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Änderungen im Erbschaftsrecht
Viele Familienunternehmer sind verunsichert

Was bedeutet das Karlsruher Urteil zum Erbschaftsrecht für die betroffenen Familienunternehmen? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Auf der einen Seite herrscht Erleichterung, dass die beanstandeten Regelungen erst einmal weiter gültig bleiben, bis eine Neuregelung in Kraft tritt. Auf der anderen Seite aber gibt es viel Verunsicherung.

Von Michael Braun | 17.12.2014
    Dienstmarke eines Steuerfahnders auf einer Akte des Finanzamts
    Die Erbschaftssteuer wird teilweise neu geregelt. (dpa / picture-alliance / Uli Deck)
    Familienunternehmen seien besonders schützenswert, dürften von der Erbschaftssteuer verschont werden, um ihren Bestand zu sichern. Dieses Postulat des Verfassungsgerichts gefällt dem Verband "Die Familienunternehmer". Doch auch er mahnt, wenn künftig größere Mittelständler steuerpflichtig werden sollten, dürften nicht die eigenkapitalstarken Unternehmen für solides Wirtschaften bestraft werden.
    Das trifft den nahezu einhelligen Kern der Reaktion auf das heutige Urteil: Der Mittelstand dürfe wegen der Erbschaftssteuer nicht ausbluten. Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der chemischen Industrie:
    "Es ist besser, das Geld zu investieren, wenn ich zusichere, dass mein Betrieb erhalten bleibt, als es dem Staat zu geben und damit letztendlich das Unternehmen schwäche."
    Der Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen sagt voraus, Banken würden nun die anstehende Erbschaftssteuer vom Eigenkapital abziehen. Der Bonität der Unternehmen habe das Gericht einen Bärendienst erwiesen. In der Tat sähen Banken es gerne, wenn ihre Unternehmenskunden das Geld im Unternehmen belassen könnten. Ralph Beckmann, Leiter des Bereichs Unternehmensnachfolge der Commerzbank, über eine verschärfte Erbschaftssteuer:
    "Es geht dadurch Geld verloren, das die Unternehmen sonst für Produkte, für Innovationen, für Wachstum ausgeben können und was sie jetzt reservieren müssen sozusagen für die Zahlung von Steuern. Das wird die Finanzierungskraft möglicherweise einschränken."
    Zudem beklagt die Wirtschaft die Rechtsunsicherheit, die nun bis zum neuen Recht Mitte nächsten Jahres entstehe. Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Maschinenbauverbandes: "Das Problem ist: Es ist nun schon die dritte Reform seit 1995, die hier auf uns zukommt. Das heißt: Die Unternehmen, die ohnehin schon in den letzten Jahren ohne jede Rechtsklarheit ihre Erbfälle regeln mussten, werden weiterhin vor der Situation stehen, das heißt, sie haben keine Planungssicherheit."
    Jetzt müsse der Gesetzgeber klare Kriterien zur Verschonung von Betriebsvermögen definieren, verlangt der Wirtschaftsrat der CDU. Schnell müsse er handeln, erwartet darüber hinaus der Handelsverband Deutschland HDE. Die Unternehmen bräuchten Rechtssicherheit. Er erwarte eine möglichst bürokratiearme Verschonung von Familienunternehmen. Denn in vielen Unternehmen könne die Erbschaftsteuer aufgrund von Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht aus dem Unternehmensvermögen oder dem Verkauf von Anteilen bezahlt werden. Deshalb sei es gerechtfertigt, Firmenvermögen zu entlasten. Das stünde den Erben meist nur eingeschränkt zur Verfügung.