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Afrika
Putsch in Burundi

Die Unruhen in Burundi wecken Erinnerungen an den blutigen Bürgerkrieg in den 90er Jahren. Doch es sind nicht die alten Gegner, die aufeinander losgehen. Die Staatsmacht wollte Bürgerproteste unterdrücken. Jetzt putschten die Militärs.

13.05.2015
    Präsident Pierre Nkurunziza
    Burundis Präsident Pierre Nkurunziza - hier bei einer Wahlkampfveranstaltung 2010 (dpa / Yannick Tylle)
    Der burundische Präsident Pierre Nkurunziza ist nach Angaben eines Armeegenerals abgesetzt. Nkurunziza sei nicht mehr im Amt, die Regierung sei aufgelöst, verkündete General Godefroid Niyombare, der im Februar von seinem Posten als Geheimdienstchef entlassen worden war, in einer Radioansprache. Er werde nun ein "Komitee zur Wiederherstellung der nationalen Einheit" einsetzen, das die Einheit des Landes wiederherstellen und den "Wahlprozess in einem friedlichen und fairen Umfeld" wieder aufnehmen solle. Er rief die Bevölkerung zur Ruhe auf.
    Nkurunziza hatte das Land wenige Stunden vor Niyombares Ansprache verlassen, um in Tansania an Beratungen über die Krise in seinem Land teilzunehmen. Der Präsident bestritt, dass es einen Putsch gegeben habe. Die Lage sei unter Kontrolle, erklärte ein Sprecher in der tansanischen Hafenstadt Daressalam. Über den Kurznachrichtendienst Twitter ließ Nkurunziza verbreiten, der Putschversuch sei misslungen.
    Tote, Festnahme, Flüchtlinge
    Seit Anfang April kommt es fast täglich zu Protesten und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Mehr als 20 Menschen wurden bereits getötet. Zahlreiche Oppositionelle wurden festgenommen. Mehr als 50.000 Einwohner flohen nach UNO-Angaben wegen der Spannungen aus dem Land. Viele tauchten auch in der Hauptstadt Bujumbura unter oder gingen aus ihren Dörfern zu Verwandten in die Stadt.
    Auslöser der schwersten politischen Krise seit Ende des Bürgerkrieges 2005 war die Ankündigung von Präsident Nkurunziza, bei den Wahlen am 26. Juni für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Das Verfassungsgericht erklärte die Kandidatur für rechtens. Viele andere sehen darin jedoch einen Bruch des Friedensabkommens aus dem Jahr 2000, das im tansanischen Arusha ausgehandelt worden war.
    Flüchtlinge aus Burundi in einem Auffanglager in Ruanda.
    Flüchtlinge aus Burundi in einem Auffanglager in Ruanda. (Jesko Johannsen)
    Ethnische Gewalt zwischen Hutus und Tutsis
    Burundi, in Zentralafrika zwischen dem Kongo, Tansania und Ruanda gelegen, war ehemals belgische Kolonie und ist seit 1962 unabhängig. Das kleine Land, in dem heute rund zehn Millionen Menschen leben, wurde immer wieder von ethnischer Gewalt zwischen der Hutu-Mehrheit (85 Prozent) und der Tutsi-Minderheit (14 Prozent) erschüttert. Die schlimmsten Massaker fanden 1972 und 1993 statt, kleinere Konflikte gab es auch 1965, 1969, 1988 und 1991. Insgesamt wurden dabei Schätzungen zufolge 300.000 Menschen getötet. Seit Anfang der 70er Jahre wurden mindestens 650.000 Menschen vertrieben, viele flüchteten in die Nachbarstaaten.
    Die schwere Krise von 1993 war durch den Mord an dem ersten demokratisch gewählten Hutu-Präsidenten Melchior Ndadaye und seinen engsten Mitarbeitern ausgelöst worde. Für die Tat war die überwiegend von Tutsis beherrschte Armee verantwortlich. Hutus verübten daraufhin Massaker an Tutsis, während auch Tutsi-Soldaten als Vergeltung schwere Gräueltaten an Hutus begingen. Es folgten zwölf Jahre Bürgerkrieg.