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Parlamentswahl
Alles offen in Spanien

Es ist die dritte Parlamentswahl in knapp vier Jahren: Rund 37 Millionen Spanier sollen heute über ein neues Parlament entscheiden. Umfragen zufolge könnte Regierungschef Sánchez die meisten Stimmen holen. Offen ist allerdings, ob das zum Regieren reicht. Am Ende könnte ein großer Wahlverlierer das Rennen machen.

28.04.2019
    Der amtierende spanische Regierungschef Pedro Sanchez bei der Stimmabgabe in Madrid.
    Die rechtsextreme Vox mischt die spanische Politik kräftig auf (AFP / Javier Soriano)
    Bis zuletzt war Pedro Sanchez der große Favorit in den Umfragen. Seine Sozialistische Arbeiterpartei kann demnach mit etwa 30 Prozent der Stimmen rechnen - im Vergleich zu 2016 ein deutlicher Zugewinn. Mit diesem Ergebnis würde sie auch mit Abstand stärkste Partei werden und die konservative Volkspartei PP hinter sich lassen - die mit nur noch 20 Prozent als großer Verlierer der Wahl gesehen wird. 2016 hatte sie noch 33 Prozent erhalten.
    Dennoch wäre der Regierungschef auf einen Koalitionspartner angewiesen - und damit bleibt offen, ob ein Sieg der Sozialisten am Ende reichen wird, damit Sanchez weiter an der Regierung bleiben kann. Der linke Block ist ungefähr gleich stark wie das rechte Lager.
    Rechte Vox drängt ins Parlament
    Das liegt vor allem am Erstarken der neuen rechtspopulistischen Vox-Partei. Noch vor einem Jahr existierte die Partei in Meinungsumfragen praktisch nicht, bei den andalusischen Regionalwahlen im Dezember betrat sie dann mit fast elf Prozent der Stimmen die politische Bühne.
    Die Partei von Santiago Abascal, die viele Stierkämpfer und Ex-Militärs in ihren Reihen hat, tritt unter anderem für eine Bekämpfung illegaler Einwanderung, ein Ende der "Diktatur der Feministinnen" und eine Lockerung des Umweltschutzes ein. Zu den Kandidaten gehören unter anderem pensionierte Generäle, die das Franco-Regime verteidigen.
    Bei der Wahl jetzt könnte Vox auf Anhieb bis zu 12 Prozent der Stimmen bekommen und damit bis zu 30 der 350 Abgeordneten stellen.
    Rund 40 Prozent Unentschlossene
    Entscheidend könnten am Ende die vielen Spanier sein, die bis zuletzt noch nicht wussten, wo sie ihr Kreuz setzen sollen. Etwa 40 Prozent Unentschlossenen gibt es den Umfragen zufolge. Sollten diese sich vorwiegend für die koservativen Kräfte entscheiden, wäre auch eine Regierung mit der Volkspartei PP an der Spitze denkbar.
    Dann käme Oppositionsführer Pablo Casado zu Zuge. Er könnte gemeinsam mit den liberalen Ciudadanos und der Rechtsaußen-Partei Vox eine mehrheitfähige Koalition bilden. Das wäre dann das erste Mal seit Jahrzehnten, dass in Spanien wieder eine rechtsextreme Formation mitregiert. In Andalusien ist Vox bereits seit Februar an der Regierung beteiligt, nachdem die PP und Ciudadanos einen Pakt mit ihr geschlossen hatten.
    Womöglich lange Koalitionsverhandlungen?
    In der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone droht - wie bereits 2016 geschehen - eine möglicherweise schwierig zu lösende Blockade. Nach dem Ende des faktischen Zweiparteiensystems und der Zersplitterung der Stimmen war Spanien damals fast ein Jahr lang ohne reguläre Regierung geblieben - trotz zweier Wahlgänge innerhalb von sechs Monaten.
    Anschließend hielt die Regierung von Mariano Rajoy nur gut eineinhalb Jahre. Bei den Wahlen 2016 führte Sánchez die Sozialisten zu einem der schlechtesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte. Dennoch übernahm er 2018 die Macht - zusammen mit der linkspopulistischen Podemos, katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern und baskischen Nationalisten. Seine Minderheitsregierung stellt aktuell nur 84 von insgesamt 350 Abgeordneten im Congreso de los Diputados.
    Die Wahl wird weiter vom Katalonienkonflikt bestimmt sowie vom Erstarken der rechtsradikalen Vox-Partei. Die Wahllokale öffnen um 09.00 Uhr, erste Hochrechnungen werden um 20.00 Uhr erwartet. Ein Ergebnis soll gegen 22.00 Uhr vorliegen.