Regen in der Klimakrise

"Wir könnten viel mehr Wasser speichern"

07:40 Minuten
Ein Mann geht mit Schirm auf einem Fußweg durch starken Regen, von oben gesehen
Starke Niederschläge in vielen Regionen: In Deutschland bleibe zu viel Regenwasser ungenutzt, kritisiert der Hydrologe Dietrich Borchardt. © picture alliance / dpa /Jens Kalaene
Dietrich Borchardt im Gespräch mit Dieter Kassel · 02.07.2021
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Nach starken Regenfällen wird in unseren versiegelten Städten viel Wasser abgeleitet, in die Kanalisation und in die Bäche. Dabei ließe sich einiges für trockene Zeiten aufsparen, sagt Hydrologe Dietrich Borchardt. Andere Regionen sind da weiter.
Unwetter haben zuletzt in Teilen Deutschlands für heftige Überschwemmungen gesorgt. Die Feuerwehr musste vor allem in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen vollgelaufene Keller abpumpen.
In besiedelten Gebieten werde das Regenwasser wegen der versiegelten Böden schnell abgeleitet, sagt der Hydrologe Dietrich Borchardt. Es fließe über den Umweg der Kanalisation in Flüsse und Bäche. Ins Grundwasser gelange aber nur ein Teil, sagt er. "Wir könnten sehr viel mehr von diesem Wasser speichern und zurückhalten und insbesondere dann für die Zeiten strecken, wie wir sie in den letzten drei Jahren erlebt haben, nämlich wenn uns Hitze- und Dürrewellen bevorstehen."
Dafür seien Gründächer, Zisternen, unterirdische Speicher, aber auch Stadtgewässer geeignet. In vielen Regionen gebe es auch Rückhaltebecken – Vertiefungen der Landschaft, in denen man Wasser zumindest zwischenspeichern könne, so der Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Magdeburg. Darauf sei die Infrastruktur schon zum Teil ausgerichtet. In den Städten herrsche allerdings immer noch eine "Politik des schnellen Wassers".
Weitere Möglichkeiten, um Wasser speichern zu können, sieht Borchardt auch in den naturbelassenen Landschaften. Diese seien aber großflächig trockengelegt worden, um sie wirtschaftlich zu nutzen. Dadurch verschwinde das Wasser viel schneller, als es das in der Naturlandschaft normalerweise tun würde.

Singapur speichert Regenwasser in einer Lagune

Andere Regionen der Welt seien da weiter. Singapur nutze praktisch "alles Regenwasser", das im Stadtgebiet niedergehe. "Das ist natürlich auch ein etwas anderes Klima", betont Borchardt. "Aber das geht so weit, dass man dort eine ganze Meereslagune mit Regenwasser geflutet hat und flutet." Sie diene auch als Trinkwasserspeicher.
Australische Städte wie Melbourne, in denen es noch größere Extreme bei Niederschlägen und Hitze gebe, hätten das Konzept der "Schwammstadt" entwickelt. Es ziele auch darauf ab, so viel Wasser wie möglich zwischenzuspeichern und bis in die regenarme Zeit zu strecken.
(bth)
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