Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Ätzende Kritik am Kapitalismus

Ein intellektuelles und sprachliches Vergnügen, in einer wunderschönen Edition: 175 Jahre nach der US-Erstveröffentlichung besteht hierzulande eine zweite Chance für "Die Monikins" - denn die Geschichte ist aktueller denn je.

Von Florian Felix Weyh | 25.04.2010
    Begegnungen mit Wesen einer fremden, intelligenten Spezies gehören nicht erst seit den Science-Fiction-Filmen des 20. Jahrhunderts zu den Prüfsteinen jeglicher spekulativer Phantasie. Schon das kommunikative Reglement – wer sagt was wann zu wem, damit keine blutigen Missverständnisse entstehen? – kann ziemlich knifflige Fragen aufwerfen:

    Protokollarische Vereinbarung für eine Zusammenkunft, die zwischen Sir John Goldencalf, Baronet aus Householder Hall im Königreich Großbritannien, und No. 22.817, Braun im Ton des tiefen Nachsinnens beziehungsweise Sokrates Logico, M. O. G. E. L., Professor für Wahrscheinlichkeiten an der Universität zu Monikinia und im Königreich Oberhupf, statthaben soll. Die vertragschließenden Parteien kommen wie folgt überein:

    Artikel 1. Eine Zusammenkunft findet statt.
    Art. 2. Bei besagter Zusammenkunft handelt es sich um eine friedvolle Zusammenkunft und nicht um eine feindselige Zusammenkunft.
    Art. 3. Besagte Zusammenkunft ist logisch, explanativ und diskursiv.
    Art. 4. Während besagter Zusammenkunft hat Dr. Logico das Vorrecht, überwiegend zu sprechen, und Sir John Goldencalf das Vorrecht, überwiegend zuzuhören.
    Art. 5. Sir John Goldencalf hat das Vorrecht, Fragen zu stellen, und Dr. Logico das Vorrecht, sie zu beantworten.
    Art. 6. Gebotene Rücksicht waltet sowohl hinsichtlich monikinischer als auch menschlicher Vorurteile und Empfindlichkeiten.


    ... und so weiter bis Artikel 11. Wir bewundern ein ausgefeiltes diplomatisches Papier, das freilich noch zu viele Klauseln enthält, um praktikabel zu sein. Also muss ein schlankeres Agreement gefunden werden:

    Protokollarische Vereinbarung für eine Zusammenkunft, &c. &c. &c. Die vertragschließenden Parteien kommen wie folgt überein:

    Artikel 1. Eine Zusammenkunft findet statt.
    Art. 2. Einverstanden, vorausgesetzt, alle Parteien können nach Lust und Laune kommen und gehen.
    Art. 3. Besagte Zusammenkunft wird im großen und ganzen nach wissenschaftlichen und liberalen Grundsätzen geführt.
    Art. 4. Einverstanden, vorausgesetzt, es darf nach Belieben Tabak genossen werden.
    Art. 5. Beide Parteien haben das Recht, Fragen vorzubringen, und beide Parteien das Recht, sie zu beantworten.


    ... &c. &c. &c. – aber immer noch erheblich zu konkret für geschulte Juristenhirne, die sofort ein Haar in der Suppe entdecken, etwa den Widerspruch zwischen wissenschaftlichen und liberalen Grundsätzen. Echte Liberalität müsste auch unwissenschaftliche Argumente im gemeinsamen Gedankenaustausch tolerieren. Also noch einmal von vorn, knapper, präziser ... unterm Strich also unverbindlicher:

    Artikel 1. Eine harmonische, logische, szientifische, ethische, liberale, generelle und kontroverse Zusammenkunft findet statt.

    Art. 2. Die Zusammenkunft ist harmonisch.
    Art. 3. Die Zusammenkunft ist generell.
    Art. 4. Die Zusammenkunft ist logisch.
    Art. 5. Die Zusammenkunft ist ethisch.
    Art. 6. Die Zusammenkunft ist szientifisch.
    Art. 7. Die Zusammenkunft ist liberal.
    Art. 8. Die Zusammenkunft ist kontrovers.
    Art. 9. Die Zusammenkunft ist kontrovers, liberal, szientifisch, ethisch, logisch, generell und harmonisch.
    Art. 10. Die Zusammenkunft ist so, wie im einzelnen vereinbart.


    Das wäre geschafft, markiert aber nur den Anfang eines ganz außerordentlichen Zusammenpralls der Zivilisationen. Auf der einen Seite Großbreitarschien – pardon: Großbritannien –, vertreten durch Sir John Goldencalf, reichster Mann des Königreichs, samt Kapitän Noah und seiner Crew. Auf der anderen Oberhupf, eines von zehn unbekannten Ländern (neben Aufhupf und Abhupf, Überhupf und Durchhupf, Weithupf, Kurzhupf, Rundhupf, Unterhupf und Niederhupf), repräsentiert durch Vertreter des monikinischen Hochadels und der heimischen Wissenschaft.

    Wir schreiben das Jahr 1819, und dementsprechend befehligt Käptn Noah, Walfänger von altem Schrot und Korn, ein Segel- und kein Raumschiff. Die extraordinären Intelligenzen von Oberhupf, die solch subtile Protokolle zu ersinnen vermögen, unterscheiden sich zwar äußerlich vom Menschen, doch extraterrestrisch sind sie nicht. Ganz im Gegenteil: Eine Laune der Evolution – Achtung: Darwins "On Origin of Species" erschien 1859, das Buch, über das wir hier reden 1835 – eine Laune also der noch nicht bekannten und so benannten Evolution hat aus Ur-Affen einerseits Menschen, andererseits Monikins gemacht. Letztere leben jenseits eines schier unüberwindlichen antarktischen Gebirgsgürtels in eisfreien, fruchtbaren Landen, und sie unterscheiden sich vom Menschen durch ein kleines Detail:

    "Wir sind wie Sie der Ansicht, daß das Gehirn der Sitz der Vernunft ist, solange sich das Tier in einem Zustand befindet, den wir als menschliche Bewährung bezeichnen, daß es sich dabei aber um eine unentwickelte, unvollkommene und verwirrte Vernunft handelt, sozusagen eingesperrt in eine ihren Funktionen nicht angemessene Ummantelung. Daß sie aber, wenn sie allmählich aus ihrem beengten Behältnis zur Unterpartie des Tieres hin hinabsickert, Solidität, Klarheit und schließlich dank Verlängerung und Entwicklung auch Denkkraft erlangt. Wenn Sie das menschliche Gehirn untersuchen, werden Sie entdecken, daß es, obwohl es sich auf große Länge strecken läßt, doch in einem kleinen Raum zusammengezwängt ist, wirr verschlungen und verknäult, wohingegen besagter körperlicher Teil mit diesen Eigenschaften nun Einfachheit, Anfang und Ende, für die Logik nötige Direktheit und Folgerichtigkeit sowie – wie eben erwähnt – eine Schärfe bekommt, was alles per Analogie die Überlegenheit des Tieres beweist, das über derart große Vorzüge verfügt."

    ... die da im Klartext lauten: einen Schwanz. Die Monikins tragen ihre Intelligenz in der cauda, weswegen sie sich selber als Caudaejactans bezeichnen, Schwanzschwenker, und wenn sie besonders förmlich sein wollen, reden sie "aus innerstem Schwanze" und entbieten "schwänzlichen Dank". Selbstredend fühlen sie sich den humanen Verwandten überlegen, gebricht es denen doch am wichtigsten Körperteil:

    "Um wieviel einfacher ist es beispielsweise, einen Zollstock zur Hand zu nehmen und mittels einfacher Ausmessung des Schwanzes zu einem sicheren, einleuchtenden und unstrittigen Befund hinsichtlich der Ausmaße des Intellekts des untersuchten Exemplars zu gelangen, als mittels des komplizierten, widersprüchlichen, sich selbst aufhebenden und fragwürdigen Vorgehens, auf das Sie beschränkt sind! Gäbe es auch nur dies eine Faktum, würde es mehr als hinreichend den höheren geistigen Rang der monikinischen Rasse im Vergleich mit der des Menschen begründen."

    James Fenimore Cooper ist ein Autor, dem zweierlei Bemerkenswertes widerfuhr. Zum einen fand sein Buchtitel "Der letzte Mohikaner" als Redensart Eingang in unsere Alltagssprache. Zum anderen zählt Cooper durch Fehlsortierung seiner Werke ins Jugendbuchfach – schuld daran ist die von Bearbeitern meist schlimm verhunzte "Lederstrumpf"-Trilogie – zu den verkanntesten Autoren des 19. Jahrhunderts. Neben Abenteuerromanen schrieb er nämlich auch Biografien, Reiseberichte, politische Essays und wagte sich gegen Ende seines Lebens an ein opus magnum, das freilich Spott und Hohn auf sich zog: "The man, who read the Monikins", hieß in der Ostküstensociety bald ein mythisches Wesen, das nie gesichtet wurde, denn Coopers Wurf galt als schlicht unlesbar. Mit den "Monikins" suchte der Autor den Anschluss an die großen satirischen Utopien der Literaturgeschichte – allen voran "Gullivers Reisen" von Swift –, doch nach Meinung der wenigen Kritiker, die das Buch je lasen, fand er ihn nicht.

    Nun liegt nach einer 167 Jahre währenden Bedenkpause erstmals wieder eine deutsche Übersetzung vor, und man kann sehen: Hier ist einem Autor bitter Unrecht widerfahren. Denn die "Monikins" sind kein zoologischer Studentenscherz, keine bloß putzige Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Abstammungstheorien und der Linnéschen Taxonomie, sondern eine ätzende Kritik am Kapitalismus, an der Monarchie, der Aristokratie ... und an der Demokratie. Doch eins nach dem anderen:

    Glückseligkeit – Glückseligkeit im Dies- und Jenseits war mein Anliegen.

    ... berichtet der Ich-Erzähler in seinen fiktiven Aufzeichnungen.

    Mir ging es um ein Leben fruchtbarer und tätiger Güte, ein Sterbebett in Hoffnung und Freude und eine Ewigkeit der Erfüllung. Mit derartigem Ziel vor Augen hatte ich von dem Augenblick an, als ich die Reue meines sterbenden Vaters erlebte, intensiv über die Mittel und Wege nachgegrübelt, es zu erreichen. (...) Ich erwarb Liegenschaften in England, Schottland, Irland und Wales. Die Streuung des Grundbesitzes hatte den Sinn, meine Gefühle gleich und gerecht zwischen den verschiedenen Regionen meines Vaterlands aufzuteilen. (...) Vom Britischen Empire weiteten sich meine Interessen bald auf andere Länder aus. An der Garonne und in Xeres kaufte ich Weingüter. In Deutschland erwarb ich Beteiligungen an verschiedenen Salz- und Kohle-bergwerken, ebenso für Edelmetalle in Südamerika, in Rußland stieg ich mächtig in Talg ein, in der Schweiz etablierte ich eine umfängliche Uhrenmanufaktur und kaufte die Pferde für ein in großem Maßstab betriebenes Fuhrunternehmen zusammen. Mir gehörten Seidenraupen in der Lombardei, Olivenhaine und Hutmachereien in der Toskana, ein Bad in Lucca und eine Makkaronifabrikation in Neapel.

    Man könnte das Kapitalismus in Reinkultur nennen ... in den Augen Sir John Goldencalfs, Erbe eines "mit Habgier befassten" Findelkinds namens Tom Goldencalf (dessen sprechender Name "Goldkalb" auf ein Metzgerschild zurückgeht), handelt es sich bei all diesen Käufen allerdings um ein philanthropisches Unternehmen. Die zugrundeliegende "Theorie des gesellschaftlichen Einsatzes" besagt nämlich: Nur was einem gehört, interessiert einen auch; also muss einem die ganze Welt gehören, bevor man sich ihrer mit Barmherzigkeit annimmt. Das gilt bis ins Extrem:

    Die Sklavenfrage hatte seit einer Reihe von Jahren die Gutmeinenden bewegt, und da ich in meinem Busen eine eigentümliche Gleichgültigkeit diesem bedeutsamen Thema gegenüber beobachtete, kaufte ich je fünfhundert Stück beiderlei Geschlechts, um meine Einfühlung zu stimulieren.

    Bevor nun der Sohn wie der geizige Vater wird – nämlich vor lauter Geschäftigkeit den Sinn des Lebens aus den Augen verliert – rettet ihn ein gütiges Schicksal. In Paris ersteht er ein paar kostümierte Affen, die freilich jener seltsamen, dem Menschen intellektuell gewachsenen Primatenart der Monikins angehören. Weil Goldencalf zugleich den gestrandeten Walfangkapitän Poke kennenlernt und alles Geld der Welt für eine Expedition besitzt, bricht er mit seinen beschwänzten Passagieren in deren Heimat Oberhupf auf. Dort angelangt widerfährt ihm die erste Spiegelung seines menschlichen Daseins durch äffische Überzeichnung.

    Die eben noch höchst devoten und überhöflichen Lord Schnatterino und Lady Schnatterissa zeigen ihm die kalte Schulter und erklären stattdessen in aller Öffentlichkeit den Schiffsjungen Bob zum wichtigsten Mann der Überfahrt.

    Es heißt, daß sich die Menschen rasch an eine Standeserhöhung gewöhnen und daß im Ge-gensatz zu einem Gestürzten, der unfehlbar stets zurückblickt, der Aufgestiegene seine Sicht unweigerlich auf den gegenwärtigen Horizont beschränkt.

    ... resümiert der hierarchisch degradierte Sir Goldencalf, bleibt aber dennoch gelassen: Fremde Länder, fremde Sitten! Dem Leser jedoch – dem heutigen wie dem des frühen 19. Jahrhunderts – sind diese Sitten gar nicht so fremd. Cooper karikiert schlicht die Arroganz der Lords und Earls in der britischen Oberschicht. In Oberhupf werden die höfischen Rituale durch Vergeistigung des monarchischen Prinzips noch auf die Spitze getrieben: Hinter einem Purpurvorhang steht ein leerer Thron, die Regierungsgeschäfte erledigt der älteste Vetter jenes nicht mehr vorhandenen Königs, den man allerdings trotz seiner physischen Abwesenheit beleidigen kann. Dummerweise unterläuft dem unkontrollierten Käptn Poke solch ein Lapsus, was ihn beinahe auf den Richtblock bringt, und bevor weitere Vorfälle dieser Art die Expedition gefährden, findet die Reisegesellschaft Zuflucht in Niederhupf.

    In dieser jungen Ausgründung des altehrwürdigen Reiches ist alles anders, dementsprechend verhalten sich Oberhupf und Niederhupf zueinander wie Feuer und Wasser ... oder wie Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Womit wir beim klassischen Staatsroman angelangt wären, denn diese späte Belletristik James Fenimore Coopers ist zu weiten Teilen eine zwar fiktive, doch höchst präzise Beschreibung politischer Institutionen, gesellschaftlicher Entscheidungsprozesse und menschlicher – pardon: monikinischer – Charakterschwächen. Dabei atmet das Buch von 1835 noch den Geist der jungen amerikanischen Demokratie, kennt mithin keine in Stein gemeißelten politische Dogmen, sondern begreift die Gesellschaft als frei gestaltbar.

    Die Niederhupfer etwa, in der Wolle gefärbte Republikaner, kennen schmutzige Wahlkampfriten so genau, dass sie in Teilen auf Ämterrotation via Verlosung setzen. Freilich gelangt nur in die Lostrommel, wer sich zuvor einem Ritual unterwirft:

    Auch wir meinen, daß der Schwanz der Sitz des Verstandes und die Spitze der Teil mit dem meisten Intellekt ist. Da aber Regierungen dazu geschaffen sind, diese natürlichen Ungleichheiten gleichzumachen, brandmarken wir letztere als antirepublikanisch. Das Gesetz verlangt deshalb, daß jedem Bürger bei Erreichen der Volljährigkeit gemäß einem im jeweiligen Distrikt verwahrten Regelmaß der Schwanz gestutzt wird. Ohne eine solche Lösung würde es bei uns womöglich einen Geistesadel geben, und das würde das Ende unserer Freiheiten bedeuten.

    In "Vernunftmühlen" verarbeitet man die Schwänze anschließend zu einem Extrakt pulverisierter Intelligenz, das den Redakteuren der Tageszeitungen verabreicht wird. Solcherart gedopt, scheinen diese allerdings nicht so zu schreiben, wie es die breite Masse liebt, denn die begehrteste Handelsware in Niederhupf sind importierte "Ansichten" aus Oberhupf – Pamphlete, Essays, Denkschriften zu jedem Thema. Hier läuft der Satiriker Cooper zu Hochform gegen die zeitgenössischen Medien auf, wie er beim Oberhupfer Prozess gegen Käptn Noah alle parodistischen Register zieht, um die Jurisprudenz lächerlich zu machen. Doch wie alle Satire will das Buch mehr – nämlich die Welt verbessern:

    Das Wesen einer freien Regierungsform ist in der Verantwortlichkeit ihrer Beauftragten zu finden. Wer ohne Verantwortlichkeit regiert, ist unumschränkter Gebieter, während jemand, der die Pflichten eines Amtsträgers im Wege tätiger Verantwortlichkeit erfüllt, ein Dienender ist. Das ist der einzige wahre Prüfstein für Regierungsformen – sie können in anderen Hinsichten getrost so undurchsichtig sein, wie sie wollen. Verantwortlichkeit gegenüber der Gesamtheit des Volkes ist das Kriterium für Freiheit. Verantwortlichkeit ist mithin der Ersatz für Tugend bei ei-nem Politiker, wie Disziplin bei einem Soldaten der Ersatz für Tapferkeit.

    Hier nimmt Cooper direkten Bezug auf den Tugenddiskurs bei Montesquieu. Nur dass er, im Gegensatz zu allen idealistischen Demokratietheoretikern seiner Zeit, der Vernunft und der Tugend allenfalls jenen Stellenwert zubilligt, den beide im täglichen Leben einnehmen: einen ziemlich niedrigen. Denn nicht folgenlos liegt sein Utopia nahe des Südpols, wo lange Polarnächte für äußere Dunkelheit sorgen … nur für äußere?

    Am dritten Tag der Zeit der Nüsse tritt eine große moralische Verfinsterung in dem Teil der monikinischen Welt ein, der sich unmittelbar um den Pol herum befindet. Von der Verfinsterung betroffen ist das große moralische Postulat, üblicherweise mit dem Terminus Grundsatztreue bezeichnet. Der davortretende Körper ist das große unmoralische Postulat, üblicherweise Interesse genannt.

    Zyklisch überwältigt ein von Egoismus angetriebene Raffgierkapitalismus die von ethischen Grundsätzen getragene Demokratie, das volle neun Jahre lang, und obschon James Fenimore Cooper dies als Kritik an den amerikanischen Zuständen der 1830er-Jahre meinte, wohnt dem Text durchaus Prophetie inne. Es passt, dass der eigenwillige Verleger Mirko Schädel von der Achilla Presse gerade jetzt die "Monikins" wiederentdeckt hat, und es passt ebenfalls, dass Schädel zugleich dem Kapitalismus mit seinen überproportional hohen Profiten für den Zwischenhandel die Stirn bietet: Die wunderschön ausgestattete Edition ist nur direkt beim Verlag unter www.achilla-presse.de zu haben.

    Dass sich diese kleine Besorgungserschwernis lohnt, um James Fenimore Cooper seinem Bücherschrank einverleiben zu können, steht dabei außer Frage. Trotz etlicher überdrehter Satzkaskaden und manch konstruktiver Willkür bieten "Die Monikins" ein hohes intellek-tuelles und sprachliches Vergnügen. Das verdankt sich nicht zuletzt der ebenso brillanten wie sorgfältig kommentierten Neuübersetzung Robert Wohllebens. Neben vielen Wortspielereien enthält sie so rare Sprachpreziosen wie den "Unterschleif" für die Unterschlagung, das "Lustrum" für das Jahrfünft oder "koppheister" für kopfüber. Ein Essay des Anglisten Christian Huck klärt den Leser schließlich auch über die Selbsteinschätzung des Autors auf, die von der Wirklichkeit harsch widerlegt wurde:

    Wohl ausgeführt, wird es ein Hit werden, denn die Anlage ist gut.

    175 Jahre nach der amerikanischen Erstveröffentlichung besteht wenigstens hierzulande eine zweite Chance für "Die Monikins", die mehr als eine amüsante Verhohnepiepelung sind, denn Sir John Goldencalf kehrt geläutert aus dem äffischen Paralleluniversum zurück. Die "große moralische Verfinsterung" hat ihm die Nachteile ungezügelten Gewinnstrebens vor Augen geführt, und seinen Lesern gibt er ein paar Lebensweisheiten mit auf den Weg:

    "Jeder Mensch liebt die Freiheit seiner selbst halber, und nur wenige lieben sie anderer Leute halber. (...) Zivilisation ist etwas sehr Willkürliches und bedeutet in Frankreich das eine, ein an-deres in Oberhupf und wiederum ein drittes in Dorsetshire. (...) Es gibt kein Krümchen mensch-licher Weisheit, das so erlesen und makellos wäre, daß es nicht den Keim der eigenen Widerlegung enthielte. (...) Es ist beschwerlich und wird gern bemäkelt, eine Tatsache nach Vernunftgründen auszurichten; Vernunftgründe an eine Tatsache anzupassen, ist dagegen ein sehr natürliches, einfaches, alltägliches und manchmal nötiges Verfahren."

    James Fenimore Cooper: "Die Monikins": Eine Mär, aus dem Amerikanischen von Robert Wohlleben mit einem Nachwort von Christian Huck, Achilla Presse, 660 Seiten, 48 Euro.