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Air-Berlin-Aufspaltung
Wettbewerbshüter sehen Übernahmepläne kritisch

Die insolvente Air Berlin verhandelt nach eigenen Angaben mit drei Interessenten über eine Übernahme. Wettbewerbshüter sehen das geplante Engagement von Lufthansa skeptisch und kritisieren auch den 150-Millionen-Kredit des Staates.

Von Benjamin Dierks | 17.08.2017
    Reges Treiben herrscht am 14.12.2016 am Flughafen von Frankfurt am Main (Hessen). Eine Airberlin-Maschine steht zwischen zwei Lufthansa-Passagierflugzeugen.
    Lufthansa und Air Berlin sind bislang auf vielen Strecken direkte Konkurrenten. Eine Übernahme würde die Stellung der Lufthansa erheblich stärken. Wettbewerbshüter sind skeptisch. (dpa / Arne Dedert)
    Die Zerschlagung von Air Berlin geht offenbar schneller voran als erwartet – und Lufthansa soll zum Hauptprofiteur werden. Deutschlands Branchenführer solle bis zu 90 der insgesamt 140 Flugzeuge der Airline übernehmen, hieß es in übereinstimmenden Berichten von Insidern. Auch die Air-Berlin-Tochter Niki soll demnach an die Lufthansa gehen. Vor allem die Start- und Landerechte von Air Berlin sind in der Branche heiß begehrt. Air Berlin verhandelt nach Angaben ihres Chefs Thomas Winkelmann neben Lufthansa mit zwei weiteren Unternehmen. Wettbewerbshüter meldeten Bedenken dagegen an, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernimmt.
    Wettbewerbsexperte sieht Lufthansa-Absichten kritisch
    "Meine Erwartung ist, dass Lufthansa gerade in Berlin und vielleicht auch in Frankfurt nicht so viel bekommen kann, weil diese wettbewerbsrechtlichen Regeln dagegen sprechen."
    Sagte Kai Hüschelrath, Wettbewerbsexperte des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Der Grund ist, dass die beiden Airlines bislang auf vielen Strecken direkte Konkurrenten sind. Sollte Lufthansa jene Verbindungen von Air Berlin übernehmen, würde das die Stellung der Fluggesellschaft gegenüber Wettbewerbern erheblich stärken. Deshalb sei dies fraglich, sagte Hüschelrath.
    "In der Vergangenheit war es immer so, dass, wenn zwei Airlines eine dominante Position an einem Flughafen noch verstärken würden, was in Berlin mit Sicherheit der Fall wäre, dann ist es im Regelfall untersagt worden, dass Lufthansa die entsprechenden Start- und Landerechte einfach übernimmt, sondern die werden dann an Konkurrenten gegeben."
    Lufthansa kann sich auf strenge Auflagen einstellen
    Lufthansa könne sich deswegen auf strenge Auflagen einstellen. Das Bundeskartellamt kündigte an, dass es die Pläne der Airline genau prüfen werde. Die Bundesregierung machte allerdings Druck und sprach sich dafür aus, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernimmt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wischte kartellrechtlichen Bedenken beiseite und warb im Interview mit der "Rheinischen Post" dafür, aus Lufthansa mithilfe von Air Berlin einen "deutschen Champion" im internationalen Markt zu schaffen.
    Kritische Sicht auf die Staatshilfe
    Man brauche eine deutsche Lösung, bei der Lufthansa große Teile von Air Berlin schluckt. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" könnte der Deal bereits in der kommenden Woche gemacht werden. FDP-Chef Christian Lindner warnte vor Einflussnahme. Der Staat dürfe sich nicht zugunsten von Lufthansa in den Wettbewerb einmischen. Kritik hatte es bereits am 150-Millionen-Euro-Überbrückungskredit der Bundesregierung für Air Berlin gegeben. Neben der irischen Ryanair äußerten auch Wettbewerbsexperten Bedenken.
    "Aus meiner Sicht ist der aus politischer, wettbewerbsrechtlicher Sicht schon problematisch, weil eine Regierung eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union nicht einfach notleidende Unternehmen finanziell unterstützen darf und entsprechend erst eine Prüfung der Europäischen Kommission stattfinden muss."