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"Rock the Kasbah", "Silent Heart - Mein Leben gehört mir", "Heart of a Dog"

Barry Levinson im Regiestuhl, Bill Murray als Hauptdarsteller - doch trotzdem gerät die Satire "Rock the Kasbah" auf der Kinoleinwand zum Trauerspiel. Auch Bille Augusts Sterbedrama "Silent Heart" bleibt zwiespältig. Die "Corso"-Empfehlung der Woche geht ganz klar an den faszinierenden Filmessay "Heart of a Dog" von Performance-Künstlerin Laurie Anderson.

Von Jörg Albrecht | 23.03.2016
    Bill Murray als Richie Lanz in dem Film "Rock the Kasbah"
    Bill Murray als Richie Lanz in dem Film "Rock the Kasbah" (Tobis)
    "Rock the Kasbah" von Barry Levinson
    Wer Bill Murray für eine Rolle engagieren will, der muss ihm eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen und darauf hoffen, dass sich der agentenlose Schauspieler zurückmeldet. Im Fall von "Rock the Kasbah" hätte Murray die Nachricht auf dem AB besser aber löschen sollen. Denn der Film über einen abgehalfterten Musikmanager, der ausgerechnet in Afghanistan einen Neustart versuchen will, ist ein Trauerspiel. Dabei sollte er eigentlich eine Komödie sein.
    "Komm schon, wir sind auf der Zielgeraden. Das ist nur ein kurzer Zwei-Stunden-..."
    "Höllenflug. Das ist ein gottverdammter Todestrip."
    Widerstrebend ist seine Sängerin - die einzige übrigens, die der von Bill Murray gespielte Richie Lanz unter Vertrag hat - widerstrebend ist sie schon mit ihm in den Flieger gestiegen. Allerdings hätte Richie nicht damit gerechnet, dass sich sein Schützling unmittelbar nach der Landung in Kabul aus dem Staub machen würde.
    "Sie hat meine Brieftasche geklaut. Da war mein Geld drin. Und mein Pass."
    "Viel Glück noch! – Viel Glück noch? Ich bin gnadenlos gefickt worden."
    "Willkommen in Afghanistan!"
    Ohne Künstlerin, Pass und Geld sitzt er also jetzt in Afghanistan fest. Ein Land, aus dem Drehbuch und Regie eine Art Absurdistan machen. Hier lauern nicht nur an jeder Ecke schwerbewaffnete Kämpfer, sondern auch schräge Vögel und windige Geschäftemacher. Aber auf Richie wartet auch eine Entdeckung, die er in diesem Teil der Erde kaum für möglich gehalten hätte.
    "Ich habe ein Mädchen gehört. Ein Paschtun-Mädchen."
    "Eine Paschtun darf das nicht."
    "Dann hat die Kleine in der roten Burka die Info nicht bekommen."
    Der Musikmanager hat sich in den Kopf gesetzt, das Mädchen, das davon träumt, an der Casting-Show "Afghan Star" teilzunehmen, groß herausbringen. Seit Jahren ist die Sendung, die "Deutschland sucht den Superstar" ähnelt, ein Straßenfeger in Afghanistan.
    Nun hätte die Idee, die Lebenswirklichkeit in einer Krisenregion mit einer fiktiven und durchgeknallten Geschichte zu verknüpfen, durchaus das Potenzial für eine Farce gehabt. Barry Levinsons Film aber lässt jede Inspiration vermissen. Wie heißt es doch im Song von The Clash, dem der Film seinen Titel entliehen hat, obwohl er gar nicht darin auftaucht? "The Shareef don't like it."
    "Rock the Kasbah": ärgerlich
    "Silent Heart - Mein Leben gehört mir" von Bille August
    "Weißt du, was das Schwierigste für mich ist?"
    "Dass du nicht weißt, wie unsere Kinder damit umgehen werden. Wir haben alles getan."
    "Haben wir das?"
    Ganz so platt ist der neue Film von Bille August zwar nicht. Aber dieser glasige Dialog macht das Problem von "Silent Heart - Mein Leben gehört mir" deutlich: Die Dramaturgie folgt allzu oft simplen Mustern. Eine schwerkranke Frau hat sich dazu entschlossen, selbstbestimmt ihr Leben zu beenden und will den letzten Tag im Kreis ihrer Familie verbringen. Wie aber werden vor allem die beiden Töchter mit dem Abschied umgehen?
    "Ich habe noch nicht genug von ihr gelernt. Ich brauche viel mehr Zeit."
    Regisseur Bille August gelingt es immerhin, die Atmosphäre aus Verkrampftheit und Hilflosigkeit einzufangen. Zum Glück ist sein Film weit entfernt von einem Rührstück. Aber es ist auch gerade diese zurückhaltende, kühle Inszenierung in Kombination mit einem wenig profunden Drehbuch, die keine wirkliche Nähe zu den Figuren schafft.
    "Silent Heart - Mein Leben gehört mir": zwiespältig
    "Heart of a Dog" von Laurie Anderson
    "In this dream I am in a hospital bed. A small rat terrier named Lolabelle."
    Die Performance-Künstlerin Laurie Anderson berichtet von ihrem Traum. Darin liegt sie in einem Krankenhausbett. Ein Arzt reicht ihr ein kleines Bündel und sagt: "Es ist ein Mädchen." In dem Bündel erkennt sie das Gesicht ihres kleinen Rat Terriers Lolabelle.
    Mit dem Traum, in dem sie ihre geliebte Hündin auf die Welt bringt, eröffnet Laurie Anderson ihren Film "Heart of a Dog". Der Film zeigt Einblicke in die Gedankenwelten einer Frau, die auf den ersten Blick seltsam und surreal anmuten und nicht miteinander im Kontext zu stehen scheinen: Gedanken über das Wesen ihres Hundes und das Verhältnis zu ihrer Mutter, Gedanken über die vielen Überwachungskameras nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und das tibetische Buch der Toten. Allgegenwärtig in diesen Assoziationsketten, die in einer Collage aus Bildern und Tönen mit der warmen Erzählstimme der Filmemacherin präsentiert werden, sind die Themen Liebe, Tod und Kommunikation. Aus ihnen entsteht ein Triptychon des Lebens.
    "And it took me so long to figure it out the purpose of death is the release of love."
    Sie habe lange gebraucht, erzählt Laurie Anderson, bis sie die Verbindung zwischen Liebe und Tod gesehen habe und dass der Sinn des Todes das Freisetzen von Liebe sei.
    Andersons ganz intimer Filmessay ist - um das ganz deutlich zu sagen - weit entfernt von esoterischem Geschwurbel. Er ist eine lyrische Meditation und philosophische Reise, die fasziniert und über die Filmlänge von 75 Minuten hinaus bereichert.
    "Heart of a Dog": herausragend