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Ägypten
Die Revolution am Ende, die Helden hinter Gittern

Vier Jahre ist es her, dass vor allem junge Menschen in Ägypten auf die Straße gingen, um den Sturz von Präsident Husni Mubarak zu fordern. Von dem Arabischen Frühling, den sie einläuteten, ist nicht mehr viel zu spüren. Er hat die staatlichen Strukturen nicht wirklich verändern können. Aber die Gesellschaft hat sich stark verändert.

Von Elisabeth Lehmann | 17.12.2014
    Ägyptische Anti-Mubarak-Demonstranten in Kairo skandieren Parolen nach der Aufhebung des Gerichtsverfahres gegen den ehemaligen Präsidenten
    Proteste in Kairo nach Aufhebung des Verfahrens gegen den ägyptischen Ex-Präsidenten Mubarak (dpa / Islam Farouk)
    Die Mohammad Mahmoud Straße in Downtown Kairo. Einen Steinwurf von hier entfernt befindet sich der weltberühmte Tahrir-Platz. Stacheldraht und massive Betonblöcke gehören in dieser Gegend seit einiger Zeit zum Straßenbild. Bei Bedarf wird der Tahrir damit einfach abgeriegelt, damit er nicht wieder besetzt wird von den Massen, wie vor vier Jahren, im Januar 2011. Denn seit dieser Zeit kommt Ägypten nicht wieder zur Ruhe. Taimour Mallawani, war damals dabei – als Aktivist. Der 25-jährige junge Mann zeigt auf die bunten Graffitis an den Wänden rechts und links der Bordsteine. Sie erzählen die Geschichte der Revolution und damit auch seine Geschichte, als er auf die Straße ging, um für ein besseres Ägypten zu demonstrieren. Dafür hat er einen hohen Preis bezahlt.
    "Ich wurde angeschossen, aber ich wollte nicht ins Krankenhaus gehen."
    Das war im November 2011, als die Polizei eine Sitzblockade in der Mohammad-Mahmoud-Straße auflöste. Keine zwei Wochen später hat es Taimour noch einmal getroffen:
    "Das ist am 16. Dezember passiert, vor dem Parlament. Ein paar Soldaten haben Ziegel, Steine, Schränke und Stühle vom Dach auf die Demonstranten geworfen. Das wurde sogar gefilmt. Ein Stein hat meine Brille durchschlagen. So habe ich mein Auge verloren."
    Heute hat Taimour ein künstliches Auge. Es fällt auf, es passt nicht richtig. Fragt er sich manchmal, ob es das wert war?
    "Nein, ich bereue nichts. Denn wenn jemand Freiheit fordert und für diese Freiheit mit seinem Blut bezahlt, ist das eben der Preis dafür. Außerdem gibt es so viele Märtyrer, die ihr Leben gelassen haben für uns, damit wir in Freiheit leben können."
    Millionen von Ägyptern mobilisiert
    Taimour gehört zur sogenannten Revolutionsjugend, einer kleinen Gruppe von jungen Ägyptern, die es 2011 und 2013 über Twitter und Facebook geschafft haben, Millionen von Ägyptern zu mobilisieren und zwei Präsidenten zu stürzen.
    Rückblick: Januar 2011: Hunderttausende Ägypter ziehen auf den Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo, harren dort tagelang aus und fordern den Rücktritt von Langzeitpräsident Husni Mubarak. Die Menschen haben genug vom Pharao und seinem Clan. 30 Jahre haben sie zugeschaut, wie sich wenige im Land bereicherten. Lange genug haben sie sich den Mund verbieten lassen. Es sind vor allem die jungen Menschen wie Taimour, die ihr ganzes Leben unter Mubarak verbracht haben. Nun fordern sie Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit.
    Am 11. Februar dann der Triumph: Husni Mubarak tritt zurück. Die Demonstranten sehen sich am Ziel. Doch die Geschichte wiederholt sich. Der demokratisch gewählte neue Präsident Mohammed Mursi entpuppt sich als Autokrat. Er kommt aus der Muslimbruderschaft. Diese Organisation versucht das Land zu islamisieren. Das gefällt den Ägyptern nicht, und sie haben gelernt, sich zu wehren. Am 30. Juni 2013, nach nur einem Jahr im Amt, ziehen wieder Hunderttausende auf den Tahrir und fordern Mursis Rücktritt. Wieder ist es die Jugend, die die Massen über die sozialen Netzwerke mobilisiert. Drei Tage später erklärt Feldmarschall Abdel Fattah El Sisi den Präsidenten für abgesetzt. Das Militär übernimmt die Macht. Wieder feiern die Demonstranten ihren Sieg. Auch Taimour. Er ahnt noch nicht, dass El Sisi der bislang mächtigste Gegner werden wird.
    Mubarak ist wieder frei
    "El Sisi ist eine Fortsetzung von Mubaraks Regime. Deswegen werden Mubaraks Leute in den Prozessen, die im Moment stattfinden, auch reingewaschen: seine Minister, seine Söhne. Und er selbst ist auf dem Gipfel des Glücks. Er wird frei sein. Und wir, die Revolutionsjugend, wir müssen dafür bezahlen. Leider."
    Taimour konnte an diesem Tag im Oktober noch nicht wissen, dass sich seine Vorahnung bitter bewahrheiten wird. Der junge Mann wurde kurz darauf verhaftet, 15 Jahre Gefängnis lautete das Urteil, weil er gemeinsam mit anderen Aktivisten friedlich demonstriert hatte. Und Mubarak ist frei.
    "Wie für jeden anderen Menschen auch wird ein Urteil gegen oder für ihn nach dem Ableben fallen, das wird die Geschichte entscheiden oder er, der Richter aller Richter. Der Wahre, der Gerechte wird ihn, den früheren Herrscher, nach seinen Untertanen fragen. Ich vertraue Ägypten und sein Volk dem an, bei dem keine Sachen verloren gehen."
    So klingt in den Worten von Richter Mohammed El Rashidi ein Freispruch. Jubel bricht aus im Gerichtssaal. Die Vertreter des alten Regimes beglückwünschen Husni Mubarak, der auf einer Liege hinter einer Glasscheibe die Urteilsverkündung verfolgt. Die Fernsehbilder zeigen die Genugtuung auf dem Gesicht des 86-Jährigen.
    Mubarak, sein Innenminister Habib El Adly und führende Sicherheitsoffiziere waren angeklagt, weil sie im Frühjahr 2011 einen Schießbefehl gegeben haben sollen. Mehr als 800 Demonstranten kamen damals ums Leben. Außerdem sollen Mubarak und seine Söhne Gamal und Alaa Staatsgelder veruntreut haben. Auch von diesem Vorwurf wurden sie freigesprochen. Nun kann Mubarak seinen Lebensabend in Freiheit verbringen. Das Urteil ist der Sargnagel für die Revolution und ihre Ziele. Es ist das Zeichen an die Revolutionäre: Eure Meinung ist in diesem Land nicht mehr erwünscht.
    Ägyptens Ex-Präsident beim Transport vom Gericht ins Krankenhaus
    Ägyptens Ex-Präsident beim Transport vom Gericht ins Krankenhaus (KHALED DESOUKI / AFP)
    Präsident Abdel Fattah El Sisi erklärte, dass er sich nicht zu dem Urteil äußern werde. Er glaube an die Unabhängigkeit der ägyptischen Justiz. Doch der Richterspruch dürfte in seinem Sinne gewesen sein. El Sisi versucht im Moment die Uhr wieder zurückzudrehen; er möchte Ägypten wieder dort sehen, wo es Ende 2010 stand, als das Volk noch nicht so offen rebellierte, und als es noch keine Terroristen im eigenen Land gab. Heute vergeht kaum eine Woche, ohne dass Bomben explodieren. Meist trifft es Polizei und Militär. So auch Ende Oktober. Bei zwei Anschlägen im Norden der Sinaihalbinsel sterben 30 Soldaten. In einer Fernsehansprache schwört El Sisi die Ägypter auf einen noch härteren Kurs ein.
    "Ägypten befindet sich im Krieg, ein Krieg um seine Existenz. Das heißt, dass wir alle, wir Ägypter, vereint sind im Herzen. Seid nicht verwirrt, seid nicht traurig. Aber wir müssen wissen, wie umfangreich die Verschwörung gegen uns ist. Ich sorge mich nur um euch Ägypter."
    Ein steiniger Weg mit Leid und Blut
    El Sisi ist ein Mann des Militärs, so wie es Mubarak auch war. Der Staat im Staat hat wieder die Kontrolle, daran lässt der Präsident keinen Zweifel.
    "Das Volk muss Hand in Hand gehen mit dem Militär und den Sicherheitskräften. Gibt es jemanden, der sich zwischen uns stellen will? Gibt es irgendjemanden, der sich zwischen das ägyptische Volk und die Armee stellen will? Das ist die wahre Gefahr, die uns bedroht. Wir müssen sicher sein, dass wir alle in dieselbe Richtung wollen. Wir wollen den ägyptischen Staat umbauen. Das ist nicht einfach. Das braucht Geduld. Das ist ein steiniger Weg, mit Leid und Blut. Und wir alle müssen dafür bezahlen, für unser Land, jetzt und für die nächsten Generationen."
    Für diesen Umbau hat sich El Sisi in den vergangenen Wochen das passende Gerüst an Gesetzen konstruiert. Ein Regen an Gesetzen, eines restriktiver als das andere, sagt Gasser Abdel Razek. Er sitzt im Vorstand der Ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte, kurz EIPR, einer der ältesten und renommiertesten Menschenrechtsorganisationen des Landes. El Sisi habe sich zum Ziel gesetzt, die Zivilgesellschaft auszuschalten. Der Präsident hat unter anderem das Strafrecht verschärft. Nun kann es für zivilgesellschaftliche Organisationen strafbar sein, Geld aus dem Ausland zu bekommen oder andere Dinge – das steht genauso im Gesetzestext -, wenn diese Dinge die Interessen des ägyptischen Staates verletzen. Den Mitarbeitern der Organisationen drohen 15 Jahre Gefängnis dafür. Die Frage für uns ist also, wie der Staat das "Verletzen der ägyptischen Interessen" interpretiert und ob wir bereit sind, die nächsten 15 Jahre hinter Gittern zu verbringen. Die Situation ist also schwierig.
    Die Menschen lassen ihn machen, solange er für Ruhe sorgt
    Nach den Anschlägen auf die Militärposten im Nord-Sinai hat El Sisi zudem die Militärgerichte wieder eingeführt. Die gab es unter Mubarak schon einmal. Nun werden sie noch verschärft, denn auch Studenten können vor ein Militärgericht gestellt werden - wenn sie die nationale Sicherheit bedrohen. Der Verweis auf die nationale Sicherheit gibt El Sisi eine Art Freibrief, sagt Abdel Razek. Die Menschen ließen ihn machen, solange er für Ruhe sorgt.
    "In den letzten anderthalb Jahren haben wir die schlimmsten Gräueltaten gesehen, begangen vom Staat. Und das mit Unterstützung des Volkes. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen unserer Arbeit jetzt, verglichen mit den Mubarak-Zeiten. Die Medien haben eine Atmosphäre geschaffen, in der die Leute die Verletzung von Menschenrechten willkommen heißen."
    Abdel Razek spielt auf die tausenden Toten an, die es seit dem Sturz Mursis gegeben hat. Denn El Sisi jagt nicht nur die säkulare Opposition, sondern auch die Muslimbrüder. Sie gelten als terroristische Vereinigung; ihre Führungsriege wurde schon mehrmals zum Tode verurteilt, bei Straßenschlachten zwischen Islamisten und der Polizei sterben jede Woche wieder Menschen. Allein bei der Räumung des Protestcamps von Mursi-Anhängern auf dem Rabaa-Platz im August vergangenen Jahres kamen laut Human Rights Watch mehr als 1000 Menschen innerhalb weniger Stunden ums Leben.
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    Viele Ägypter unterstützen den jetzigen Präsidenten Abdel Fatah al Sissi, der hart gegen Oppositionelle und Islamisten vorgeht. (dpa/picture-alliance/Amel Pain)
    EIPR dokumentiert all diese Fälle. 76 Mitarbeiter, viele davon Juristen, sammeln jeden Tag Informationen, befragen Zeugen, gehen selbst zu Demonstrationen, um sich einen Eindruck von der Lage zu verschaffen. Der Regierung gefällt diese Arbeit nicht und sie gängelt die Organisation deswegen. Regelmäßig werden Mitarbeiter verhaftet. Im Moment hat es Yara Sallam getroffen. Die junge Menschenrechtsanwältin sitzt im Gefängnis. Sie wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie angeblich gegen das Demonstrationsgesetz verstoßen haben soll. Dieses schreibt vor, dass Demonstrationen vom Innenministerium genehmigt werden müssen. Gesetze wie dieses sind Teil der Regierungs-Strategie, den öffentlichen Raum nach und nach zu schließen, sagt Abdel Razek.
    "Sie sind erfolgreich. Sie haben eine Atmosphäre der Angst geschaffen. Der Preis für die Äußerung von Protest oder Opposition ist sehr, sehr hoch. Und das lässt die Leute zweimal darüber nachdenken, ob sie sich in irgendeiner Art von Opposition engagieren."
    Ein Club in Downtown Kairo Ende September. Die Revolutionsjugend feiert einen Etappensieg. Der Prozess gegen Taimour Mallawani und die 24 anderen Aktivisten wurde ausgesetzt. Der Richter ist zurückgetreten. Alles auf Anfang. An diesem Abend sind sie alle hier ganz normale junge Menschen, sie trinken, tanzen, flirten. Es könnte irgendwo in Europa sein.
    Unter ihnen ist auch Alaa Abdelfattah, die Ikone der Revolutionsjugend. Das Protestieren wurde ihm quasi vererbt. Sein Vater war der bekannte Menschenrechtsanwalt Ahmed Seif. Seine Mutter Leila Soueif ist politische Aktivistin. Im Moment sitzt auch seine Schwester Sanaa im Gefängnis. Sie hatte für die Freilassung ihres Bruders demonstriert. Der war im Juni zusammen mit Taimour und 23 anderen Angeklagten zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Abdelfattah saß schon oft im Gefängnis. Auch unter Mubarak. Doch so hart wie jetzt hat es ihn noch nie getroffen. Das Regime schlägt zurück. Ist die Revolution gescheitert? Alaa Abdelfattah:
    Mehr Menschen kritisieren die Methoden des Regimes
    "Der Arabische Frühling hat die staatlichen Strukturen nicht wirklich verändern können. Aber es hat die Gesellschaft stark verändert. In Ägypten hat die Revolution dazu beigetragen, dass mehr Menschen die Methoden des Regimes kritisieren und sich ihnen entgegenstellen."
    Und das betreffe nicht nur die Revolutionäre. Es geht um die ganz normalen Bürger, die jetzt auf die Straße gehen und den Mund aufmachen, sagt Alaa Abdelfattah:
    "Wenn einer ihrer Nachbarn zum Beispiel durch Folter in einer Polizeiwache gestorben ist, dann mobilisieren und organisieren sich die Menschen selbst. Egal, ob sie Sisi-Unterstützer sind oder nicht. Das ist ein großartiger Wandel in der Gesellschaft. Und ich hoffe, dass das irgendwann auch zu einer positiven Veränderung der Machtstrukturen führt."
    Doch diese Vision ist in Ägypten in weite Ferne gerückt. Und solange das so ist, sind Alaa Abdelfattah und seine Mitstreiter jeden Tag bedroht:
    "Ich bin ja nur auf Kaution frei, der Fall läuft weiter, und sie können mich jederzeit wieder einsperren. Ich lebe also immer mit der Angst, dass ich wieder ins Gefängnis gehen muss, in einer Woche, in einem Monat, in einem Jahr. Ich habe keine Ahnung, ob ich frei bin oder nicht."
    Abdelfattah sollte Recht behalten. Wenige Wochen nach dem Interview wurde der Fall gegen ihn, Taimour und die 23 anderen Angeklagten, wiederaufgenommen. Nun sind sie alle im Tora-Gefängnis im Süden von Kairo.
    Die Ägypter sind müde
    Khaled Dawoud versucht, die Revolutionäre so oft es geht in Tora zu besuchen. Er pendelt in diesen Tagen quasi zwischen Gefängnis, der Redaktion der staatlichen Zeitung "Al Ahram", wo er als Journalist arbeitet, und der Parteizentrale von "Dustour". Dawoud ist der Sprecher der oppositionellen Partei. Sie wurde im April 2012 von Mohammed El Baradei, dem ehemaligen Chef der internationalen Atomenergiebehörde, gegründet und sollte ein liberales Gegengewicht zu den Islamisten sein. Heute haben Dawoud und seine Leute kaum noch Einfluss. Doch sie arbeiten weiter, für die Zeit nach El Sisi. Nur wann die kommt, ist fraglich. Denn eine dritte Revolution ist nicht in Sicht, meint Khaled Dawoud.
    "Lassen Sie uns realistisch sein. Abgesehen von all meiner Kritik an Sisis Regime: Die Ägypter sind müde. Und sie verdienen etwas Besseres. Sie haben natürlich etwas erwartet, als sie am 25. Januar auf die Straße gegangen sind, und sie haben nicht viel davon bekommen."
    Dawoud hat gelernt, nüchtern an die politische Entwicklung in seinem Land heranzugehen. Er ist weniger emotional als die jungen Revolutionäre. Und er ist sich dessen bewusst, dass viele im Moment keine Alternative zu El Sisi sehen.
    "Die Menschen beobachten natürlich auch die Entwicklungen in der Region. Sie sehen Libyen, Irak, Syrien. Und wir wollen uns natürlich nicht so isolieren, wie diese drei Länder. Und das ist der Grund, warum die Menschen gewillt sind, Sisi wenigstens eine Chance zu geben. Sie sind müde. Die wirtschaftliche Situation ist furchtbar. Die Situation in der Region macht Angst. Es gibt eine reale Bedrohung durch Terrorismus. Das ist kein Witz. Und ich denke, dass Sisi genau darauf setzt."
    Zurück auf der Mohammad Mahmoud Straße. Diesmal ist es Amira Abdel Meguid, die sich die Graffitis rechts und links der Bordsteine anschaut. Amira ist Taimour Mallawanis Verlobte. Sie ist klein, zierlich, hat kurze Haare und große, dunkel geschminkte Augen. In ihnen sieht man die Wut und die Verzweiflung über Taimours Verhaftung. Denn der Etappensieg, den er und die anderen Revolutionäre im September in einem Club in Downtown gefeiert haben, war nicht von langer Dauer. Drei Jahre Haft lautete das etwas reduzierte Urteil.
    "Drei Jahre! Wofür denn bitte? Sie haben auf einem Fußweg gestanden, ruhig und respektvoll, sie haben nicht mal den Verkehr behindert oder die Polizei beleidigt."
    Demonstration gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen in Kairo
    Die ägyptische Gesellschaft hat sich geändert: Demonstration gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen in Kairo. (KHALED DESOUKI / AFP)
    Die Polizei habe den Protest dann aufgelöst, mit Wasserwerfern und Tränengas. Die ganze Aktion habe nicht einmal zehn Minuten gedauert, sagt Amira Abdel Meguid:
    "Taimour ist angekommen, als die Demonstration gerade aufgelöst wurde. Er hat also nicht einmal selbst demonstriert. Er bekommt also drei Jahre Haft für etwas, das er nicht gemacht hat. Als er ankam, herrschte totales Chaos auf der Straße. Er hat nicht demonstriert. Egal, er ist trotzdem dafür angeklagt worden. Ja, so ist es, und das kann ich natürlich nicht akzeptieren. Aber was sind schon drei Jahre in einem ganzen Menschenleben."
    An dieser Stelle müssen wir das Interview abbrechen. Ein Mann in mintgrünem Hemd und heller Hose steigt aus einem schwarzen Auto mit getönten Scheiben, das neben dem Bordstein parkt. In seinem Hosenbund steckt eine Waffe. Er fragt, worüber wir reden, was wir hier machen und fordert uns dann auf, ihm zu folgen. Zu seinem Chef. Die Spitzel des Regimes sind in diesen Tagen überall in der Stadt postiert. Amira läuft weg. Sie hat heute keine Lust auf Gefängnis.