Donnerstag, 18. April 2024

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Vor 425 Jahren in Venedig
Die Rialtobrücke wird eröffnet

Die Rialtobrücke über dem Canal Grande ist eines der bekanntesten Bauwerke Venedigs. In den letzten Jahren war sie allerdings von einem überdimensionalen Werbeplakat für Jeansmode bedeckt. Ein Modemagnat hatte es anbringen dürfen. Im Gegenzug gab er fünf Millionen Euro für die Renovierung der Ponte di Rialto, die heute vor 425 Jahren für den Verkehr freigegeben wurde.

Von Regina Kusch | 20.03.2016
    Gondeln, Boote und ein Vaporetto fahren auf dem Canale Grande vor der Rialtobrücke in Venedig
    Die Rialtobrücke ist ein Wahrzeichen der Lagunenstadt. (dpa picture alliance/ Waltraud Grubitzsch)
    An der Brücke stand
    jüngst ich in brauner Nacht.
    Fernher kam Gesang:
    goldener Tropfen quoll’s
    über die zitternde Fläche weg.
    Gondeln, Lichter, Musik —
    trunken schwamm’s in die Dämmrung hinaus …

    Venedig hat Friedrich Nietzsche immer fasziniert, da es für ihn gleichbedeutend mit Musik war. Einen Monat lang hatte er direkt an der Rialtobrücke gelebt und verfasste 1888, betört von den Gesängen der Gondolieri in warmen Sommernächten, sein Gedicht über dieses Wahrzeichen der Lagunenstadt.
    Sie war die erste Brücke über den Canal Grande im wichtigsten Handelszentrum der Stadt, dem Rialto, und verband die Stadtteile San Marco und San Polo mit einem Fußweg, erzählt der Kunsthistoriker Wolfgang Wolters.
    Die Rialtobrücke wurde immer wieder baufällig
    "Bevor eine solche Brücke da war, bestand Venedig aus zwei getrennten Teilen, die nur durch das, was man heute Traghetti nennt, verbunden waren. Also, man musste rudern. Und erst die Rialtobrücke, die vermutlich ja erst im 12. oder 13. Jahrhundert entstanden ist, ist diese Verbindung dann geschaffen worden, ist Venedig mit einer Brücke sozusagen verklammert worden."

    Die erste Ponte di Rialto war eine hölzerne Pontonbrücke, die zweite auf Holzpfeilern errichtet. Ihr Mittelteil war so hochgezogen, dass die vergoldete Staatsbarke der Dogen, die mit Säulen bestückt und über sieben Meter hoch war, darunter passieren konnte. Im
    15. Jahrhundert ließ die Stadt auf beiden Längsseiten der Brücke Läden errichten. Sie wurden teuer versteigert und brachten dem Staat eine hohe Rendite ein. Doch immer wieder wurde die Rialtobrücke baufällig. 1444 brach sie unter einer Menschenmasse zusammen, die die Hochzeitsfeierlichkeiten des Marquis von Ferrara bejubelte. Auch von dem großen Brand im Rialto 100 Jahre später blieb sie nicht verschont. Ihre Instandhaltung verschlang enorme Summen.
    "Und es gab das Problem, dass die Strömung am Rialto durch diese hölzernen Stützen behindert war. Das hat wiederum die Reinigung des Kanals erschwert. Es ist eine ständige Geschichte von Ärgernissen. Und irgendwann sollte dieses Problem gelöst werden. Und über die Art, wie es zu lösen sei, haben sich … die Auguren gestritten und haben Fraktionen gebildet. Die einen waren pro Steinbrücke und die anderen waren pro Restaurierung der Holzbrücke. Und später war eine Fraktion pro Steinbrücke mit drei Brückenpfeilern, und die anderen pro Steinbrücke so wie sie heute ist mit einem Bogen."
    250 Jahre lang war sie der einzige Fußweg über den Kanal
    Jahrzehntelang währten diese Diskussionen, bedeutende Architekten der Zeit, wie David Michelangelo und Andrea Palladio reichten ihre Entwürfe ein, doch den Zuschlag erhielt letztlich der Venezianer und Architekt des Dogenpalastes Antonio Da Ponte. Er schlug vor, eine stabile Brücke mit einem Bogen zu errichten, unter dem die zahlreichen Boote problemlos hindurchfahren konnten. Und nicht nur das:
    "Der Weg musste bequem sein, damit man nicht, wenn man oben ankommt im Sommer, bereits erschöpft ist und dann herunterstolpert. Man geht sogar bequem über die Brücke, obwohl sie so hoch ist, weil die Stufen so intelligent dimensioniert sind, wie die Stufen in einem Königspalast, nämlich niedrig und lang. Es musste dafür gesorgt werden, dass Läden auf dieser Brücke gebaut werden konnten. Und dann musste man von dieser Brücke den ganzen Bereich, den Canal Grande und die angrenzenden Bereiche, sehen oder bewundern können, um sich ein Bild von dem Reichtum, der Vielfalt, halt von dem zu machen, was Venedig bedeutet."
    Drei Jahre baute da Ponte mit seinem Neffen Antonio Contino an der neuen, 22 Meter breiten Brücke, die mit 48 Metern Länge die schmalste Stelle des Canal Grande in einem Bogen überspannt. 12.000 Eichenholzpfähle rammten sie in den Meeresboden. Unter Arkaden aus poliertem istrischen Kalkstein, mit dem fast alle Paläste der Stadt errichtet wurden, legten sie in der Mitte eine Straße an. Zu beiden Seiten reihten sich wieder Ladengeschäfte aneinander, die bis heute bestehen. Am 20. März 1591 wurde die Rialtobrücke für den Verkehr freigegeben. Bis zum Bau der Accademia-Brücke gut 250 Jahre später blieb sie der einzige Fußweg über den Kanal.