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AfD Niedersachsen
Kabale und Hiebe

Der seit Monaten zerstrittene AfD-Verband in Niedersachsen hat eine neue Vorsitzende. Dana Guth folgt als neue Parteichefin auf Armin Hampel, der unter dem Vorwurf unsauberer Abrechnungen gehen musste.

Von Dietrich Mohaupt | 09.04.2018
    07.04.2018, Niedersachsen, Braunschweig: Dana Guth freut sich über die Wahl zur AfD-Landesvorsitzenden in der Stadthalle beim Landesparteitag der niedersächsischen AfD Alternative für Deutschland. Beim Parteitag wird unter Aufsicht eines Notvorstands ein neuer Landesvorstand gewählt. Der AfD-Bundesvorstand hatte den alten Landesvorstand im Januar entmachtet. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Dana Guth ist neue AfD-Landesvorsitzende in Niedersachsen: Die 47 Jahre alte Versicherungsmaklerin führte seit der Landtagswahl im Oktober die neunköpfige Fraktion im Hannoveraner Landtag. (dpa)
    Das war ja mal ein richtig gebrauchter Parteitag für Armin Paulus Hampel - am Ende blieb dem gerade endgültig aus dem Amt gejagten langjährigen Parteichef nur noch, mit versteinertem Lächeln die Huldigungen einiger weniger Anhänger entgegen zu nehmen.
    "Alles gut … bravo, bravo - Du bist sowieso der Beste! Alles gut … der Kampf geht weiter!"
    Moment - hat er das jetzt gerade wirklich gesagt? Mal kurz zurückspulen - und…
    "Alles gut - der Kampf geht weiter!"
    Tatsächlich, der Kampf geht weiter! Das hat er doch, richtig, von Rudi Dutschke, der hat das damals, im November 1974, am Grab des RAF-Terroristen Holger Meins gesagt. Also wirklich, dieser Paul Hampel - der ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!
    Seit Januar Notvorstand in Niedersachsen
    Dabei hatte der Parteitag in Braunschweig eigentlich so richtig schön typisch AfD-like begonnen. Der von der Bundesspitze der Partei eingesetzte Notvorstand Stephan Protschka aus Bayern hatte gleich zu Beginn verbal auf ein paar hundert Gegendemonstranten vor der Braunschweiger Stadthalle eingedroschen - das kommt immer gut an.
    "Braunschweig ist ja eine schöne Stadt, wie man sieht, nicht ganz so linksversifft, weil - die Gegendemonstranten draußen. das ist ein überschaubarer Haufen. Hier sind mehr, die auf die Zukunft unseres Landes schauen wollen, mehr, die was aus unserem Vaterland machen wollen, meine Damen und Herren, und nicht zu vergessen - aus diesem Grund sind wir heute hier!"
    Klebriger Sumpf von Intrigen
    Erst einmal wollten die Parteimitglieder sich aber weniger um die Zukunft des Vaterlandes als vielmehr um die des eigenen Landesverbandes kümmern - der war ja schließlich in den vergangenen Monaten immer tiefer im klebrigen Sumpf von Intrigen, gegenseitigen Verdächtigungen und Beschuldigungen - kurz: in einem selbst für AfD-Verhältnisse geradezu beispiellosen Chaos - versunken. Mit diesem Unfug müsse jetzt endlich Schluss sein, mahnte Bundessprecher Jörg Meuthen.
    "Ich verrate nun kein Geheimnis, dass im niedersächsischen Landesverband hier eine Situation der inneren Zerstrittenheit und der für unsere politischen Aufgaben nicht hinnehmbaren Lähmung entstanden war. Von diesem Landesparteitag soll, und ich bin fest davon überzeugt es wird auch, ein Signal des neuen Aufbruchs des so wichtigen und ja auch nicht ganz kleinen Landesverbandes Niedersachsen ausgehen. Das ist die Aufgabe, die wie hier haben – nicht Vergangenheitsbewältigung."
    Hampel gab 24.000 Euro ohne Belege aus
    Naja - das mit der Vergangenheitsbewältigung ist ja bekanntermaßen nicht gerade eine Paradedisziplin der AfD. In Braunschweig gab es sie dann aber doch. Ein bisschen jedenfalls. Über den diktatorischen Führungsstil, den Kritiker dem bisherigen Landeschef Armin Paul Hampel immer wieder vorgeworfen hatten, wurde nicht so viel gesprochen. Auch nicht darüber, dass den Kritikern wiederum grundsätzlich parteischädigendes Verhalten unterstellt wurde.
    Dafür ging es aber um die Parteifinanzen, mit denen es der alte Landesvorstand um Armin Paul Hampel offenbar nicht so ganz genau genommen hat. Ein Sonderprüfer berichtete zum Beispiel, dass zwischen 2013 und 2017 knapp 24.000 Euro ohne Belege oder Rechnungen ausgegeben worden seien. Hampel habe sich zudem Reisekosten-Vorschüsse in erheblicher Höhe auszahlen lassen - ohne Vorstandsbeschluss.
    Steilvorlage für Hampels Konkurrentin Dana Guth
    Diese Steilvorlage ließ sich natürlich Dana Guth, Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Niedersachsen und stärkste Kontrahentin Hampels um den Landesvorsitz, in ihrer Bewerbungsrede nach einem ermüdenden Abstimmungsmarathon über die Formalien der anstehenden Wahl nicht entgehen.
    "Wenn Sie mich zur Landesvorsitzenden wählen, dann geht das Geld nicht ins Steigenberger, sondern vielleicht als allererstes in ein elektronisches Stimmsystem, damit wir diese ganze Kartenzählerei hier nicht mehr haben."
    Ehrenwort zur Rechtfertigung
    Mit solchen Sticheleien wollte sich der ehemalige Landeschef Hampel gar nicht erst abgeben. So was was ist deutlich unter dem Niveau des früheren Fernsehjournalisten, der sich in seinem Profil auf der Internetseite des Bundestags als "Kapitänleutnant der Reserve" präsentiert und als solcher natürlich seine Ehre durch angeblich falsche Vorwürfe beschädigt sieht.
    "Wenn man inhaltlich nicht zu packen ist, dann machen wir es über die Finanzen. Ich sage Ihnen bei meiner Ehre, die ich immer noch trage und die ich immer noch habe, dass all diese Abrechnungen korrekt abgerechnet worden sind. Ich nehme es auf meine Ehre - entscheiden Sie, wie da zu verfahren ist."
    Klares Votum für die Kontrahentin
    Auch das noch: Anspielungen auf das legendäre Ehrenwort des damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel in der Barschel-Pfeiffer-Affäre 1987. Der Mehrheit der AfD-Mitglieder war das aber offensichtlich egal - bei der anschließenden Wahl konnte sich Dana Guth im zweiten Wahlgang klar gegen Hampel durchsetzen…
    "Auf Frau Guth entfielen 280 Stimmen, auf Herrn Hampel 205. Ich gratuliere der neuen Landesvorsitzenden Frau Guth zur Wahl in ihr neues Amt!"
    Ein klares Votum, das die neue Landesvorsitzende als Auftrag versteht, die AfD in Niedersachsen wirklich ganz neu aufzustellen.
    "Es wird hoffentlich eine einigere AfD, das wäre mir sehr wichtig. Und es wird auf jeden Fall eine organisiertere AfD. Weil, vernünftige Arbeitsprozesse gehen halt nur mit ordentlicher Organisation, und ich glaube da werden wir als erstes den Hebel ansetze. Und dann wird das auch sehr erfolgreich werden."
    Möglicherweise nur ein frommer Wunsch der neuen Parteichefin. Schließlich hatte Armin Paul Hampel ja schon angedeutet, dass er sich nicht einfach so geschlagen geben wolle.
    "Alles gut … der Kampf geht weiter!"
    Irgendwie klingt das fast wie eine Drohung.