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AI beklagt Waffenlieferungen an Gaddafi

Sollten Streubomben in Libyen zum Einsatz gekommen sein - so ein Bericht von Human Rights Watch - sei dies ein Hinweis auf Kriegsverbrechen durch Gaddafis Truppen, sagt Monika Lüke von Amnesty International. Kritik äußerte sie aber auch an EU-Staaten: Diese hätten das Regime noch bis 2009 massiv mit Waffen beliefert.

Monika Lüke im Gespräch mit Jürgen Liminski | 18.04.2011
    Jürgen Liminski: Die Organisation Human Rights Watch hat am Wochenende berichtet, Gaddafi setze in Misrata Streubomben gegen die Zivilbevölkerung ein. Streubomben sind international geächtet, aber offenbar auch im Handel erhältlich. Wer verkauft solche Waffen? – Am Telefon begrüße ich Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland. Guten Morgen, Frau Lüke.

    Monika Lüke: Guten Morgen, Herr Liminski. – Ja, wer verkauft solche Waffen und was passiert in Misrata? – Unsere Leute vor Ort – wir haben auch Leute vor Ort – können das positiv bisher noch nicht bestätigen, dass Streubomben eingesetzt wurden. Was wir aber wissen ist, dass gezielt die Zivilbevölkerung angegriffen wird und dass ihnen die medizinische Versorgung verweigert wird. All das sind Verletzungen von Menschenrechten im Krieg, muss aufgeklärt werden und deutet auf Kriegsverbrechen durch Gaddafis Truppen hin.

    Liminski: Also internationale Abkommen und Waffenhandel sind zwei verschiedene Dinge, wenn ich das recht verstehe. Wo kommen diese Waffen her, wenn sie denn gebraucht werden?

    Lüke: Es heißt, dass diese Streubomben aus Spanien kommen. Der Verkauf von Streubomben, auch Anschaffung, Lagerung sind verboten international, offiziell durch ein Abkommen seit August 2010, das alle Mitgliedsstaaten der EU ratifiziert haben. Aber auch schon davor war es unzulässig Kraft Kriegsvölkerrecht, Waffen einzusetzen und weiterzugeben, die eben gezielt der Zivilbevölkerung schaden, und man muss sagen, wenn Staaten der EU da jetzt Gaddafi Waffen geliefert haben, dann haben sie diese Regeln verletzt.

    Liminski: Was sollte der Westen tun, um die Bevölkerung vor solchen verbotenen Waffen zu schützen?

    Lüke: Ganz klar: Der Westen hat in den Jahren von 2004 bis 2009 massiv Gaddafi mit Waffen versorgt, die Mitgliedsstaaten der EU. Auch die Bundesregierung noch im Jahr 2009 wurden Waffen im Wert von 53 Millionen an Gaddafi geliefert. Das muss aufhören, das ist jetzt aufgehört, das darf aber vor allen Dingen nicht wieder anfangen. Und die EU muss entsprechende Regelungen, die sie hat, umsetzen. Und ganz klar: Jetzt müssen die westlichen Staaten alles tun, um diese Kriegsverbrechen, vermutlichen Kriegsverbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Haftbefehl oder die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs sind ein erster Schritt und die müssen unterstützt werden.

    Liminski: Geächtet, aber verkauft - das Problem mit den Streubomben und der Missachtung der Menschenrechte. Das war Monika Lüke von Amnesty International. Besten Dank für das Gespräch, Frau Lüke.