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Basketball-Nationalmannschaft
"In Europas Spitze festsetzen"

Im deutschen Basketball hat die Ära Henrik Rödl begonnen – mit einem Sieg im ersten WM-Qualifikationsspiel gegen Georgien. Ein erster kleiner Schritt auf dem weiten Weg zur WM in China 2019. Und auch die soll nur eine Zwischenetappe sein. Henrik Rödl will sein Team dahin führen, wo er auch als Spieler war: an die Spitze.

26.11.2017
    Länderspiel, Deutschland - Belgien am 05.08.2017 in der Messe in Erfurt (Thüringen). Deutschlands damaliger Assistenztrainer Henrik Rödl steht vor dem Spiel auf dem Spielfeld.
    Henrik Rödl bei einem Spiel der Nationalmannschaft in Erfurt (Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)
    Der Spieler Henrik Rödl war ein Siegertyp: College-Champion in den USA mit North Carolina, mit Alba Berlin dann siebenmal deutscher Meister, viermal Pokalsieger und Europapokalsieger. Seine größten Erfolge feierte er mit der Nationalmannschaft – EM-Gold 1993 und WM-Bronze 2002.
    Der Trainer Henrik Rödl soll nun das Aushängeschild des deutschen Basketballs wieder auf die ganz große Bühne führen. Nach der gelungenen EM im Sommer, die erst im Viertelfinale endete, stieg der 48-Jährige vom Assistenten zum Headcoach der Nationalmannschaft auf.
    Viel Zeit, sich an die neue Rolle zu gewöhnen, hatte er nicht - gleich bei seinem Debüt am Freitag in Chemnitz gegen Georgien ging es um wichtige Punkte in der WM-Qualifikation: "Natürlich war allen bewusst wie wichtig das Spiel war, dass wir das unbedingt gewinnen sollte und wollten und dementsprechend war die Anspannung groß."
    Henrik Rödl coacht das Team bei der WM Qualifikation
    Henrik Rödl coacht das Team bei der WM Qualifikation (imago sportfotodienst)
    Rödl und seine Mannschaft durften am Ende aufatmen. Nach drei umkämpften Vierteln setzte sich das deutsche Team im Schlussabschnitt ab und gewann mit 79:70. Am Montag geht es im zweiten und letzten Spiel dieses WM-Qualifikationsspieltags in Schwechat bei Wien gegen Österreich.
    In der Vierergruppe, die durch den EM-Zweiten Serbien komplettiert wird, kommen zwar die ersten drei Teams weiter, allerdings zählen alle Ergebnisse für die entscheidende zweite Gruppenphase. Umso wichtiger wäre ein perfekter Auftakt mit zwei Siegen.
    "Jedes Spiel ist sehr wichtig"
    "Die WM 2019 ist unser ganz großes erklärtes Ziel, in der Form der WM-Qualifikation wird das eine sehr sehr schwere Aufgabe mit den Gruppen, die wir haben und natürlich auch einer zweiten Gruppenphase, die noch schwerer wird als die erste, wir nehmen alle Ergebnisse mit, deswegen ist jedes Spiel sehr, sehr wichtig", fordert Rödl.
    Eine schwere Aufgabe, die durch einen Streit zwischen dem Weltverband Fiba und der europäischen Königsklasse Euroleague noch verschärft wird. Die Fiba trägt die WM-Qualifikation in Blöcken aus, von denen einige mitten in die Saison fallen.
    Weil sich die Euroleague weigert, ihren Spielplan anzupassen, kollidieren die Termine. Zwar stellen die Euroleague-Klubs es ihren Spielern offiziell frei, ob sie zur Nationalmannschaft fahren, die meisten bleiben allerdings – sei es, um Ärger zu vermeiden, sei es, um sich vom anstrengenden Spielplan zu erholen.
    Der deutsche Nationalspieler Dennis Schröder beim Auftaktspiel der Basketball-EM gegen die Ukraine in Tel Aviv.
    Der deutsche Nationalspieler Dennis Schröder beim Auftaktspiel der Basketball-EM gegen die Ukraine in Tel Aviv. (imago - Camera4)
    Henrik Rödl muss also nicht nur -wie gewohnt- auf die vier NBA-Spieler um Superstar Dennis Schröder verzichten – auch die fünf Akteure, die mit ihren Teams Euroleague spielen, fehlen. Ein Problem, das die meisten anderen Nationen auch betrifft. Georgiens Trainer Ilias Zouros schimpfte nach dem Match am Freitag, dass sich die Qualität rapide verschlechtert, wenn die besten Spieler fehlen.
    Ein Argument, das Rödl teilt: "Insgesamt für den Basketball in Europa wünscht sich das jeder, dass es eine Einigung gibt zwischen Euroleague und Fiba für die Zukunft."
    Das Dilemma des Nationaltrainers
    Rödl steht vor einer einigermaßen skurrilen Situation: Er muss den Grundstein für die Qualifikation mit einer B-Mannschaft legen, damit im Sommer 2019 die hochgelobte A-Garde um die NBA-Legionäre wie Dennis Schröder und die Euroleague-Akteure wie Bambergs Maodo Lo in China hoffentlich um die Medaillen spielen kann.
    Ein Dilemma, über das der Nationaltrainer nur ungern spricht: "Ich finde es sehr sehr schwierig und ich weigere mich auch ein bisschen, das zum Thema zu machen, solange diese Mannschaft jetzt hier zusammen ist, weil ich jeden Einzelnen hier für sehr wertvoll halte, dass sie ihre Zeit opfern, während andere Spieler in ihren Mannschaften jetzt ein bisschen frei haben."
    Aktuell stehen Rödl nur sechs Spieler zur Verfügung, die auch schon bei der erfolgreichen EM im Kader standen. Dazu kommen einige Talente aus der Bundesliga und sogar ein Spieler aus der Zweiten Liga.
    Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft jubelt über ihren Viertelfinal-Sieg gegen Frankreich bei der EM in der Türkei.
    Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft jubelt über ihren Viertelfinal-Sieg gegen Frankreich bei der EM in der Türkei. (imago sportfotodienst / Camera)
    Rödl will aus der Personalnot eine Tugend machen und den erweiterten Kreis des Kaders testen: "Es ist eine unglaubliche schöne Situation Bundestrainer zu sein, ich glaube, dass wir sehr viel Talent haben, sehr viel junge, talentierte Jungs , dass wir in der Breite so aufgestellt wie vielleicht noch nie. Das ist eine Situation in Deutschland, die für uns alle spannend ist und die uns freut und die wir weiter entwickeln wollen."
    Kaum jemand weiß das so gut wie Rödl: Seit 2010 arbeitet er als Nachwuchscoach für den Verband. Er verantwortete auch das Projekt "Perspektivkader 2020", das bereits Früchte trägt: Die U19 belegte zuletzt Platz 5 bei der WM, sowohl die U18 als auch die U20 holten bei der EM den vierten Rang. Gute Voraussetzungen für hohe Ziele.
    "An der europäischen Spitze kratzen"
    "Eine etwas breiter angelegte Vision ist, dass wir im Jugendbereich, aber auch im Männerbereich mit dem EM-Viertelfinale ein bisschen an der europäischen Spitze kratzen und dass wir hoffen, dass wir uns soweit entwickeln dass wir uns da irgendwann festsetzen", blickt Henrik Rödl in die Zukunft.
    Doch erstmal steht am Montag das zweite Spiel der WM-Qualifikation gegen Österreich an – ein Team, vor dem Rödl warnt. Gegen den vermeintlichen Basketball-Zwerg tat sich das deutsche Team in der Vergangenheit oft schwer. Und wenn es Länder gibt, die von den Querelen zwischen Fiba und Euroleague profitieren, dann die Kleinen: Österreich Trainer muss nicht auf Euroleague-Spieler verzichten – er hat keine.
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