Donnerstag, 28. März 2024

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AfD in Berlin und im Saarland
Immer Ärger mit dem Personal

Erneut stolpern AfD-Politiker über Verbindungen ins rechte Milieu: Kay Nerstheimer, der Mitglied in der rechtsextremen Organisation "German Defence League" war, verzichtet auf seine Zugehörigkeit zur AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Gleichzeitig ermittelt im Saarland die Staatsanwaltschaft gegen den dortigen AfD-Spitzenkandidaten.

22.09.2016
    Rudolf Müller, AfD Saarland, spricht an einem Rednerpult. Links von ihm sitzen zwei Männer an einem Tisch.
    Gegen den Spitzenkandidaten der AfD Saarland, Rudolf Müller, läuft ein Ermittlungsverfahren. (dpa/picture alliance/Oliver Dietze)
    Nerstheimer war per Direktmandat ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt worden. Nun verzichtet er auf seine Mitgliedschaft in der Fraktion: "Wir haben eine halbe Stunde miteinander gesprochen, dann hat Herr Nerstheimer schriftlich seinen Verzicht auf eine Fraktionszugehörigkeit erklärt, " sagte Landesparteisprecher Ronald Gläser. Nerstheimer werde voraussichtlich als unabhängiger Abgeordneter ins Abgeordnetenhaus einziehen, teilte der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Hugh Bronson mit. Ein Parteiausschlussverfahren ist nach Angaben Gläsers derzeit nicht angedacht.
    Die fünf AfD-Politiker, die in Berlin mit Direktmandat ins Abgeordnetenhaus gewählt wurden: Jessica Bießmann, Christian Buchholz, Kay Nerstheimer, Frank Scholtysek, Gunnar Lindemann
    Die fünf AfD-Politiker, die in Berlin mit Direktmandat ins Abgeordnetenhaus gewählt wurden: Jessica Bießmann, Christian Buchholz, Kay Nerstheimer, Frank Scholtysek, Gunnar Lindemann (dpa/picture alliance/AfD Berlin)
    Gläser hatte dem Deutschlandfunk gegenüber bestätigt, dass Nerstheimer bis 2012 Mitglied der German Defence League gewesen sei. 2014 taucht die Organisation, deren Symbol eine abgewandelte Form der auch von "Pegida" eingesetzten Wirmer-Flagge ist, im Bericht des Bremer Verfassungsschutzes auf. In dem Papier heißt es, die Bekräftigung der GDL, "sich bei Angriffen von politischen Gegnern körperlich zur Wehr zu setzen, steht im Widerspruch zur betonten rechtsstaatlichen Ausrichtung und dem ausschließlich beim Staat liegenden Gewaltmonopol". Die GDL selbst hat die Mitgliedschaft Kay Nerstheimers bestritten.
    Islamfeindliche Inhalte auf Facebook geteilt
    Nerstheimers Verbindungen zur GDL waren vor allem über ein Facebook-Profil unter dessen Namen bekannt geworden, dort wurden Inhalte der Organisation und andere fremdenfeindliche Inhalte geteilt hatte. Auch im islamfeindlichen Blog blu-News gibt es einen Eintrag unter Nerstheimers Namen, in dem der Autor erklärt, man befinde sich seit 9/11 im Krieg und die GDL werde als Miliz aufgebaut, um allen "islamkritischen Parteien zur Seite zu stehen". Das Facebook-Profil ist mittlerweile gelöscht.
    AfD Saar: Spitzenkandidat verkauft Orden mit Hakenkreuzen
    Auch die AfD im Saarland hat Personalsorgen: Gegen Rudolf Müller, Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2017, läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Es bestehe der Anfangsverdacht einer Straftat wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, teilte die Behörde mit. Denn Müller betreibt in Saarbrücken ein Antiquitätengeschäft, in dem er auch Orden mit Hakenkreuzen und Geldscheine aus der Zeit des Nationalsozialismus verkauft.
    Der Verkauf des sogenannten Lagergelds, das aus Konzentrationslagern der Nationalsozialisten stammt, ist nicht strafbar - aber das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidrigen Organisationen, darunter fallen die Orden mit den Hakenkreuzen. Müller verteidigt sich: Er klebe die Hakenkreuze immer ab und präsentiere sie nicht öffentlich. Deswegen tue er nichts Illegales. Er erklärte, er erhalte solche Orden und Geldscheine gelegentlich aus Nachlässen.
    Landesverband soll aufgelöst werden
    Der Landesverband Saar steht wegen Verbindungen ins rechte Milieu schon vor der Auflösung: Im April mussten sich der Vorsitzender der Saar-AfD und sein Stellvertreter, Josef Dörr und Lutz Hecker einer Vertrauensabstimmung stellen, weil ihnen Verbindungen zu Rechtsextremen nachgesagt wurden. So soll die Landesparteispitze mit der Freien Bürger-Union (FBU) zusammen gearbeitet haben, die der NPD nahesteht. Außerdem soll laut Medienberichten NPD-Landeschef Peter Marx auf einem AfD-Forum aufgetreten sein. Der Bundesparteitag der AfD hatte daraufhin beschlossen, den Landesverband aufzulösen. Endgültig darüber entscheiden soll das Schiedsgericht der Partei. AfD-Chefin Frauke Petry hatte in einem Interview mit dem "Stern" gesagt, die Saar-AfD habe Kontakte "in ein Milieu, das der AfD nicht zugehörig sein kann".
    (cvo/tgs)