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Afrika
Maisanbau ebnet Pestbakterium den Weg

Auch im 21. Jahrhundert sterben Menschen an der Pest - vor allem in Afrika. Forscher aus den USA und Tansania berichten in der aktuellen Ausgabe des amerikanischen "Journal für Tropenmedizin und Hygiene", dass gerade der Fortschritt in der Landwirtschaft Afrikas dem Pestbakterium neue Chance eröffnet.

Von Volkart Wildermuth | 24.02.2015
    Ostafrika ist eine Region im Wandel. Überall wird der Wald gerodet, die Steppe urbar gemacht, um Ackerland zu gewinnen für die Versorgung der wachsenden Bevölkerung. Kenia plant in den nächsten Jahren, 400.000 Hektar neu zu bewässern und in Tansania werden im Vergleich zum Ende des letzten Jahrhunderts 70 Prozent mehr Flächen bewirtschaftet. Große Umwälzungen, die nicht ohne Folgen bleiben, das vermuteten die Ökologin Hillary Young und Daniel Salkeld, der die Verbreitungswege des Pestbakteriums untersucht. Die Pest kommt vor allem in kleinen Nagetieren vor und wird von Flöhen auf den Menschen übertragen. Das amerikanische Team hat sich mit Forschern aus Tansania zusammengetan um zu untersuchen, wie die Natur auf den Ausbau der Landwirtschaft reagiert.
    "Feldarbeiter haben Fallen in Maisfeldern aufgestellt und in nahegelegenen Nationalparks. Mit Ködern lockten sie die Mäuse an, betäubten sie und entnahmen etwas Blut. Die Flöhe wurden gleich mit betäubt, so konnten wir sie auch untersuchen."
    Vielzitzenmaus auf den Ackerflächen
    In seinem Labor an der Colorado State Universität konnte Daniel Salkeld anhand von Antikörpern feststellen, welche Mäuse und welche Flöhe mit dem Pestbakterium infiziert waren. Hillary Young fasste dann an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara die vielen Einzelbefunde zusammen.
    "Erstens gab es etwas mehr Mäuse in den Feldern, sie werden sozusagen gefüttert. Vor allem aber verändert sich das Spektrum der Arten. Auf Ackerflächen lebt vor allem die Vielzitzenmaus, die vermehrt sich rasend schnell und liebt Maisfelder. Und gerade diese Maus ist eine gute Überträgerin für das Pestbakterium."
    Damit nicht genug, die Mäuse in den Feldern litten auch unter anderen Parasiten, als die Mäuse in den Nationalparks. Gerade die Vielzitzenmaus trug häufig einen Floh, der besonders gerne auch den Menschen beißt. Dass er dazu auch Gelegenheit bekommt liegt an der landwirtschaftlichen Praxis in Tansania. Dort werden die Maiskolben direkt an den Hütten gelagert.
    "Die Bauern züchten also quasi eine große Menge Mäuse, die die Pest übertragen können und locken sie dann auch noch nach Hause. Eigentlich wollen sie so ihre Ernte vor den Nagern schützen, aber die Tiere kommen ihnen so auch sehr nahe. Das ist eine gefährliche Kombination, die Landwirtschaft verstärkt alle Risikofaktoren für die Pest."
    Mäuse als Krankheitsträger
    Noch ist unklar, ob die Zahl der Pestkranken in Tansania in der letzten Zeit tatsächlich angestiegen ist, es gibt einfach keine verlässlichen Daten. Daniel Salkeld glaubt aber, dass die neue Studie das Problem jetzt erstmals beschreibt und so den Weg zu Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.
    "Wir müssen die Mäuse managen, die Leute ermutigen, ihre Maisernte anders zu lagern und ihnen die Symptome der Pest erklären."
    Und nicht nur die der Pest, in anderen Ländern überträgt die Vielzitzenmaus zum Beispiel das Lassa Fieber und eine ganze Reihe anderer Krankheiten. Hillary Young hat schon in vielen Ländern untersucht, wie Änderungen der Landnutzung Viren, Bakterien und Parasiten den Weg bahnen. Immer wieder stellen dabei die kleinen Nagetiere den Schlüssel dar.
    "Die meisten anderen Arten leiden unter Umweltveränderungen, aber die Mäuse kommen mit dem Menschen gut klar. Wir müssen deshalb generell unser Augenmerk auf Krankheiten richten, die von Nagern übertragen werden. Unser Beispiel zeigt, wie Veränderungen in der Landnutzung einem historischen Erreger die Möglichkeit eröffnen, den Menschen heute wieder Probleme zu bereiten."