Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Äthiopien
Kaum Hilfe in der schlimmsten Dürre seit 50 Jahren

Äthiopien erlebt eine der schwersten Dürren seit Jahrzehnten. Nach Schätzungen der UNO sind mehr als zehn Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfen angewiesen, die internationale Hilfsbereitschaft ist derzeit aber äußerst gering. Und Äthiopien ist nicht das einzige Land in der Region, das von der Dürre bedroht ist.

Von Linda Staude | 16.02.2016
    Ein Baby auf dem Schoß seiner Mutter bekommt spezielle Nahrung aus einem kleinen Plastikbeutel.
    Wie dieser 14 Monate alte Junge sind in Äthiopien Millionen Menschen auf Lebensmittel angewiesen. Doch die Spendenbereitschaft ist gering. (AFP / COLIN COSIER)
    Das Gesundheitszentrum von Mender im Nordosten Äthiopiens ist völlig überfüllt. Verängstigte Mütter drängen sich im Wartezimmer mit ihren kranken Babys und Kleinkindern. Die Kinder leiden an Unterernährung und ihren Folgen. Meron hat ihren einjährigen Sohn in die Klinik gebracht. "Thomas fühlt sich seit zwei Wochen schlecht. Er leidet unter vielen verschiedenen Problemen: Er erbricht sich ständig. Er hat Fieber und Durchfall. Er hat keinen Appetit. Jetzt, nach der Untersuchung durch die Ärzte hier, wird er mit spezieller Nahrung behandelt."
    Seit Monaten kein Tropfen Regen
    In der Afar-Region ist seit Monaten kein Topfen Regen gefallen. Auf dem knochenharten und staubigen Boden wächst nichts mehr. Die Ernte ist auf den Feldern verdorrt. Eine Folge des Wetterphänomens El Nino. Das US-amerikanische Hungerfrühwarnsystem FEWSNET und Hilfsorganisationen warnen seit Monaten vor einer katastrophalen Dürre.
    "Vor sechs Monaten haben wir über 50 bis 80 Distrikte gesprochen, die Nahrungsmittelhilfe brauchen würden. Hotspots nennen wir das. Aber jetzt sind wir bei über 470 Distrikten. Es wird also schlimmer, und es betrifft jeden", erklärt Christopher Hoffmann von der Hilfsorganisation Worldvision. Mittlerweile sind über zehn Millionen Äthiopier dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Tausende haben ihre Häuser verlassen – auf der Suche nach ein bisschen Wasser und Grün. Wie Saido Ahmed Keyat mit ihren fünf Kindern. "Ich hatte 200 Schafe und Ziegen, sieben Esel, acht Kamele und 15 Rinder, als die Dürre kam. Wir sind von Dorf zu Dorf durch die Wüste gezogen, drei Monate lang. Alle meine Tiere sind gestorben, eins nach dem anderen. Jetzt habe ich nichts mehr, bis auf diese beiden Esel."
    Der Krieg in Syrien lenkt von Äthiopien ab
    Zwar ist Äthiopien an Dürren gewöhnt und hat vorgesorgt, damit daraus keine Hungerkatastrophe wie in den 80er-Jahren wird, die über eine Million Todesopfer gefordert hat. Das hat die El-Nino-Folgen abgemildert. Aber allein kann das Land mit der Krise nicht fertig werden. John Graham von der Organisation Save the Children: "Aktuell erleben wir die bei weitem geringste Hilfsbereitschaft der Internationalen Gemeinschaft, die ich je erlebt habe. Natürlich gibt es auch viele andere Krisen derzeit. Der Krieg in Syrien, die Flüchtlingskrise ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich. Die fehlt uns hier, obwohl noch nie so viele Menschen von einer Dürre in Äthiopien betroffen waren."
    Auch Somalia und der Südsudan sind betroffen
    Rund 1,4 Milliarden Dollar werden in diesem Jahr für die Nothilfe gebraucht. Davon ist noch nicht einmal die Hälfte eingegangen. Und die Trockenheit trifft nicht nur Äthiopien, sondern auch Somalia und den Südsudan. Diese beiden Krisenstaaten sind überhaupt nicht darauf vorbereitet, ihre hungernde Bevölkerung zu versorgen. Vor knapp fünf Jahren, bei der letzten schweren Dürre in Somalia, starben rund 250.000 Menschen.