Dem Moskauer Patriarchat untergeordnet
    Mehrere Stunden lang wählten die Bischöfe ein neues Oberhaupt. Am Abend erklärte der frisch gekürte Patriarch Epiphani:
    "Bei jedem Gottesdienst bitten wir darum, dass die Christenheit einig sein möge. Und der Herr hat unsere Bitten erhört und hat uns diese Einigkeit geschenkt, wir unsere Streitigkeiten beigelegt und uns in einer ukrainischen Kirche vereinigt."
    Damit verschwieg der neue Kiewer Patriarch jedoch den Widerstand der orthodoxen ukrainischen Kirche, die sich dem Moskauer Patriarchat unterordnet. Sie verweigerte ihre Teilnahme an der Synode und steht auf dem Standpunkt, dass sie weiterhin die einzige rechtmäßige orthodoxe Kirche in der Ukraine ist. Nur einige wenige ihrer Bischöfe nahmen deshalb an der Versammlung in Kiew teil.
    "Die Macht des Bösen ist am Werk"
    Der Moskauer Patriarch Kirill erklärte im Vorfeld der Synode:
    "In unserem Bruderland gehen sehr bedrohliche Dinge vor sich. Die Macht des Bösen ist am Werk, sie will eine angeblich unabhängige Kirche gründen. Das dürfen wir nicht zulassen. Hört denen nur zu, die sich dort versammeln: Aus ihnen sprechen die Bosheit und der Hass. Und diese können sicher nicht von Gott kommen."
    Anders sieht das Kirills Gegenspieler in der orthodoxen Welt - der Patriarch von Konstantinopol Bartholomäus. Er war die treibende Kraft in der orthodoxen Welt für die offizielle Gründung einer eigenständigen ukrainischen Kirche. Als ranghöchster Patriarch sieht er sich berechtigt, der Ukraine die Autokephalie, so das offizielle Wort, zu verleihen. Die entsprechende Zeremonie soll zum orthodoxen Weihnachtsfest am 6. Januar stattfinden.