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Agenten gegen Plagiate

In Online-Auktionen locken oft Produkte angesehener Marken zu Schnäppchenpreisen. Doch dahinter stecken häufig billig gefertigte Plagiate. In Darmstadt stellten in der vergangenen Woche Experten Agenten vor, die Produkt-Nachahmer entlarven können.

Von Klaus Herbst | 18.02.2006
    Immer häufiger schlägt der Plagiator zu. Ein argloser Nutzer sucht beispielsweise in ebay ein Marken-Polo-Shirt, eine wertvolle Schweizer Armbanduhr oder einen praktisch-modischen Rucksack. Was man findet und dann auch kauft, ist aber allzu oft Billigschrott, der nichts taugt und schnell kaputtgeht - ein Riesenproblem für Nutzer und für die Auktionsportale selbst, deren vormals guter Ruf sukzessive ausgehöhlt wird. Das haben die Portale erkannt - und mit ihnen Petur Agustsson. In seiner Firma Partners 4 Management GmbH kämpfen Münchner Software-Detektive gegen solche Markenpiraterie an.
    "Wir nennen uns allgemein die Internetagenten. Unsere Mitarbeiter nennen wir die Internetagenten. Was in dem Bereich vom IT-Gesichtspunkt her sehr wichtig ist, ist der Einsatz von spezialisierter Such-Software. Arbeit erleichtern heißt hier, dass die Ergebnisse schon mal vorgefiltert werden, so dass wir mit unserem menschlichen Know-how viel weniger Fälle zu validieren haben."

    Die Such-Software-Lösungen seien bereits so gut, dass sie die Detektivarbeit zu siebzig Prozent automatisch erledigen. Sie liefern den realen, menschlichen Fahndern listenweise Verdachtsfälle. Dreißig Prozent der Arbeit bleibt manuell. Plagiatoren nutzen die Beliebtheit bestimmter Markensymbole aus: das Label auf dem Rucksack oder das Reptil auf dem Hemd.

    "Natürlich sind auch digitale Inhalte ein Thema. Wir sind hier sehr aktiv im Bereich der Film-Piraterie. Hier geht es darum herauszufinden, wo die Quellen dieser illegalen Kopien sind. Es geht auch darum natürlich, in diesem Bereich zwischen digital und analog, das heißt selbst gebrannte DVDs, solche Angebote aus dem Netz zu entfernen und zum Beispiel in Auktionshäusern sofort sperren zu lassen."

    Aber wie gut und zuverlässig arbeiten die Softwarelösungen der Detektive? Zunächst: Sie durchforsten Text. Wenn in einem Internet-Auktionsportal eine fiktive Ehefrau angeblich versehentlich T-Shirts mit der falschen Farbe gekauft hat - und das laut Text 131-mal - dann stimmt gewiss etwas nicht, sagt Petur Agustsson:

    "Da werden verschiedene Parameter überprüft. Vor allem wird natürlich hier, im Textbereich auch, werden dort Vergleiche gemacht. Was in den nächsten Monaten kommen wird, ist dass neben dem Text als Hauptparameter auch andere Dateien verglichen werden, zum Beispiel Neuentwicklungen vom Fraunhofer-Institut, die in Richtung Bildvergleich gehen, wo wirklich die Software es erlaubt, Bilder auf Ähnlichkeit zu überprüfen."

    … denn gute Bilder gehören zur Ausschreibung, und so kopieren Hehler gerne und oft Fotos und Logos aus dem Internet. Viele eins zu eins, andere machen sich noch die Mühe, sie mit einfachen Mitteln zu beschneiden oder zu verfremden. Aber auch das erkennt eine neue Software mit skalierbarer Zugriffs-Schärfe, die gerade am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung in Darmstadt (IGD) entwickelt wird. Ulrich Pinsdorf:

    "Wir können diese Suchmaschine, die wir I-Detective genannt haben, mit einem Vorgabebild füttern, das ist also das echte Bild des Herstellers, und sie auf bestimmte Bereiche des Internet loslassen. Diese Internetbereiche werden dann von der Maschine automatisch durchsucht und alle Bilder, die dabei auftreten mit dem Originalbild des Herstellers verglichen. Das passiert nicht eins zu eins, sondern wir sind zum Beispiel auch in der Lage, leicht veränderte Bilder zu entdecken. Das ist so offen gestaltet, dass wir neue Algorithmen einbauen können. Es sind Textvergleiche. Wir können Bilder miteinander vergleichen, und wir können nach Wasserzeichen suchen."

    Zu Pinsdorfs Zielgruppe gehören Hersteller, Künstler und Strafverfolgungsbehörden. Die Software führt nicht nur Bild- und Textvergleiche durch. Sie findet auch digitale Wasserzeichen und Fingerabdrücke in Produkten wieder, wendet "Perceptual Hash-" und Prüfsummentechnologien an. Auch illegal und organisiert vertriebene MP3-kodierte Audiodateien werden so identifiziert. Noch öffnet sich die Schere zwischen Angebot und Aufklärung immer weiter. Aber die vielen kleinen Endverbraucher habe man derzeit nicht im Visier. Man versuche vielmehr, beispielsweise, aus Hunderttausenden von Fällen die zehn gravierendsten, rechtlich relevantesten herauszufiltern. Die innovative Darmstädter Software ist offen für neue Algorithmen und Medientypen, für die es noch viel Forschungsbedarf gibt.

    "Interessant sind so genannte Fingerprinting-Algorithmen. Da wird aus einem Werk ein Fingerabdruck generiert, der so eindeutig ist, dass man das Werk auch in veränderter Form noch wieder findet. Also zwei ähnliche Bilder würden einen gleichen oder ähnlichen Fingerabdruck produzieren. Das sind Forschungsbereiche, die momentan ganz stark betrieben werden Wir selber sind in diesem Forschungsbereich aktiv, und werden natürlich die Ergebnisse, also die Verfahren, die wir in dem Bereich dann entwickeln, auch sofort dann in I-Detective zur Verfügung haben."