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AfD Thüringen
Rückendeckung nach Israel-Reise mit islamfeindlichem Blog

PI-News gilt als eines der einflussreichsten islam- und fremdenfeindlichen Blogs in Deutschland. Ende 2016 boten sie eine Leser-Reise nach Israel an. Mit dabei der Thüringer AfD-Landtagsabgeordnete und Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss, Jörg Henke, sowie inkognito ein Reporter des Magazins "Neon". Die Fraktion stellt sich hinter Henke.

12.01.2017
    Der Anfangsteil der Seite vom 11. Januar 2017.
    Die Seite PI-News gilt als eines der einflussreichsten islam- und fremdenfeindlichen Blogs in Deutschland. (Deutschlandradio / Screenshot)
    Die AfD-Landtagsfraktion in Thüringen hat Vorwürfe gegen ihren Abgeordneten Henke im Zusammenhang mit dessen Teilnahme an einer Israel-Reise der islamfeindlichen Internetseite "PI-News" zurückgewiesen. Ein mitgereister Journalist habe versucht, Henke zu Aussagen zu bewegen, die den Holocaust relativieren könnten, teilte ein Fraktionssprecher in Erfurt dem Deutschlandfunk auf Anfrage mit. Henke habe sich in aller Form von den Andeutungen des Journalisten distanziert.
    Jörg Henke wendet sich zu Björn Höcke. 
    Der Thüringer AfD-Abgeordnete und Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss, Jörg Henke (links), im Gespräch mit Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke im Landtag in Erfurt. (dpa / Sebastian Kahnert)
    Als Reporter für das Magazin "Neon" hatte sich Marco Maurer mit verdeckter Identität der Reisegruppe angeschlossen. Am fünften Tag der Reise besichtigte die Gruppe die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Über Henke schrieb Maurer in seinem Bericht, für einen Mann, der im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss sitze, zeige er wenig Distanz zu braunem Gedankengut. Allerdings schrieb er über Henke auch: "Er sagt, den Holocaust in Frage zu stellen, sei unsäglich."
    Maurer hält ferner fest, er habe Henke gefragt, wie er zu umstrittenen Aussagen von Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke stehe. Demnach antwortete Henke, "natürlich denke er genauso wie Höcke. Das dürfe man aber den Medien nicht erzählen". Dem Sender MDR Thüringen hatte Jörg Henke Ende 2015 gesagt: "Ich finde die Aussagen Höckes unglücklich."
    Viele führen ein Doppelleben
    PI-News bzw. "Politically Incorrect" gilt als eines der einflussreichsten islam- und fremdenfeindlichen Blogs in Deutschland. Insbesondere unter den Leser-Kommentaren finden sich teils drastische Äußerungen vor allem gegen Muslime und Menschen mit türkischen, arabischen oder afrikanischen Wurzeln. Für Journalisten ist es schwer, mit den Hintermännern des Blogs Kontakt aufzunehmen: "Sie sprechen nicht mit der 'Lügenpresse', sondern hetzen in Internetforen", schreibt das Magazin "Neon". Es sei vor diesen Hintergründen nötig gewesen, "undercover" mitzureisen, argumentiert Reporter Maurer.
    Die meisten PI-Autoren und Kommentatoren agieren unter Pseudonymen. "Wir können nicht zurückschlagen, sonst schließt uns die Mehrheitsgesellschaft aus", zitiert Maurer einen anderen Mitreisenden als Henke. Viele führten ein Doppelleben. Eine Frührentnerin aus der Israel-Reisegruppe etwa sei in einem Verein aktiv, der sich um Patenkinder aus dem Senegal bemühe. Dem Bericht zufolge verschleierten manche der Reise-Teilnehmer ihre Identität mit ausländischen Prepaid-Karten - etwa wenn sie sich über ihre Mobilfunknummer in Sozialen Netzwerken verifizieren sollen.
    "Minarett einfach wegbomben"
    Maurer beschreibt, wie die Reisegruppe an einem Schießtraining beim israelischen Militär teilnimmt. Wie ein Pegida-Anhänger unter ihnen darüber feixt, Minarette wegzubomben und erzählt, er wolle sich bald bewaffnen: "Man muss sich gegen die Invasionäre zu Wehr setzen können". Maurer schildert, wie ein über 70-Jähriger früherer Unternehmensberater und ein etwa gleichaltriger Ex-Vorstand eines Pharmaunternehmens über die jüngste Bambi-Verleihung schimpfen: "Lauter Flüchtlingsmenschen, grausam! Jogi Löw sagte, Deutschland soll werden wie seine Mannschaft, multikulti, widerlich!"
    Maurer legt auch dar, wie zwei Reiseteilnehmer in Yad Vashem die Zahl von sechs Millionen ermordeten Juden infrage stellten: "Die wahre Zahl der von Deutschland ermordeten Juden liege nur bei etwa einer halben Million. 'Den Rest haben Serben und andere Volksgruppen umgebracht.'" Dies widerspricht der demonstrativ gepflegten Eigenbeschreibung von "Politically Incorrect" mit Schlagworten wie "proisraelisch" und "Für Grundgesetz und Menschenrechte" gleich im Titel ihrer Internetseite. Reporter Maurer hält fest, spätestens die Worte dieser beiden Mitreisenden zeigten, "dass die Teilnehmer mit ihrer angeblichen Israel-Liebe die Menschen hintergehen, die sie in dem Land treffen."