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Aktienmarkt
Große Börsengänge

Mehrere Unternehmen wagen trotz angespannter Stimmung den Gang aufs Börsenparkett: Covestro, eine Tochter von Bayer, will im Oktober milliardenschwer an die Börse gehen. Im gleichen Monat plant das auch der Internetkonzern Scout24. Und auch das Familienunternehmen Schaeffler zieht es an die Börse. Ist das wohlkalkuliert oder bei der aktuellen miesen Stimmung riskant?

Von Michael Braun | 21.09.2015
    Bulle und Bär - die Symbole für Optimismus und Pessimismus - vor der Börse in Frankfurt am Main
    Bulle und Bär - die Symbole für Optimismus und Pessimismus - vor der Börse in Frankfurt am Main (dpa / Wolfram Steinberg)
    Mies scheint die Stimmung vor allem bei den Privatanlegern. 58 Prozent der Deutschen glauben nicht, der DAX könne die gut 12.000 Punkte bald wieder erreichen. Und immer weniger kaufen deshalb Wertpapiere. Von solchen Umfrageergebnissen berichtete heute die Comdirectbank. Die Stimmung auf dem Parkett trifft das nicht. Die Profis dort, so Stefan Scharfetter von der Baader Bank, finden die Kurskorrektur auf knapp unter 10.000 DAX-Punkte ganz gesund:
    "Wenn man sagt 'gesund': Es haben ja viele darauf gesetzt und gewartet, dass der DAX noch mal einen Rücksetzer macht. Den haben wir jetzt. Und wir sehen, dass das Interesse bei den Anlegern unter der Marke von 10.000 - das ist ja doch eine psychologisch wichtige Marke - doch wieder zunimmt."
    Es seien institutionelle Anleger, die so denken. Und auf die scheinen auch die Börsenkandidaten dieser Tage zu setzen. Der Autozulieferer Schaeffler etwa. Erst vor vier Jahren hatte sich der Familienkonzern in eine AG umgewandelt. Der heutige Vorstandschef, Klaus Rosenfeld, sagte damals, an einen Börsengang, ein IPO, sei nicht gedacht:
    "Es gibt aktuell keine Pläne für ein IPO, sondern diese AG-Überlegung hat mit der Frage zu tun, wie kann man eben neue Finanzierungsquellen erschließen."
    Heute gab derselbe Rosenfeld bekannt: Der Börsengang kommt doch. Rund 25 Prozent des Unternehmens sollen an die Börse gebracht werden. Sie sollen aber nur institutionellen Investoren angeboten werden. Kleinanleger können also erst einsteigen, wenn die Aktie Anfang Oktober an der Börse gehandelt wird.
    Es ist der oft notierte Wankelmut der Privatanleger, dem sich manche Börsenkandidaten nicht aussetzen wollen. Covestro, die frühere Kunststoffsparte von Bayer, tut das zwar, geht aber über Fragen, ob das aktuelle Börsenklima gut sei für den Börsengang, souverän hinweg:
    "Wichtiger als die Frage nach den Kursschwankungen an der Börse ist uns unsere Profitabilität. Und die zieht an", so Covestro-Chef Patrick Thomas heute früh vor Journalisten. Der Zeitpunkt des Börsengangs stimme schon: "The timing is right."
    Das sagen sie immer. Gleichwohl hat der Betreiber der Internet-Kleinanzeigenbörsen ImmobilienScout24 und AutoScout24 voriges Jahr wegen schlechter Kurse schon einmal einen Börsengang abgesagt. Nun behilft er sich damit, die Zahl der zu emittierenden Aktien sehr flexibel zu halten. Covestro hat eine große Preisspanne von neun Euro akzeptiert, um auch beim niedrigsten Emissionskurs immer noch von Erfolg reden zu können. Den traut die Börse ihnen auch zu. Denn die Unternehmen seien zwar neu an der Börse, ansonsten aber bekannt, sagt Baader-Experte Scharfetter:
    "Es jetzt zwar ein bisschen kibbelig. Das ist immer ein bisschen problematisch, wenn man die Börsengänge in ein fallendes Marktumfeld platzieren will. Aber alles in allem sind das ja große Unternehmen mit der entsprechenden Historie. Man kennt das Geschäftsmodell, man weiß, dass damit Geld verdient werden kann."
    Covestro will 2,5 Milliarden Euro einsammeln, Schaeffler rund drei Milliarden, Scout24 bis zu 1,6 Milliarden Euro. Und die nächsten Milliardenkandidaten stehen vor der Tür. Geld sei ja da, heißt es.