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Adolf Busch & Busch Quartet
Ikonen der Schallplattengeschichte

Sammlern und Liebhabern historischer Kammermusikaufnahmen ist der Geiger Adolf Busch ein fester Begriff. Viele seiner Einspielungen sind noch heute Vorbilder, allen voran die Aufnahmen der späten Beethoven-Streichquartette mit dem Busch Quartett, das Adolf Busch als Primarius anführte.

Von Norbert Hornig | 27.12.2015
    Der Geigen-Virtuose Adolf Busch, Gründer des "Busch-Quartetts"
    Der Geigen-Virtuose Adolf Busch, Gründer des "Busch-Quartetts" (dpa / picture alliance)
    Warner Classics hat nun sämtliche Aufnahmen des Geigers, die in den Jahren zwischen 1928 und 1949 für "His Masters Voice" entstanden, und von denen einige lange vergriffen waren, in einer umfangreichen Edition auf 16 CDs und einem Begleittext des Busch-Biographen Tully Potter wiederveröffentlicht.
    Ludwig van Beethoven. Aus: Streichquartett Nr. 13 B-Bur op. 130. 5. Satz (Cavatina: Adagio molto espressivo) (Ausschnitt)
    Die berühmte "Cavatina" aus dem Streichquartett op. 130 von Ludwig van Beethoven in der Einspielung mit dem Busch Quartett von 1941 ist von einer Eindringlichkeit und Suggestivkraft, die immer wieder fasziniert. Die Aufnahmen der Beethoven-Quartette mit dem Busch Quartett sind Ikonen der Schallplattengeschichte. Vor allem diese Tondokumente haben die Erinnerung an Adolf Busch wachgehalten. Sein Name steht für eine der markantesten deutschen Geigerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
    Busch wurde 1891 als Sohn eines Instrumentenbauers und Geigers im westfälischen Siegen geboren. Drei seiner vier Brüder wurden ebenfalls Berufsmusiker und brachten es weit: Fritz Busch gelang eine Weltkarriere als Dirigent, Hermann Busch spielte viele Jahre als Cellist im Busch Quartett.
    Umjubelte Konzerterfolge
    Adolf Busch erhielt seinen ersten Violinunterricht beim Vater und studierte dann in Köln bei Willy Hess und Bram Eldering, die beide Schüler von Joseph Joachim waren. Auch die Begegnung mit Max Reger prägte den jungen Musiker sehr.
    Das Jahr 1910 markiert den Beginn seiner internationalen Karriere. Umjubelte Konzerterfolge in Berlin, Wien und London bringen den jungen Geiger weit voran. 1918 beginnt er an der Berliner Hochschule für Musik zu unterrichten, ein Jahr später gründet er sein Streichquartett.
    Von 1921 an spielt Busch, der zeitlebens ein passionierter Kammermusiker war, auch im Duo mit dem Pianisten Rudolf Serkin. In einer ganzen Reihe von Aufnahmen ist diese kongeniale künstlerische Partnerschaft dokumentiert:
    Franz Schubert. Aus: Fantasie für Violine und Klavier C-Dur D934. 5. Satz (Allegretto) (Ausschnitt), 6. Satz (Presto). Adolf Busch (Violine), Rudolf Serkin (Klavier)
    Mit der legendären Aufnahme von Franz Schuberts Fantasie für Violine und Klavier begann 1931 in London die Zusammenarbeit von Adolf Busch und Rudolf Serkin im Schallplattenstudio. Die Künstler spielten in den folgenden Jahren auch noch Sonaten u.a. von Bach, Mozart, Beethoven, Schumann und Brahms für "His Masters Voice" ein, die alle auf einen Griff in der neuen Edition von Warner Classics wieder verfügbar sind. Serkin wirkte mit Musikern des Busch Quartetts zudem in einigen Brahms- und Schubertaufnahmen mit, die ebenfalls zu den diskographischen Juwelen gehören.
    Johannes Brahms. Aus: Klavierquintett f-Moll op. 34. 1. Satz (Allegro non troppo) (Ausschnitt). Rudolf Serkin (Klavier)
    Die Aufnahme des Klavierquintetts von Johannes Brahms op. 34 mit Rudolf Serkin und dem Busch Quartett entstand 1938 in den Abbey Road Studios in London - zu einer Zeit, als Adolf Busch Deutschland schon lange verlassen hatte. Bereits 1927 war er, als Reaktion auf den aufkommenden Nationalsozialismus, in die Schweiz umgesiedelt. Nach der Machtergreifung von Hitler kehrte Busch, wie auch sein Bruder Fritz, dem deutschen Musikleben den Rücken. Für seine Überzeugungen zahlte er einen hohen Preis. Seine Karriere brach ein, was mit gravierenden materiellen Einbußen verbunden war. Später boykottierte er auch die englischen Konzertsäle. 1938 engagierte sich Busch noch bei der Gründung des Lucerne Festivals und spielte als Konzertmeister des Orchesters unter Toscanini und trat als Solist auf. 1939 emigrierte er dann in die Vereinigten Staaten, traf dort jedoch nicht auf dieselbe Wertschätzung, die er in Europa genossen hatte. Außerdem verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehens, insofern kam sein plötzlicher Tod 1952 in seiner Wahlheimat Guilford/Vermont nicht ganz überraschend.
    Es gehört zur Tragik von Adolf Busch, dass er im Zenit seines geigerischen Könnens keines der großen Violinkonzerte für die Schallplatte eingespielt hat. Spätere Rundfunk-Mittschnitte vermitteln nicht mehr die ganze Bandbreite der Ausdruckskraft, die er in den 1920er und 30er Jahren besessen hatte, in denen die meisten seiner großen Aufnahmen entstanden:
    Johann Sebastian Bach. Aus: Partita für Violine solo Nr. 2 d-Moll BWV 1004. 5. Chaconne (Ausschnitt). Adolf Busch (Violine)
    Die 1929 in London entstandene Aufnahme der Partita in d-Moll mit der Chaconne von Johann Sebastian Bach gehörte zu den ersten Schallplattenprojekten, die Adolf Busch für "His Master Voice" realisierte.
    Die Interpretation lässt Grundzüge des Spiels von Busch gut erkennen. Offensichtlich wurzelt seine Kunst noch im 19. Jahrhundert, über seine Lehrer Willy Hess und Bram Eldering stand Busch noch in der Tradition von Joseph Joachim. Eine gewisse Urwüchsigkeit und Geradlinigkeit, verbunden mit einem eher sparsamen Vibratogebrauch und Portamenti, die gern auch den tieferen Ton ansteuern, sind Charakteristika seines Violinspiels, das in der Summe sehr individuell, manchmal auch kantig, aber immer aufrichtig und ehrlich wirkt.
    Adolf Busch profilierte sich als überaus vielseitiger Musiker. Er trat als Solist auf, spielte bei jeder Gelegenheit Kammermusik, er komponierte und unterrichtete. Außerdem gründete er 1935 ein Kammerorchester: die "Busch Chamber Players". Diese spielten mit Busch am ersten Pult in London Mitte der 1930er Jahre die Orchestersuiten und die Brandenburgischen Konzerte von Bach ein. Das dritte Brandenburgische Konzert besetzte Busch mit nur jeweils einem Instrumentalisten pro Stimme, Geigen und Bratschen spielten dabei im Stehen, was wieder einmal zeigt, dass die Bewegung der "Historischen Aufführungspraxis" nicht aus dem Nichts heraus entstanden ist.
    Johann Sebastian Bach. Aus: Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048. 2. und 3. Satz (Adagio – Allegro)
    Die Neue Platte im Deutschlandfunk. Heute stellten wir Ihnen eine Veröffentlichung aus dem Bereich "Historische Aufnahmen" vor – eine Edition mit sämtlichen Einspielungen von "His Masters Voice" und "Columbia", in denen der Geiger Adolf Busch als Solist und Kammermusiker mitwirkt. Die Box mit 16 CDs ist bei Warner Classics unter dem Titel "Adolf Busch & Busch Quartet" erschienen.
    Adolf Busch & Busch Quartet – The Complete Warner Recordings
    LC 02822 Warner Classics 0825646019311 EAN 825646019311